Leitsatz (amtlich)
Dem Verteidiger wird Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung eines Messgerätes dort gewährt, wo die Bedienungsanleitung aufbewahrt wird.
Tenor
In der Erzwingungshaftsache gegen pp. ... wegen Ordnungswidrigkeit wird der Antrag des Betroffenen vom 15.11.2011 auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Betroffene.
Gründe
I.
Die Zentrale Bußgeldbehörde des Landes Brandenburg hörte den Betroffenen mit Schreiben vom 17.08.2011 wegen einer vermeintlichen Geschwindigkeitsüberschreitung an. Nach erfolgter Akteneinsicht durch den Verteidiger des Betroffenen beantragte der Betroffene durch seinen Verteidiger mit Schreiben vom 20.09.2011 (BI. 17 f. d Vw.A.) zusätzlich Einsichtnahme 'in die Lebensakte des Geschwindigkeitsmessgeräts "Polisean speed" und dessen Bedienungsanleitung. Er begründete das Erfordernis der Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung unter anderem damit, den Zeugen zu der ordnungsgemäßen Durchführung der Messung nur mit Kenntnis der Bedienungsanleitung des Gerätes befragen zu können. Könne dem Verteidiger wegen der weiten Entfernung zwischen seinem Kanzleisitz und dem Ort der Aufbewahrung der Akten eine Reise an den Aufbewahrungsort nicht zugemutet werden, sei Akteneinsicht im Wege der Übersendung einer Kopie der Bedienungsanleitung zu gewähren. Urheberrechtliche Bestimmungen stünden dem nicht entgegen. Eine Vorenthaltung wesentlicher Unterlagen im Rahmen der Akteneinsicht stellten eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Der Verteidiger regte zudem an, die Unterlagen per E-Mail oder durch Aufspielen auf eine mitübersandte Leer-CD zu übersenden. Mit Schreiben vom 27.09.2011 lehnte die Bußgeldbehörde dies ab. Hinsichtlich der Lebensakte oder ähnlicher Aufzeichnungen führte sie aus, dass diese durch den Zentraldienst der Polizei des Landes Brandenburg nicht geführt werden und damit der Verfahrensakte nicht beigefügt werden können. Hinsichtlich der Bedienungsanleitung erklärte sie, dass in der Verwaltungsbehörde ein Exemplar vorhanden ist. Sie bot dem Verteidiger an, die Bedienungsanleitung in den Räumen der Zentralen Bußgeldstelle in Gransee einzusehen. Ferner verwies sie auf die Möglichkeit, beim Hersteller des Messgeräts die Bedienungsanleitung gegen eine Kostennote anzufordern. Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg erließ am 05.10.2011 gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid wegen der vermeintlichen Geschwindigkeitsüberschreitung. Der Verteidiger legte gegen den Bußgeldbescheid Einspruch ein und stellte mit Schreiben vom 15.11.2011 den Antrag auf gerichtliche Entscheidung wegen der versagten Übersendung der Lebensakte und Bedienungsanleitung. In diesem verweist er auf sein Schreiben vom 20.09.2011. Ergänzend begründet er den Antrag hinsichtlich der Bedienungsanleitung im wesentlichen damit, dass keine nachvollziehbaren oder plausiblen Gründe einer Übermittlung per E-Mail oder auf einer Leer-CD entgegen stehen würden. Dies sei zumutbar und ohne großen Aufwand möglich. Die Anforderung der Bedienungsanleitung beim Hersteller des Messgerätes, zudem noch gegen eine Kostennote, würde im Vergleich zu der entsprechenden Datenübermittlung durch die Bußgeldbehörde die deutlich aufwändigere und zudem noch unzumutbare und damit auch unverhältnismäßigere Maßnahme darstellen. Hinsichtlich der Lebensakte führt der Verteidiger im Wesentlichen wie folgt aus: Ohne derartige Messunterlagen, die anderswo weiterhin geführt würden, sei eine Überprüfung der Eichung in dem Zeitraum zwischen Eiehdatum und Tattag aufgrund ggf. durchgeführter Wartungen oder Reparaturen an dem Messgerät nicht möglich. Vor diesem Hintergrund sei die bloße Vorlage des Messprotokolls und des Eichscheins im Rahmen der bisherigen Akteneinsicht gerade nicht ausreichend. Zwischenzeitliche Wartungen oder Reparaturen am Gerät könnten durchaus Einfluss auf die zuvor vorgenommene Eichung des Geräts haben und sich auf den Messvorgang nach der Eichung auswirken. Ohne diese Überprüfung könnte nicht festgestellt werden, ob der Messvorgang ordnungsgemäß i. S. eines ggf. standardisierten Messverfahrens gewesen sei.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gern. § 62 OWiG zulässig, aber unbegründet.
Zwar hat der Verteidiger des Betroffenen im Rahmen des Bußgeldverfahrens, das eine Geschwindigkeitsüberschreitung zum Gegenstand hat, gern. § 147 StPO, § 46 OWiG ein Recht auf Akteneinsicht in alle Unterlagen, die auch dem Gericht oder dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt werden (vgl. AG Herford, DAR 2010, 517).
Dieses Recht umfasst auch den Einblick in die Bedienungsanleitung des Gerätes, mit dem die Messung erfolgte (vgl. AG Herford, DAR 2010, 517). Das Recht der Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung wird durch die Verwaltungsbehörde jedoch ausreichend gewährt, indem sie dem Verteidiger anbietet die Bedienungsanleitung in den Räumen der Zentralen Bußgeldstelle in Gransee einzusehen (vgl. AG Bad Kissingen, ZfSch 2006, 706; AG Gelnhausen, Beschluss vom 14.09.2010, Az...