Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung einer Mietwohnung
Tenor
1. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 1.100,– abwehren, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, Sicherheit auch durch eine selbstschuldnerische, unbefristete und einredefreie Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Tatbestand
Aufgrund eines schriftlichen Mietvertrages vom 25.02.1972 sind die Beklagten Mieter einer Wohnung der Klägerin.
Zwischen den Parteien gibt es bereits seit längerer Zeit erhebliche Spannungen, deren Ursache zwischen den Parteien streitig ist. Jedenfalls erklärten die Beklagten durch Schreiben vom 27.07.1991 die fristlose Kündigung des, Mietverhältnisses.
Daraufhin setzte die Klägerin den Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 12.08.1991, 15.00 h, nach deren fruchtlosen Ablauf die Räumungsklage erhob.
Im Verhandlungstermin vom 17.10.1991 haben die Beklagten den Räumungsanspruch unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt.
Insofern ist am 17.10.1991 Teilanerkenntnis-Urteil bezüglich des Räumungsanspruchs ergangen.
Nunmehr war noch über die Verfahrenskosten selbst zu entscheiden.
Die Klägerin beantragt,
diese den Beklagten aufzuerlegen.
Die Beklagten beantragen,
die Verfahrenskosten der Klägerin aufzuerlegen.
Sie verweisen auf das langjährige Mietverhältnisse und den Umstand, das auch im Kündigungsschreiben vom 27.07.1991 darauf hingewieen worden sei, daß erst eine Ersatzwohnung gefunden werden müsse.
Die Beklagten vertreten insbesondere die Auffassung, die auf den 12.08.1991 gesetzte Räumungsfrist sowie die am gleichen Tage erhobene Räumungsklage verstoße gegen Treu und Glauben. Wegen des weitergehendes Parteivorbringens wird auf den Inhalt der beiderseits gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Gem. § 93 ZPO waren die Verfahrenskosten vorliegend der Klägerin aufzuerlegen, da die Beklagten durch ihr Verhalten keinen Anlaß zur Erhebung der Räumungsklage gegeben haben und sie den Räumungsanspruch ferner im Verhandlungstermin vom 17.10.1991 anerkannt haben.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es insofern nicht allein darauf an, daß die Beklagten mit Schreiben vom 27.07.1991 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erklärt haben.
Es ist zwar zutreffend, daß auch Mieter ein Mietverhältnis fristlos kündigen können und der Vermieter sich auch mit einer fristlosen Kündigung einverstanden erklären kann.
Die Beklagten weisen jedoch zutreffend darauf hin, daß die bereits auf den 12.08.1991 gesetzte Räumungsfrist in Verbindung mit Erhebung der Räumungsklage am gleichen Tag gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt.
Das Kündigungsschreiben konnte jedenfalls bei verständiger Würdigung durch die anwaltlich vertretene Klägerin nur dahingehend verstanden werden, daß die Beklagten jedenfalls nicht die ordentliche Kündigungsfrist gem. § 565 Abs. 2 BGB einhalten wollten.
Durch die recht lange Dauer des Mietverhältnisses hätte sich nämlich die normale Kündigungsfrist gem. § 565 Abs. 1 Ziff. 3 BGB nochmals um neun Monate verlängert.
Eine derartig lange Kündigungsfrist wollten die Beklagten – offensichtlich – nicht einhalten. Sie haben jedoch im letzten Absatz ihres Schreibens unmißverständlich darauf hingewiesen, daß sie die Wohnung nur zum frühestmöglichen Zeitpunkt räumen könnten, und der genaue Auszugstermin noch nicht benannt werden könne, da noch unklar sei, wann eine andere Wohnung zur Verfügung stünde.
Sobald das der Fall sei, würde der Auszugstermin bekannt gegeben.
Angesichts der gerichtsbekannten Situation auf den heutigen Wohnungsmarkt ist es auch nachvollziehbar, daß es praktisch niemanden gibt, der innerhalb von wenigen Tagen eine Ersatzwohnung finden kann.
Wie dargelegt, konnte die Klägerin das Kündigungsschreiben der Beklagten somit nur so verstehen, daß sich diese unter Abkürzung der gesetzlichen Räumungsfrist bemühen würden, vorher aus der Wohnung auszuziehen.
Die Klägerin hätte somit zur Überzeugung des Gerichts zumindest einen Zeitraum von ca. 6–8 Wochen abwarten müssen und hätte ggf. dann noch einmal nachfragen sollen, ob die Beklagten bereits einen Auszugstermin bekanntgeben können.
Keinesfalls war die Klägerin jedoch berechtigt, bereits 14 Tage nach Zugang eines solchen Kündigungsschreibens Räumungsklage zu erheben.
Gem. § 93 ZPO waren die Verfahrenskosten somit der Klägerin aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Fundstellen