Entscheidungsstichwort (Thema)
im Grundbuch eingetragenes Grundstück
Nachgehend
Tenor
wird der Vollstreckungsschutzantrag des Schuldners gemäß § 765 a ZPO vom 04.12.1993
Gründe
Das durch Beschluß vom 05.06.1991 angeordnete Zwangsversteigerungsverfahren wird derzeit betrieben von der … In … wegen eines dinglichen Anspruchs im Betrage von ca. 135.000,– DM aus der Grundschuld Abt. III Nr. 6, von dem …, vertreten durch den …, wegen persönlicher Ansprüche in Höhe von rd. 2.000,– DM und von der … in … wegen dinglicher Ansprüche in Höhe von rd. 10.000,– DM, und zwar aus der Hypothek Abt. III Nr. 4.
Der Antrag des Schuldners ist auf Einstellung des Verfahrens auf unbestimmte Zeit gerichtet und wird im wesentlichen auf ein Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts gestützt, wonach eine Vollstreckungshandlung für einen längeren Zeitraum auszusetzen ist, wenn ihre Durchführung gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz verstößt. Dem Einstellungsantrag war ein ärztlicher Bericht über den Gesundheitszustand des Schuldners aus dem jahre 1990 beigefügt.
Mit Schreiben vom 20.12.1993 hat der Schuldner weiter eine ärztliche Bescheinigung eines Facharztes für Neurologie vom 20.12.1993 vorgelegt. In diesem Gutachten wird dem Schuldner eine chronische depressive Reaktion bescheinigt und im Falle der Durchführung des Versteigerungsverfahrens eine völlige Dekompensation angekündigt. Im Wörterbuch für medizinische Fachausdrücke wird dieser Ausdruck mit dem Offenbarwerden einer latenten Organstörung durch Wegfall einer Ausgleichsfunktion übersetzt.
Die … ist zu dem Antrag des Schuldners gehört. In ihrer Stellungnahme vom 13. Dezember 1993 hat sie gebeten, den Antrag auf Einstellung zurückzuweisen, da nach ihrer Ansicht eine Rechtsgrundlage für das Begehren des Schuldners nicht erkennbar ist.
Aus den weiteren vom Schuldner vorgelegten Unterlagen ist darüber hinaus seine Auffassung erkennbar, daß der Anspruch der … bestritten wird.
Der Antrag des Schuldners ist gemäß § 765 a ZPO zulässig, aber nicht begründet. Diese Vorschrift läßt auf Antrag des Schuldners die Aufhebung oder Aussetzung einer Vollstreckungsmaßnahme zu, wenn sie unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses der Gläubigerin wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.
Den Nachweis, daß das anhängige Zwangsversteigerungsverfahren zum jetzigen Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Antragsteller … nicht geführt.
Aufgrund des Vertrags des Schuldners sowie des Inhalts der ärztlichen Bescheinigung kann das Vollstreckungsgericht nicht davon ausgehen, daß die von dem Schuldner angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf den vorliegenden Fall und Sachverhalt übertragen werden kann. Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz beinhalt das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit des Bürgers. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 21.08.1991 festgelegt, daß im Einzelfall in einer Vollstreckungsmaßnahme der Befriedigungsanspruch des Gläubigers hinter diesem Grundrecht zurückzustehen hat.
Im Entscheidungsfall lagen dem Bundesverfassungsgericht konkrete und durch ärztliche Gutachten te legte Anhaltspunkte für eine Suicidgefährdung des Schuldners vor. Bei diesem Sachverhalt sah das Gericht eine Ausnahmesituation im Sinne von § 765 a ZPO als gegeben an.
Den Nachweis, daß hier ein ähnlich gelagerter Fall zur Entscheidung ansteht, hat der Schuldner nicht erbracht. Jedenfalls kann aus dem Inhalt der vorgelegten Gutachten das Vorliegen einer vergleichbaren Ausnahmesituation nicht hergeleitet werden.
Mit der Frage, welche Anforderungen an ein fachärztliches Gutachten zu stellen sind, aufgrund dessen Inhalts eine Einstellung der Vollstreckung gemäß § 765 a ZPO erfolgen soll, hat sich das OLG Köln in seiner Entscheidung vom 20.09.1989 beschäftigt (2 W 157/89). Danach muß aus dem Gutachten ersichtlich sein, welche konkreten Gefahren mit welchem Grad an Wahrscheinlichkeit dem Schuldner bei Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme drohen. Dabei kommt es nicht auf das subjektive Empfinden des Schuldners an, vielmehr ist der Eintritt einer konkreten Gefahr anhand objektiv feststellbarer Umstände nachzuweisen. Das vorliegende Gutachten läßt aber Rückschlüsse für das Gegebensein einer Ausnahmesituation mit einer konkreten Gefahr für Leib und Leben des Schuldners nicht zu. Damit scheidet aber eine Anwendung des § 765 a ZPO, die Ausnahmefällen vorbehalten ist, aus.
Soweit der Schuldner die Existenz des Gläubigeranspruchs überhaupt in Frage stellt, ist er auf eine Klage gemäß § 767 ZPO mit einem entsprechenden Einstellungsantrag zu verweisen. Das Vollstreckungsgericht hat lediglich die formellen Voraussetzungen der Vollstreckung zu prüfen. Diese sind im vorliegenden Fall gegeben. Wenn von einem Vollstreckungsanspruch des Gläubigers ausgegangen werden muß, ist bei einer Entscheidung über einen Antrag gemäß § 765 a ZPO auch das Interesse des...