Tenor

  • I.

    Die Klage wird abgewiesen.

  • II.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  • III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(unter Verzicht auf den Tatbestand gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO)

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Zahlungsanspruch, weder auf vertraglicher Grundlage noch im Rahmen des Schadenersatzes, zu.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Honoraranspruch gemäß §§ 611, 615 BGB i.V.m. den Bestimmungen der GOP.

Nach § 615 BGB kann der Dienstverpflichtete für die infolge Verzuges nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein und hat sich hierauf nur den Wert desjenigen anrechnen zu lassen, was er infolge des Unterbleibens der Diensthandlung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf das Behandlungshonorar gemäß § 615 BGB i.V. mit den Bestimmungen der GOP sind nicht gegeben. Ein derartiger Anspruch besteht im vorliegenden Fall - unabhängig von grundsätzlichen Bedenken gegen die Anwendbarkeit des § 615 BGB - jedenfalls deshalb nicht, weil sich die Beklagte nicht im Annahmeverzug befunden hat. Durch die telefonische Terminabsage am 10.02.2010 wurde der zunächst vereinbarte Behandlungstermin, um den es im Rechtsstreit geht, aufgehoben. Daher befand sich der Beklagte bereits nicht im Annahmeverzug. Auf die Gründe der Terminsänderung kommt es insoweit nicht entscheidend an.

Zwischen den Parteien ist durch die Vereinbarung einer Terminsstunde zwar ein Vertrag über eine psychotherapeutische Behandlung geschlossen worden. Diese sollte am 11.02.2010 von 10.00 Uhr bis 10.50 Uhr in den Praxisräumen der Klägerin stattfinden.

Ob und unter welchen Voraussetzungen einem Arzt für den Fall der Nichtwahrnehmung oder Absage eines fest vereinbarten Behandlungstermins seitens des Patienten Ansprüche auf das Behandlungshonorar nach § 615 BGB in Verbindung mit den Bestimmungen der jeweiligen Gebührenordnung zustehen können, ohne dass der Arzt die Behandlung nachzuholen hat, ist in der Rechtsprechung jedoch umstritten.

Ein Teil der Rechtsprechung hält - mit teils divergierenden Begründungen und in unterschiedlichen Fallkonstellationen - § 615 BGB grundsätzlich für nicht anwendbar (vgl. LG München II NJW 1984, 671; LG Heilbronn NZS 1993, 424; LG Hannover NJW 2000,

1799; AG München NJW 1990, 2939; AG Calw NJW 1994, 3015; AG Rastatt NJW-RR 1996, 817; AG Dieburg NJW-RR 1998, 1520). So wird insbesondere die Auffassung vertreten, die Vereinbarung eines Behandlungstermins diene - jedenfalls im Zweifel - nur der Sicherung eines zeitlich geordneten Behandlungsablaufs, beinhalte aber grundsätzlich keine kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit i.S.d. § 296 BGB (so LG München II a.a.O.), sodass es im Allgemeinen am Annahmeverzug fehle. Dies gelte auch bei einer sog. Bestellpraxis (vgl. LG Osnabrück, Urt. v. 02.04.2008, 2 S 446/07, zit. nach [...]). Zudem liege im Hinblick auf das (freie) Kündigungsrecht des Patienten nach § 621 Nr. 5 BGB oder § 627 BGB das Risiko, die erwartete Vergütung nicht zu verdienen, beim Arzt (LG München II und AG Calw; jeweils a.a.O., auch zur Frage eines Schadensersatzanspruchs).

Andere Gerichte haben dagegen Vergütungsansprüche - wiederum in unterschiedlichen Sachverhaltskonstellationen und mit unterschiedlicher Begründung - bejaht (LG Konstanz NJW 1994, 3015; AG Osnabrück NJW 1987, 2935 für Krankengymnasten; AG Bremen NJW-RR 1996, 819; AG Ludwigsburg NJW-RR 1993, 1695; AG Meldorf NJW-RR 2003, 1029 für den Fall des Nichterscheinens ohne vorherige Terminsabsage). Der Hinweis auf die Möglichkeit, in der Ausfallzeit Verwaltungsarbeiten auszuführen, reiche regelmäßig i.S.d. § 615 S. 2 BGB nicht aus (vgl. AG München, Urt. vom 01.04.2009, 163 C 33450/08, zit. nach [...]).

Zwar dürfte es zutreffend sein, grundsätzlich auf die jeweilige Praxisorganisation abzustellen. Bei einer Laufpraxis, welche stark frequentiert ist und in der Termine in dichter Folge oder sogar parallel vergeben werden, wirkt sich der Ausfall eines Patienten regelmäßig nicht aus. Anders ist dies grundsätzlich bei ärztlichen Behandlungen zu werten, für die jeweils ausschließlich ein bestimmter Zeitraum im Praxisbetrieb reserviert ist. So liegt der Fall üblicherweise bei einer Bestellpraxis, bei welcher Termine jeweils mit nur einem Patienten für eine bestimmte Behandlungsdauer vereinbart werden, so dass der Ausfall dieses Patienten eine Leerstunde für den Therapeuten mit sich bringt. Auch schließt eine Kündigung nach § 627 BGB - hier der Telefonanruf - eine Vergütungspflicht nicht per se aus, § 628 BGB.

Jedoch muss auch im Falle einer Bestellpraxis dem Patienten eine Terminsabsage in angemessener Zeit vor dem Termin möglich sein.

Insoweit ist der vorliegende Fall auch nicht mit den durch das Amtsgericht Kiel in den von der Klägerin angeführten Urteilen (beigezogene Verfahren zum Az. 110 C 413/04, 110 C 258/07, 119 C 130/09) entschie...

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