Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendigkeit der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters bei Geltendmachung von Schadensersatzansprüchengegen den bisherigen Insolvenzverwalter wegen Schädigung der Masse. Antragsbefugnis jedes einzelnen Gläubigers zur Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters. Antragsrecht nachrangiger Insolvenzgläubiger
Leitsatz (amtlich)
Während eines laufenden Insolvenzverfahrens steht jedem Gläubiger ein Antragsrecht auf Einsetzung eines Sonderinsolvenzverwalterszur Prüfung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen den bisherigen Insolvenzverwalter gem. § 92 InsOzu.
Nachrangige Insolvenzgläubiger (§ 39 InsO)sind zur Antragstellung nur berechtigt, wenn sie vom Insolvenzgericht zur Anmeldung ihrer Forderungen (§ 174 Abs. 3 Satz 1 InsO) aufgefordert wordensind.
Bei fehlenden Antragsrecht kann das Insolvenzgericht imRahmen der Aufsichtspflicht des § 58 InsOprüfen, ob ein Sonderinsolvenzverwalter einzusetzen ist.
Normenkette
InsO §§ 39, 92, 58
Tenor
Der Antrag auf Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Über das Vermögen der Schuldnerin ist mit Beschluss vom 1. Januar 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Hauptgesellschafterin der Schuldnerin ist die H. GmbH & Co. KG, deren persönlich haftende Gesellschafterin ist die S. GmbH. Gegen diese machte der Insolvenzverwalter Forderungen u.a. wegen ausstehenden Stammkapitals geltend, die nach Abschluss des Klagverfahrens laut Bericht des Insolvenzverwalters vom 04.04.2003 zwangsweise beigetrieben werden musste. Einen Antrag auf Abberufung des Insolvenzverwalters lehnte das Insolvenzgericht am 09.05.2003 ab.
Mit dem Eröffnungsbeschluss sind Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO, nicht aber nachrangige Insolvenzgläubiger gem. § 39 InsO, zur Forderungsanmeldung aufgefordert worden. Unter laufende Nummer 24 meldete die Kreis- und Stadtsparkasse M. eine Kontokorrent-Forderung über 2.556.955,64 DM an. Für diese Forderung hatte die Hauptgesellschafterin der Schuldnerin eine Patronatserklärung und deren persönlich haftende Gesellschafterin eine Bürgschaft abgegeben. Die Forderung der Kreis- und Stadtsparkasse M. wurde unter dem 09.04.2001 festgestellt für den Ausfall. Eine von der Kreis- und Stadtsparkasse M. eingereichte Klage gegen die Hauptgesellschafterin und deren persönlich haftende Gesellschafterin war in erster Instanz erfolgreich in Höhe eines Betrages von ca. 400.000 EUR, nachdem der Rechtsstreit in Höhe eines Betrages von ca. 900.000 EUR in der Hauptsache für erledigt erklärt worden war. Bereits vor dem am 17.12.2004 verkündeten Urteil des Landgerichtes Göttingen war in die Insolvenztabelle am 20.08.2004 eingetragen worden, dass die Kreis- und Stadtsparkasse M. als Gläubigerin die Ausfallforderung auf 415.685,40 EUR reduziert hat und dass dieser Betrag nunmehr ohne Ausfallbeschränkung festgestellt wird.
Mit Vereinbarung vom 02.02./03.02.2005 trat die Kreis- und Stadtsparkasse M. an die Hauptgesellschafterin der Schuldnerin und deren persönlich haftende Gesellschafterin ihre Forderungen gegen die Schuldnerin gegen Zahlung eines bestimmten Betrages ab.
Mit Schriftsatz vom 30.06.2005 beantragten die Abtretungsempfängerinnen „als Insolvenzgläubigerin” die Bestellung eines Ergänzungsinsolvenzverwalters zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen für die Insolvenzmasse. Gestützt ist der Antrag darauf, dass der Insolvenzverwalter die Schuldnerin trotz einbrechender Umsatzerlöse zu lange geführt habe, wie der für 2003 ausgewiesene Jahresverlust von 653.000 EUR belege. Zudem habe der Insolvenzverwalter zur Verwertung der Firmenimmobilie keine intensiven Veräußerungsbemühungen unternommen und sie unter Wert veräußert.
Der Insolvenzverwalter vertritt im Schriftsatz vom 31. August 2005 die Auffassung, dass es sich bei den Antragstellern lediglich um nachrangige Insolvenzgläubiger im Sinne des § 39 InsO handele. Da diese jedoch nicht zur Anmeldung zur Tabelle aufgefordert worden seien, seien sie zur Antragstellung nicht berechtigt.
Im Übrigen vertritt er die Auffassung, die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters sei nicht erforderlich. Die Hauptgesellschafterin habe zwar an der Betriebsimmobilie ihr Erwerbsinteresse zu einem Kaufpreis von 2.550.000 DM bekundet, jedoch trotz Auforderung keinen Finanzierungsnachweis vorgelegt. Ein von der späteren Betriebsstättenerwerberin vorgelegtes Kaufangebot von 2.200.000 DM sei von der Kreis- und Stadtsparkasse M. abgelehnt worden, deren Löschungsbewilligung als Grundpfandrechtsgläubigerin Voraussetzung für eine Veräußerung gewesen sei; erst im späteren Verlaufe des Verfahrens sei eine Veräußerung zu einem Preis von 800.000 EUR möglich gewesen.
Die Betriebsfortführung sei mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmannes betrieben worden. Aufgrund der jeweils monatlich erstellten betriebswirtschaftlichen Auswertungen seien u.a. eine Reduzierung des Personals vorgenommen worden. Unter Berücksichtigung der Kündigungsfristen seien jedoch zunächst unproduktive Kosten...