Leitsatz (amtlich)
Der Verteidiger des Betroffenen hat im Rahmen des Bußgeldverfahrens, das eine Geschwindigkeitsüberschreitung zum Gegenstand hat, ein Recht auf Akteneinsicht in alle Unterlagen, die auch dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt werden. Die Akteneinsicht wird in den Räumen der Verwaltungsbehörde gewährt. Dem steht nicht entgegen, dass der Verteidiger nicht ortsansässig ist.. Der Fertigung von Kopien derselben stehen urheberrechtliche Bestimmungen zum Schutz dieser Aufzeichnungen entgegen.
Tenor
Dem Betroffenen ist über seinen Verteidiger Akteneinsicht bei der zuständigen Gemeinde Biebergemünd in folgende Unterlagen zu gewähren: o Bedienungsanleitung des Geschwindigkeitsüberwachungsgerätes, Typ PoliScanSpeed Mobil des Herstellers Vitronic (Gerätenummer 630033 4209); o Lebensakte des Geschwindigkeitsüberwachungsgerätes, Typ PoliScanSpeed Mobil des Herstellers Vitronic (Gerätenummer 630033 4209).
Die Kosten dieses gerichtlichen Verfahrens werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
Der Verteidiger des Betroffenen hat im Rahmen des Bußgeldverfahrens, das eine Geschwindigkeitsüberschreitung zum Gegenstand hat, ein Recht auf Akteneinsicht in alle Unterlagen, die auch dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt werden.
Bereits mit Schriftsatz vom 29.07.2010 hat er gegenüber der Bußgeldbehörde Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung sowie Lebensakte des verwendeten Messgerätes beantragt.
Über den Antrag wurde nicht entschieden, Akteneinsicht würde nicht gewährt.
Zu den Akten des Bußgeldverfahrens gehören sämtliche verfahrensbezogenen Unterlagen der Verwaltungsbehörden, die zu den Akten genommen worden sind, einschließlich der polizeilichen Ermittlungsvorgänge und etwaige Bild- und Tonaufnahmen, auf die der Vorwurf in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gestützt wird sowie Auszüge aus dem VZR. Dazu gehören auch beigezogene Akten anderer Behörden.
Nicht zu den Akten gehören Handakten u.a. innerdienstliche Vorgänge, ferner grundsätzlich nicht Eichurkunden, Lebensakten von technischen Messgeräten und Lehrgangsbescheinigungen des Messpersonals (vgl. m.w.N. Göhler OWiG 14. Aufl. § 60 Rz. 49).
Aus dem Grundsatz der Aktenvollständigkeit folgt, dass Schriftstücke, Unterlagen, Bild- und Ton- aufnahmen, die für den Betroffenen als belastend oder entlastend von Bedeutung sein, könnten, den Akten nicht fern gehalten werden dürfen, da dies eine Verletzung des rechtlichen Gehörs wäre.
Befinden sich solche Vorgänge nicht in den Ermittlungsakten, sondern in anderen Akten, so müssen auch diese den Akten zugänglich gemacht werden.
Das Einsichtsrechts des Verteidiger in die Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgerätes ergibt sich bereits aus dem Recht desselben den Messbeamten als Zeugen zu der ordnungsgemäßen Durchführung der Messung zu .befragen, welches ohne Kenntnis der Bedienungsanleitung des Gerätes schlechterdings möglich sein dürfte.
Das Akteneinsichtsrecht besteht jedoch nicht uneingeschränkt.
Es ist davon auszugehen, dass die Bedienungsanleitung und Lebensakte bei der Verwaltungsbehörde nur einmal vorhanden ist, Eine Versendung der Originalunterlagen bei jeder begehrten Akteneinsicht kann daher aus praktischen Gründen nicht erfolgen, weil das Original im Hinblick auf die Vielzahl möglicher zu erwartender gerichtlicher Verfahren bei der Behörde grundsätzlich jederzeit greifbar sein muss.
Nach Auffassung des Gerichts ist es ausreichend, aber auch notwendig, dass dem Verteidiger die Akteneinsicht in den Räumen der Verwaltungsbehörde gewährt wird. Dem steht nicht entgegen, dass der Verteidiger nicht ortsansässig ist.
Der Fertigung von Kopien derselben stehen urheberrechtliche Bestimmungen zum Schutz dieser Aufzeichnungen entgegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 62 (2) Nr.2 OWiG, 465(1) StPO. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar 62 Abs.2 Satz 2 OWiG).
Fundstellen