Leitsatz (amtlich)
Eine ausländische Kapitalgesellschaft, die in Deutschland eine rechtlich unselbständige Zweigniederlassung errichtet, ist gesetzlich verpflichtet, diese in das örtlich zuständige inländische Handelsregister eintragen zu lassen (§§ 13d bis 13g HGB). Dies gilt erst recht, wenn es sich hierbei um die faktische Hauptniederlassung handelt.
Eine solche Zweigniederlassung wird gegenüber dem Insolvenzgericht auch durch den „Ständigen Vertreter” i. S. d. § 13e Abs. 2 Satz 4 Nr. 3 HGB vertreten.
Fehlt die Registereintragung der inländischen Zweigniederlassung, so muß sich derjenige, der sich bei der gewerberechtlichen Anmeldung der Niederlassung gegenüber der Ordnungsbehörde ohne Einschränkung als vertretungsberechtigte Person bezeichnet, bis zur Feststellung des Gegenteils auch im Verfahren vor dem Insolvenzgericht als solche behandeln lassen.
Amtsgericht Duisburg, Beschluß vom 12.09.2003 – 62 IN 227/03
Normenkette
EulnsVO Art. 3; HGB §§ 13d, 13e; ZPO § 319; InsO § 4; GewO § 14
Tenor
wird die Berichtigung des Rubrums der Beschlüsse vom 25.07.2003 (Anordnung von Sicherungsmaßnahmen) und vom 19.08.2003 (Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen) hinsichtlich des Vertreters der Schuldnerin abgelehnt.
Tatbestand
I. Die Schuldnerin, die seit 1999 als Private Limited Company mit Sitz in London im Gesellschaftsregister für England und Wales in Cardiff eingetragen ist, errichtete im Jahr 2002 eine Zweigniederlassung für Industriemontage in Dinslaken (Nordrhein-Westfalen). Die gewerberechtliche Anmeldung beim Ordnungsamt der Stadt Dinslaken erfolgte am 31.10.2002 durch den Beteiligten V. In dem von ihm unterschriebenen Anmeldeformular ist unter der Rubrik „vertretungsberechtigte Personen” nur er selbst mit Name und Anschrift aufgeführt. Zur Eintragung in das zuständige Handelsregister beim AG Duisburg wurde die Zweigniederlassung nicht angemeldet.
Am 25.06.2003 beantragte die AOK R, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Der Antrag, dem u.a. eine Ablichtung der Gewerbeanmeldung vom 31.10.2002 beigefügt war, wurde der Schuldnerin unter der Betriebsanschrift in Dinslaken und dem Beteiligten V unter seiner Wohnanschrift zugestellt. In London war die Schuldnerin unter der im Gesellschaftsregister erfaßten Anschrift postalisch nicht erreichbar; ob sie in Großbritannien überhaupt noch Geschäftsräume unterhält, ist unklar. Mit Beschluß vom 25.07.2003 ordnete das Gericht Sicherungsmaßnahmen an. Am 14.08.2003 erklärte die Antragstellerin wegen Zahlung der Beitragsrückstände ihren Antrag in der Hauptsache für erledigt. Daraufhin wurden die Sicherungsmaßnahmen am 19.08.2003 aufgehoben.
In beiden Beschlüssen ist der Beteiligte V als „Geschäftsführer” der Schuldnerin aufgeführt. Hiergegen wendet er sich u.a. mit Schreiben vom 05.09.2003 und bittet um „Änderung” der Beschlüsse. Er behauptet, er sei lediglich beauftragt gewesen, bei der Stadt Dinslaken die Niederlassung der Schuldnerin „umzumelden”; dies ergebe sich auch aus der Vollmacht, die er bei der Ummeldung vorgelegt habe. Weitergehende Vertretungsbefugnisse für die Schuldnerin habe er nicht. Die Geschäftsführung sei in England ansässig.
Entscheidungsgründe
II. Die Eingabe des Beteiligten V vom 05.09.2003 ist als Antrag auf Berichtigung des Rubrums der beiden Beschlüsse zu werten. Eine solche Berichtigung ist grundsätzlich möglich, sofern eine offenkundige Unrichtigkeit vorliegt und die Identität des im Eröffnungsantrag angesprochenen Schuldners gewahrt bleibt (§ 319 ZPO, § 4 InsO; BGH NZI 2003, 197, 198). Das Begehren des Beteiligten V ist jedoch unbegründet. Eine Unrichtigkeit des Rubrums steht nicht fest und ist erst recht nicht offenkundig. Nach dem gegenwärtigen Sachstand ist der Beteiligte V für das vorliegende Verfahren zumindest als besonderer Vertreter der Schuldnerin für den Betrieb der Zweigniederlassung in Dinslaken anzusehen. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts ist wegen der Erledigungserklärung der Antragstellerin weder geboten noch zweckmäßig.
a) Die Aufnahme des Beteiligten V als „Geschäftsführer” der Schuldnerin in das Rubrum der beiden Beschlüsse beruht auf seinen eigenen Angaben in der von ihm unterschriebenen Gewerbeanmeldung vom 31.10.2002. Dort hat er allein sich selbst als vertretungsberechtigte Person der Schuldnerin bezeichnet. Über glaubhafte entgegenstehende Erkenntnisse verfügt das Gericht zur Zeit nicht. Die Bekanntmachungen des Gesellschaftsregisters im Internet (www.companieshouse.gov.uk, Company Information) enthalten keine Angaben über vertretungsberechtigte Personen.
b) Mit dem Wort „Geschäftsführer” hat das Gericht bewußt und erkennbar eine hier rechtlich unspezifische Funktionsbezeichnung gewählt. Eine Private Limited Company (kleine Kapitalgesellschaft englischen Rechts) wird nämlich gesetzlich nicht durch „Geschäftsführer”, sondern durch das Direktorium (board of directors) vertreten, das aus einem oder mehreren Direktoren besteht. Allerdings kann eine ausländische Kapitalgesellschaft, wenn sie in Deutschla...