Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütungsanspruch des Anwalt aus arbeitsrechtlichem Mandat
Leitsatz (amtlich)
Pflichtverletzung/Aufklärungspflichten bei Bestehen einer Rechtschutzversicherung; Eintrittspflicht der Rechtschutzversicherung
Normenkette
BGB §§ 675, 611
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt,
an den Kläger 399,72 Euro (in Worten: dreihundertneunundneunzig Euro und zweiundsiebzig Cent) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.09.2008 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der beklagten Partei auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
OhneTatbestandgemäß § 313 a ZPO
Die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Vergütung seiner vorgerichtlichen Tätigkeit zu. Der Anspruch ergibt sich aus §§ 611, 675 BGB.
Unstreitig beauftragte der Beklagte den Kläger, seine rechtlichen Interessen im Zusammenhang mit einer Kündigung zunächst außergerichtlich wahrzunehmen. Aufgrund dieser Beauftragung ist eine 1,3 Geschäftsgebühr angefallen, die jedoch zu 0,65 auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird. Zutreffend hat der Kläger die Geschäftsgebühr ausgehend von einem Gegenstandswert von EUR 9.900,00 ermittelt.
Der Anspruch des Klägers scheitert auch nicht an einer irgendwie gearteten Pflichtverletzung. Denn eine Pflichtverletzung ist dem Kläger nicht vorzuwerfen.
Die Pflicht zur Aufklärung über die zu erwartenden Kosten hat der Kläger nicht verletzt. Ausweislich der Mandatsbedingungen (dort Ziffer 2) hat der Kläger den Beklagten darüber aufgeklärt, dass sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten. In der "Belehrung zu Rechtsschutzversicherungen", die der Beklagte ebenfalls gegen gezeichnet hat, ist weiter die Belehrung enthalten, dass für die außergerichtliche Tätigkeit eine Geschäftsgebühr anfällt.
Auch liegt keine Aufklärungspflichtverletzung im Hinblick auf die Rechtschutzversicherung des Beklagten vor.
Eine entsprechende Pflichtverletzung des Klägers liegt schon deshalb nicht vor, weil der Kläger den Beklagten zum einen durch die "Belehrung zu Rechtsschutzversicherungen" ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass einzelne Rechtsschutzversicherungen die Auffassung vertreten, dass im Falle einer arbeitgeberseitigen Kündigung sofort Prozessauftrag erteilt werden müsse.
Zum anderen aber dürfte dem Beklagten selbst wenn eine Belehrung unterblieben wäre (und man darin eine Pflichtverletzung sehen würde) ein Schaden nicht entstanden sein, da nach diesseitiger Auffassung die Rechtsschutzversicherung des Beklagten eintrittspflichtig wäre.
Auch unter Berücksichtigung des für den Rechtschutzversicherungsvertrag des Beklagten geltenden § 17 Abs. 5 lit. c) cc) ARB 2000 ergibt sich nichts anderes. Danach folgt allein, dass der Versicherungsnehmer alles zu vermeiden hat, was eine unnötige Erhöhung der Kosten [...] verursachen könnte. Dies gilt jedoch nur, soweit die Interessen des Versicherungsnehmers nicht unbillig beeinträchtigt werden. Eine solche unbillige Beeinträchtigung läge aber vor, wenn der Versicherungsnehmer in jedem Fall sofort Klage erheben und sich mit seinem (bei unwirksamer Kündigung auch zukünftigen) Arbeitgeber gerichtlich auseinandersetzen müsste. Die Möglichkeit, die Angelegenheit - gerade im Interesse der weiteren Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber - ohne großen Aufwand und ohne große Aufmerksamkeit aus der Welt zu schaffen, wäre dem Versicherungsnehmer von Anfang an genommen. Dies ist unbillig und kann auch nicht damit begründet werden, dass ein außergerichtliches Vorgehen regelmäßig keinen Erfolg hat. Ein solcher Erfahrungssatz besteht nicht. Darüber hinaus wäre eine solche Argumentation schon deshalb unzulässig, weil jeder Einzelfall anders gelagert ist.
Im Übrigen entspricht der Versuch einer vorherigen außergerichtlichen Beilegung eines Rechtsstreits in vollem Umfang der Intention des Gesetzgebers. Dieser stellt die gütliche Beilegung eines Rechtsstreits zur Vermeidung von gerichtlichen Verfahren ganz eindeutig in den Vordergrund. Hierzu setzt sich eine Rechtsschutzversicherung, die für das zunächst außergerichtliche Vorgehen des Versicherungsnehmers nicht einstehen will, in klaren Widerspruch.
Es werden durch ein vorheriges außergerichtliches Vorgehen die Kosten letztlich auch nicht "unnötig erhöht". Denn die Kosten sind nicht höher, sondern sogar geringer, wenn das außergerichtliche Vorgehen erfolgreich ist. Ob das Vorgehen letztendlich Erfolg hat oder nicht, stellt sich naturgemäß erst hinterher heraus. Die Frage, ob durch ein Vorgehen "unnötige" Kosten verursacht werden, kann aber in diesem Zusammenhang allein aus einer ex-ante-Sicht und nicht aus einer ex-post-Sicht beurteilt werden. Gerade im vorliegenden Fall, in dem die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung auf der Hand lag, war die Erfolgsaussicht eines außergerichtlichen Vorgehens und der damit einhergehenden Vermeidung eines Rechtsstreits unzweifelhaft gegeben.
Nach alledem steht dem Kläger der geltend gemachte Vergütungsansp...