Entscheidungsstichwort (Thema)
Adoption gemäß § 9 Abs. 7LPartG, §§ 1754 Abs. 1 und 3, 1755 Abs. 2 BGB
Normenkette
BGB § 1744
Tenor
Die am xx.xx.2010 in P. geborene B. (Geburtseintrag Nr. xx Standesamtes P.) wird von der Annehmenden als Kind angenommen.
Die Name der Angenommenen bleibt unverändert.
Rechtsgrundlage: § 9 Abs. 7 LPartG, §§ 1754 Abs. 1 und 3, 1755 Abs. 2 BGB (Adoption eines minderjährigen Kindes eines Lebenspartners durch den anderen Lebenspartner)
Gründe
I.
Die Annehmende und die weitere Beteiligte (die leibliche Mutter des Kindes) führen eine eingetragene Lebenspartnerschaft, die am xx.xx.2007 vor dem Standesbeamten in B. begründet wurde.
Im xx 2009 wurde die weitere Beteiligte aufgrund eines gemeinsamen Wunsches beider Lebenspartnerinnen in einer dänischen Klinik mit dem Samen eines anonymen Spenders inseminiert, wodurch die Anzunehmende entstand.
Die Annehmende und die weitere Beteiligte haben um eine schnelle Entscheidung über den Adoptionsantrag gebeten. Ein Adoptionspflegejahr möchten sie nicht abwarten.
Das Jugendamt Pinneberg hat in seiner Stellungnahme gemäß § 189 FamFG die Auffassung vertreten, dass es für eine fachliche Stellungnahme zum Adoptionsantrag zu früh sei. Die Zeit des gemeinsamen Zusammenlebens zwischen dem Kinde und der Annehmenden sei noch zu kurz, um von einer gefestigten Bindung sprechen zu können. Zudem problematisiert das Jugendamt, dass sich die Lebenspartnerinnen für eine anonyme Samenspende entschieden haben. Dies sei für die Identitätsbildung des Kindes problematisch.
Das Gericht hat die Annehmende und die weitere Beteiligte angehört.
II.
Das Amtsgericht Elmshorn ist zum Ausspruch der Annahme als Kind sachlich und örtlich zuständig, die Annehmende hat im Bezirk des Gerichts ihren Wohnsitz (§§ 1752 BGB, 187 FamFG).
Die Annehmende besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Der erforderliche Antrag ist formgerecht gestellt (§ 1752 BGB). Die Alterserfordernisse nach § 1743 BGB sind gewahrt. Die nach § 1746, 1747 Abs. 1 BGB nötigen Einwilligungen des Kindes und der leiblichen Mutter des Kindes sind dem Vormundschaftsgericht gegenüber formgerecht abgegeben (§ 1750 BGB).
Die Entscheidung beruht auf den § 9 Abs. 7 LPartG, §§ 1754 Abs. 1 und 3, 1755 Abs. 2 BGB (Adoption eines minderjährigen Kindes eines Lebenspartners durch den anderen Lebenspartner)
Hiernach kann, wenn es dem Kindeswohl entspricht, ein Lebenspartner das Kind seines Lebenspartners annehmen mit der Folge, dass das Kind den Status eines gemeinsamen Kindes der beiden Lebenspartner erhält und die Verwandschaftsverhältnisse zu einem anderen Elternteil erlöschen.
Die Annahme dient dem Wohl des Kindes (§ 1741 Abs. 1 BGB). Zwischen der Annehmenden und der Angenommenen besteht ein Mutter-Kind-Verhältnis. Durch die Adoption wird die bereits bestehende soziale Elternschaft rechtlich bekräftigt.
Ein Adoptionspflegejahr ist nicht einzuhalten. Denn Sinn und Zweck des Adoptionspflegejahrs ist, die Prognose zum Kindeswohl (§ 1741 Abs. 1 BGB) und zum Entstehen einer wirklichen Eltern-Kind-Beziehung zu erleichtern (Palandt-Diederichsen § 1744 Rdnr. 1 unter Bezug auf BT-Drs. 7/5087). Vorliegend bestehen jedoch gerade hieran keinerlei Zweifel: Die Adoption entspricht dem Kindeswohl. Eine Mutter-Kind-Beziehung zwischen der Annehmenden und der Angenommenen besteht. Denn das Kind ist ein Wunschkind beider Partnerinnen. Es ist, dies hat die persönliche Anhörung ergeben, aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses der Partnerinnen entstanden und wird von beiden Partnerinnen gleichermaßen geliebt und umsorgt. Bereits die Schwangerschaft der weiteren Beteiligten ist von der Annehmenden intensiv begleitet worden.
Es ist nicht zu erwarten, dass sich an dieser Eltern-Kind-Beziehung etwas ändern könnte.
Zudem gebietet die Gleichbehandlung von ehelich geborenen, unehelich geborenen und in einer Lebenspartnerschaft geborenen Kindern, zeitnah die Adoption auszusprechen. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt die Prüfung einer Ungleichbehandlung der genannten Gruppen anhand eines strengen Gleichheitsmaßstabs. Denn der allgemeine Gleichheitssatz des Artikel 3 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Hieraus folgt das Gebot, wesentliches Gleiches gleich zu behandeln (z.B. BVerfGE 79, 1 ≪17≫; 110, 412 ≪431≫; 121, 108 ≪119≫; 121, 317 ≪370≫).
Das ehelich geborene Kind hat von Geburt an zwei Elternteile (§ 1592 Zi. 1 BGB). Für das uneheliche Kind besteht durch Anerkennung der Vaterschaft (§§ 1592 Zi. 2; 1594 ff. BGB) schon vor der Geburt, aber auch zeitnah nach der Geburt, die Möglichkeit, zwei Elternteile zu haben. Es gibt keinen hinreichenden sachlichen Grund, dem durch Insemination mit dem Samen eines anonymen Spenders entstandenen und in einer Lebenspartnerschaft geborenen Kind diese Möglichkeit im ersten Jahr nach der Geburt zu verwehren.
Es mag zwar sachlich gerechtfertigt sein, die Stellung der Partnerin als zweiter Elternteil in diesem Fall von einer Adoption abhängig zu machen. Denn eine natürliche Elternschaft ist biologisch nicht möglich. Die rechtlic...