Leitsatz (amtlich)
Das Amt des Treuhänders im Verfhren zur Restschuldbefreiung endet erst, wenn der Treuhänder seine gesetzlichen Aufgaben vollständig erfüllt hat.
Zu den Aufgaben des Treuhänders gehört nicht nur der (notfalls gerichtliche) Einzug der an ihn abgetretenen Bezüge, sondern auch der Einzug von Forderungen, die darauf beruhen, dass der Schuldner diese Bezüge zu Unrecht selbst vereinnahmt hat.
Ist bei Erteilung der Restschuldbefreiung der Forderungseinzug noch nicht abgeschlossen, so ist der Treuhänder auch in der Folgezeit berechtigt, die Forderung (notfalls gerichtlich) einzuziehen; er bleibt insoweit verwaltungs- und verfügungsbefugt.
Normenkette
InsO § 287 Abs. 2, §§ 292, 203
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Treuhänderin auch über den 1.10.2009 hinaus berechtigt ist,
- die von der Abtretungserklärung des Schuldners vom 7.7.2003 sachlich und zeitlich erfassten Bezüge einzuziehen,
- Forderungen einzuziehen, die darauf beruhen, dass der Schuldner oder ein Dritter über die von der Abtretungserklärung des Schuldners vom 7.7.2003 schlich und zeitlich erfassten Bezüge verfügt oder den Forderungseinzug der Treuhänderin auf andere Weise beeinträchtigt hat.
Tatbestand
I.
Vom 1. 10. 2003 bis zum 31. 8. 2005 fand über das Vermögen des Schuldners das Verbraucherinsolvenzverfahren statt. Der Schuldner hatte Restschuldbefreiung beantragt und mit Erklärung vom 7. 7. 2003 seine laufenden Bezüge nach Maßgabe des § 287 Abs. 2 InsO für die Zeit von sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den vom Insolvenzgericht zu bestellenden Treuhänder abgetreten.
Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 25. 7. 2005 wurde dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt (§ 291 InsO). Anschließend nahm die bisherige Treuhänderin im Verbraucherinsolvenzverfahren, Rechtsanwältin K, die Aufgaben der Treuhänderin nach § 291 Abs. 2, § 292 InsO wahr (§ 313 Abs. 1 Satz 2 InsO). Im September 2006 erfuhr sie, dass der Schuldner in den Jahren 2005 und 2006 pfändbare Bezüge, die von der Abtretungserklärung vom 7. 7. 2003 erfasst waren, selbst vereinnahmt und nicht an sie abgeführt hatte. Nach ihrer Ansicht hatte er ihr die Einkünfte und die für die Pfändbarkeit maßgebenden Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau vorsätzlich verheimlicht. Wegen dieser vorenthaltenen Beträge erhob sie im April 2009 beim Landgericht Duisburg Klage gegen den Schuldner. Ein Urteil ist noch nicht ergangen.
Am 1. 10. 2009 ist die sechsjährige Laufzeit der Abtretungserklärung des Schuldners (im folgenden auch: Wohlverhaltenszeit) abgelaufen, mit Beschluss vom 11. 3. 2010 hat das Insolvenzgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt.
Die Treuhänderin beantragt nunmehr,
hinsichtlich der eingeklagten Beträge eine Nachtragsverteilung und die Fortdauer ihrer Befugnisse anzuordnen.
Entscheidungsgründe
II.
Die (konstitutive) Anordnung einer Nachtragsverteilung analog § 203 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist nicht erforderlich, weil die Treuhänderin im vorliegenden Fall schon von Rechts wegen auch nach der Erteilung der Restschuldbefreiung die von ihr beanspruchten Befugnisse hat. Sie ist kraft ihres gesetzlichen Aufgabenkreises als Treuhänderin (§ 292 Abs. 1 InsO) über den 1. 10. 2009 hinaus berechtigt, die von der Abtretungserklärung sachlich und zeitlich erfassten, aber noch nicht von ihr vereinnahmten Bezüge von den Drittschuldnern einzuziehen. Gleiches gilt für Forderungen, die darauf beruhen, dass der Schuldner oder ein Dritter über die abgetretenen Bezüge verfügt oder den Forderungseinzug der Treuhänderin auf andere Weise beeinträchtigt hat.
1. Das Gesetz bestimmt nicht ausdrücklich, zu welchem Zeitpunkt das Amt des Treuhänders beendet ist, wenn der Schuldner, wie hier, das Verfahren zur Restschuldbefreiung erfolgreich durchlaufen hat und ihm die Restschuldbefreiung erteilt worden ist (vgl. § 292 Abs. 3 InsO). Lediglich für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Verfahrens durch rechtskräftige Versagung nach den §§ 296, 297 oder 298 InsO sieht § 299 InsO vor, dass das Amt des Treuhänders mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung endet. Hieraus wird teilweise die Auffassung abgeleitet, dass in einem erfolgreichen Verfahren zur Restschuldbefreiung die Tätigkeit des Treuhänders entweder mit dem Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung (Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Aufl. 2010, § 292 RdNr. 10) oder mit der rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung abgeschlossen sei (MünchKomm-InsO/Ehricke, 2. Aufl. 2007, § 292 RdNr. 12). Diese Ansicht überzeugt nicht. Sie lässt wesentliche Gesichtspunkte außer Betracht.
2. Das Amt des Treuhänders im Verfahren zur Restschuldbefreiung endet erst, wenn der Treuhänder die ihm vom Gesetz, insbesondere in § 292 Abs. 1 InsO, zugewiesenen Aufgaben vollständig erfüllt hat. Der hierfür erforderliche Zeitraum deckt sich weder notwendigerweise mit der Laufzeit der Abtretungserklärung noch mit dem Verfahren über den Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung.
a) Besonders deutlich wird dies, wenn der Treuhänder die abgetretenen ...