Leitsatz (amtlich)
Das Amt als Geschäftsführer einer GmbH hat der Schuldner ebenso wie ein abhängiges Arbeitsverhältnis stets ungefragt dem Insolvenzgericht offenzulegen. Ob sich hieraus werthaltige Ansprüche ergeben, ist für die Auskunftspflicht unerheblich.
Die Auskunftspflicht des Schuldners erstreckt sich nicht nur auf die Themen, nach denen er ausdrücklich gefragt wird. Es sind ungefragt auch solche sachdienlichen Umstände zu offenbaren, die für das Gericht oder den Sachverständigen als Auskunftsthemen nicht erkennbar sind oder von ihm ersichtlich übersehen werden und deshalb keine Nachfrage auslösen.
Frühere Angaben hat der Schuldner unverzüglich und unaufgefordert zu ergänzen oder richtigzustellen, wenn er erkennt, dass sich nicht unwesentliche Veränderungen ergeben haben oder die bisherigen Angaben unvollständig oder unrichtig waren.
Wer den rechtlichen Vorteil der Restschuldbefreiung anstrebt, hat seine Pflichten im insolvenzgerichtlichen Verfahren mit der gesteigerten Sorgfalt eines redlichen Schuldners zu erfüllen. Redlichkeit bedeutet nicht allein Ehrlichkeit, sondern auch Pflichtbewusstsein und Gewissenhaftigkeit.
Normenkette
InsO §§ 4a, 20 Abs. 1, §§ 97, 36 Abs. 1 S. 2; ZPO § 850h
Tenor
1. Der Antrag des Schuldners auf Stundung der Verfahrenskosten wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen wird mangels Masse abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Schuldner.
4. Das am 05.12.2007 zur Sicherung der Masse angeordnete besondere Verfügungsverbot wird erst nach Rechtskraft dieser Entscheidung gesondert aufgehoben.
5. Gegenstandswert (§ 58 Abs. 2 GKG 2004): 620 EUR.
Tatbestand
I.
1. Der 1950 geborene Schuldner ist verheiratet, lebt nach eigenen Angaben seit Februar 2007 von seiner Ehefrau getrennt und hat keine Kinder. Er betrieb seit April 1987 einen Fischhandel auf Wochenmärkten, den er im November 2007 wegen hoher Steuernachforderungen aufgeben musste. Einen Geschäftsbetrieb mit dem selben Gegenstand führt nunmehr seine Ehefrau.
Anfang Dezember 2007 beantragte der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen sowie Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten. Nach den Ermittlungen des Insolvenz-sachverständigen H. werden gegen den Schuldner fällige Forderungen in Höhe von mindestens 142 399 EUR geltend gemacht, unter denen sich auch Darlehensforderungen der Ehefrau in Höhe von ca. 48 380 EUR befinden. Ihnen stehen unbelastete, frei verfügbare Vermögensgegenstände des Schuldners im Wert von nur ca. 616 EUR gegenüber. Das Hausgrundstück in F., das dem Schuldner und seiner Ehefrau zu je einem halben Anteil gehört und in dem die Eheleute bis zu ihrer Trennung wohnten, ist mit Grundpfandrechten zur Sicherung von Verbindlichkeiten in valutierender Höhe von ca. 230 000 EUR belastet und soll nach den Vorstellungen des Schuldners einen Verkehrswert von ca. 370 000 EUR haben; der Sachverständige hält jedoch angesichts der bisher erfolglosen Verkaufsbemühungen einen über die Belastungen hinausgehenden Wertansatz für unrealistisch.
In den bei Antragstellung eingereichten Anhörungsfragebögen des Insolvenzgerichts gab der Schuldner keinerlei laufende Einkünfte an; dem Sachverständigen teilte er im Dezember 2007 mit, dass er zur Zeit nur von finanziellen Zuwendungen von Freunden und Bekannten lebe. Ob er werthaltige Unterhaltsansprüche gegenüber seiner Ehefrau hat, ist zur Zeit nicht aufzuklären, weil die Ehefrau sich nach Mitteilung des Schuldners weigert, dem Schuldner Auskunft über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen.
2. Durch eine Gewerbeauskunft der Stadt F. und eine elektronische Abfrage des britischen Gesellschaftsregisters in Cardiff stellte das Insolvenzgericht im Januar 2008 fest, dass der Schuldner damals alleiniger Gesellschafter und Direktor der im Oktober 2006 gegründeten B-Limited war, einer Kapitalgesellschaft englischen Rechts, deren satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand Produktion, Handel und Dienstleistungen aller Art umfasste. Diese Beteiligung hatte der Schuldner weder in den Anhörungsfragebögen noch in den Besprechungen mit dem Sachverständigen angegeben. Wegen Überfälligkeit der am 27. 11. 2007 anstehenden jährlichen Rückmeldung „Annual Return”) hatte die britische Registerbehörde ein Löschungsverfahren eingeleitet (Registerauszug vom 7. 1. 2008: „proposal to strike off”), das später, am 21. 5. 2008, zur Auflösung und Löschung der Gesellschaft im Register führte (Registerauszug vom 09.06.2008: „dissolved”; vgl. dazu allgemein LG Duisburg NZI 2007, 475; AG Duisburg NZI 2003, 658; ferner OLG Jena NZG 2007, 877; OLG Nürnberg NZG 2008, 76).
Der Schuldner hat hierzu gegenüber dem Gericht und dem um weitere Aufklärung ersuchten Sachverständigen ausgeführt, er habe die Beteiligung nicht angegeben, weil sie aus seiner Sicht wertlos gewesen sei. Er habe die Gesellschaft ohne ein Geschäftskonzept gegründet und mit ihr nur ein einziges Geschäft abgewickelt, nämlich die Restaurierung einer Gartenmöb...