Nachgehend

LG Düsseldorf (Urteil vom 22.06.2007; Aktenzeichen 22 S 439/06)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu je ½.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Berufung war hier nach § 511 Abs. 4 Nr. 2 ZPO wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage für die anwaltliche Vergütung zuzulassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 16.03.2005 Kostendeckung in einer Forderungsangelegenheit zu einem Streitwert von 124.000,– EUR. Es fanden zunächst umfangreiche außergerichtliche Korrespondenz und diverse Besprechungen mit der Gegenseite statt, die Beklagte gewährte zunächst Kostendeckung für die außergerichtliche Tätigung und sodann auch für die Beantragung eines Mahnbescheides. Das Mahnverfahren wurde bis zum Erlass des Vollstreckungsbescheides durchgeführt.

Nachdem die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Kläger ihre Kostennote vom 15.09.2005 an die Beklagte übersandt hatten, rechneten diese mit Schreiben vom 22.09.2005 ab und setzten die erhöhte Verfahrensgebühr nach Nummer 3309 VVRVG in Höhe von 429,30 EUR zuzüglich der Mehrwertsteuer gemäß Nummer 7008 VVRVG in Höhe von insgesamt 497,99 EUR ab. Die Beklagte vertritt hierzu die Rechtsauffassung, dass nach dem Wortlaut von Nummer 1008 VVRVG sich entweder die Geschäfts- oder Verfahrensgebühr bei mehreren Auftraggebern erhöht.

Dieser Betrag ist nunmehr Gegenstand der Klageforderung, wobei die Kläger unter Bezugnahme auf die vorherige Regelung unter § 6 Abs. 1 BRAGO die Auffassung vertritt, die Geschäfts- wie auch die Verfahrensgebühr erhöhten sich je um 0,3.

Sie beantragen daher,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 497,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Den Kläger steht aus dem mit der Beklagten geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag kein Zahlungsanspruch in Höhe von 497,99 EUR bezüglich auf die um 0,3 erhöhte Verfahrensgebühr nach der Nummer 3309 VVRVG zu.

Denn die für die Kläger tätigen Anwälte, ihre nunmehrigen Prozessbevollmächtigten, haben bereits die nach Nummer 1008 VVRVG erhöhte Geschäftsgebühr um 0,3 erhöht und diese auch von der Beklagten gezahlt bekommen.

Insoweit ist die Auffassung der Beklagten zutreffend, dass nach der Nummer 1008 VVRVG sich die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr erhöht und nicht, wie die Kläger meinen sowohl die Verfahrens- und die Geschäftsgebühr.

Insoweit weicht der Wortlaut von Nummer 1008 VVRVG entscheidend ab von § 6 Abs. 1 BRAGO, denn in dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ist das Wort „und” durch das Wort „oder” ersetzt worden. Dies konzedieren auch die Vertreter derjenigen Meinung, die die Auffassung haben, gegenüber der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung habe sich keinerlei Änderung ergeben.

Insoweit markiert aber nach der ganz herrschenden Auffassung zur Methodenlehre zur Auslegung von Gesetzen der Wortlaut die Grenzen der Auslegung. Soweit der Gesetzgeber hier das Wort „oder” verwendet, meint er damit ersichtlich gerade nicht „und”. Insoweit ist aber aufgrund des Wortlautes die seitens der Kläger gewünschte Auslegung bereits verstellt. Selbst wenn der Gesetzgeber hier keinerlei Änderung gewünscht hätte, hat er eine solche jedenfalls bei der Nummer 1008 VVRVG durchgeführt mit der Folge, dass nach dem Wortlaut eine gleichzeitige Erhöhung der Geschäfts- wie auch der Verfahrensgebühr ausscheidet.

Unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO einerseits und der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VVRGVG andererseits erscheint aber auch der Wille des Gesetzgebers nachvollziehbar, hier zu einer abweichenden Regelung zu gelangen, worauf die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 14. Juni 2006 in nachvollziehbarer Weise durch die genannte Beispielsrechnung hingewiesen hat. Hierauf aber gehen die Befürworter einer gleichzeitigen Erhöhung sowohl der Verfahrens- wie auch Geschäftsgebühr nicht ein (vgl. Enders Juristisches Büro 2005, Seite 20 ff.). Soweit die Kläger weitere Literaturauffassungen genannt haben, die der Auffassung von Enders im zitierten Aufsatz folgen, haben diese die Auffassung von Enders lediglich übernommen, ohne weitere Argumente zu nennen.

Unter Berücksichtigung des Wortlautes und der unterschiedlichen Anrechnungsvorschriften aber erscheint die seitens der Beklagten vorgenommene Auslegung zwingend.

Die Klage unterliegt daher der Abweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung war, wie aus dem Tenor ersichtlich, zuzulassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1778202

AGS 2006, 593

VRR 2007, 80

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