Leitsatz (amtlich)
1. Eine fremdsprachige Urkunde ist ohne gleichzeitige Vorlage einer beglaubigten Übersetzung nur dann ein geeignetes Mittel der Glaubhaftmachung, wenn das Gericht den Inhalt des Schriftstücks ohne Hilfe anderer zweifelsfrei feststellen und sprachlich verstehen kann.
2. Die Auskunftspflicht des Schuldners im Insolvenzverfahren umfasst auch die Verpflichtung, seine Angaben unverzüglich und in eigener Initiative zu ergänzen oder richtigzustellen, wenn sich im Laufe des Verfahrens nicht unwesentliche Veränderungen ergeben oder sich nachträglich herausstellt, dass die bisherigen Angaben unvollständig oder unrichtig waren. Ein besonderes Auskunftsverlangen ist nicht erforderlich.
3. Bei einem Anschriftenwechsel hat der Schuldner durch umgehende Mitteilungen an das Insolvenzgericht und den Insolvenzverwalter dafür zu sorgen, dass er für beide immer und ohne Schwierigkeiten tatsächlich und postalisch zweifelsfrei erreichbar ist. Dass das Gericht ihn nach eigenen Ermittlungen letztlich doch erreicht, beseitigt weder die Pflichtverletzung noch das Verschulden.
Tenor
1. Dem Schuldner wird die Restschuldbefreiung versagt.
2. Die am 07.08.2003 bewilligte Stundung der Verfahrenskosten wird aufgehoben.
3. Der Versagungsantrag des Finanzamtes O vom 17.02.2006 wird auf Kosten der Finanzverwaltung zurückgewiesen.
4. Die übrigen Kosten des Verfahrens über die Versagungsanträge trägt der Schuldner.
5. Gegenstandswert für den Versagungsantrag der Gläubigerin Sparkasse O: 19 708,14 EUR.
6. Gegenstandswert für den Versagungsantrag des Gläubigers R: 21 269,74 EUR.
Tatbestand
I. Der 1968 in der Provinz T., Kalabrien, geborene Schuldner betrieb seit 1995 in O. ein einzelkaufmännisches Unternehmen zum Import italienischer Feinkostartikel, die er an Großabnehmer lieferte. Im Mai 2003 stellte er den Geschäftsbetrieb ein und beantragte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Wenig später beantragte er Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten.
Am 07.08.2003 ist das Insolvenzverfahren nach Stundung der Verfahrenskosten eröffnet worden. Das Verfahren steht kurz vor dem Abschluss. Im Schlusstermin vom 02.03.2006 haben die Insolvenzgläubiger R (festgestellte Forderung: 212 697,43 EUR) und Sparkasse O. (festgestellte Forderung: 197 081,40 EUR) die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt. Bereits mit Schreiben vom 17.02.2006 hatte das Finanzamt O. den gleichen Antrag gestellt; es hat jedoch am Termin nicht teilgenommen.
Die Gläubiger R. und Sparkasse O. (im Folgenden auch: Versagungsantragsteller) stützen ihre Anträge übereinstimmend auf die Behauptung, der Schuldner habe verschwiegen, dass er Inhaber der geschützten Marke „U” gewesen sei, und versucht, diese nach Verfahrenseröffnung ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters zu veräußern. Außerdem habe er weder dem Insolvenzgericht noch dem Insolvenzverwalter die mehrfache Änderung seiner Wohnanschrift mitgeteilt. Der Gläubiger R. stützt seinen Antrag ferner auf die Behauptung, der Schuldner habe wahrheitswidrig angegeben, bei der im Juni 2003 stattgefundenen Veräußerung seiner Geschäftsanteile an der G. (Kommanditgesellschaft italienischen Rechts) sei von dem Erwerber Y. eine vermögenswerte Gegenleistung nicht erbracht worden.
Der Schuldner tritt den Versagungsanträgen entgegen und gibt an, er habe das Markenrecht bereits im Januar 2003 veräußert. Seine Anschriften habe er dem Insolvenzverwalter immer ordnungsgemäß gemeldet. Die Veräußerung der Geschäftsanteile habe bereits Ende 2001 stattgefunden.
Entscheidungsgründe
II. Der Versagungsantrag des Finanzamts O. ist unzulässig, weil er entgegen § 290 Abs. 1 InsO nicht im Schlusstermin gestellt worden ist.
III. Die übrigen beiden Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung sind in zulässiger Weise mit im wesentlichen ausreichender Glaubhaftmachung der behaupteten Versagungsgründe (§ 290 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 InsO) gestellt. Sie sind, soweit zulässig, auch begründet.
1. Nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist die Restschuldbefreiung aufgrund eines zulässigen Antrags eines Insolvenzgläubigers zu versagen, wenn der Schuldner während des Insolvenzverfahrens Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach der Insolvenzordnung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Diese Pflichten sind in den §§ 97, 98 InsO normiert. Danach hat der Schuldner dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse richtig und vollständig Auskunft zu geben (§ 97 Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 1 InsO), den Verwalter bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen (§ 97 Abs. 2 InsO) sowie sich auf Anordnung des Gerichts jederzeit zur Verfügung zu stellen, um seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen; ferner hat er alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung dieser Pflichten zuwiderlaufen (§ 97 Abs. 3 InsO). Im Eröffnungsverfahren gelten diese Auskunfts- und Mitwirkungspflichten entsprechend gegenüber dem Insolvenzgericht und dem vorläufigen Insolvenzverwalter (§ 20 Abs. 1, § 22 Abs. 3 S...