Tenor

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft Groß Flottbeker Straße 3, 22607 Hamburg, vom 12.08.2021 zu den Tagesordnungspunkten 9 und 10 werden für ungültig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf EUR 7.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Ungültigerklärung zweier Beschlüsse, die auf einer Wohnungseigentümerversammlung gefasst wurden.

Die Klägerin ist Mitglied der Beklagten. In der Teilungserklärung (Anlage K1, BI. 7ff d.A.) sind unter § 5 Nr. 6 „das Schwimmbad mit WC, Dusche, Sauna und Filterraum” als gemeinschaftliches Eigentum ausgewiesen. § 7 Nr. 1 der Teilungserklärung lautet: „Die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile. Sie ist vom Verwalter durchzuführen.”

Die Eigentümer haben über den Instandsetzungsbedarf hinsichtlich der in der Liegenschaft vorhandenen Schwimmbad- und Saunaanlage beraten. Dabei haben sie in der Versammlung vom 12.08.21 beschlossen, den vorhandenen Instandsetzungsbedarf unerledigt zu lassen und Schwimmbad wie Sauna stillzulegen.

Hinsichtlich des Schwimmbades wurde beschlossen: „Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Stilllegung des Schwimmbades im Keller der Anlage. Die Verwaltung wird ermächtigt, entsprechende Aufträge zu erteilen. Die Kosten für die Stilllegung werden durch eine Einnahme aus der Instandhaltungsrücklage finanziert. Das Budget für die Arbeiten wird auf maximal 3.000 EUR brutto festgelegt.”

Zur Sauna mit Duschanlage wurde folgender Beschluss gefasst: „Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Stilllegung der Sauna mit Duschanlage im Keller. Die Verwaltung wird ermächtigt, entsprechende Aufträge zu erteilen.”

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Stilllegung des Schwimmbades stelle keine Maßnahme zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dar und sei somit rechtswidrig. Der Stilllegungsbeschluss könne nicht als Beschlussfassung über eine bauliche Veränderung verstanden werden und würde zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führen.

Es handele sich um die Aufgabe der Gebrauchsmöglichkeit des gemeinschaftlichen Eigentums, für die der WEG die Beschlusskompetenz fehle.

Zudem sei der Beschluss nicht hinreichend konkretisiert, weil der Verwaltung die Gelegenheit eingeräumt werde, etwaige Aufträge auszulösen, ohne dass die Beschlussfassung erkennen lasse, worauf diese Aufträge gerichtet sein sollten.

Der wirtschaftliche Aufwand dürfe auch nicht aus der Instandhaltungsrücklage entnommen werden.

Für die Stilllegung der Sauna gelte Entsprechendes.

Die Klägerin beantragt,

die in der Wohnungseigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft Groß Flottbeker Straße 3, Hamburg, am 12.08.2021 zu den Tagesordnungspunkten

  • TOP 9 Beschlussfassung zur Stilllegung des Schwimmbades und
  • TOP 10 Beschlussfassung zur Stilllegung der Sauna mit Duschanlage im Keller gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, der Stilllegungsbeschluss könne als Grundlagenbeschluss über eine bauliche Veränderung nach § 20 WEG n. F. verstanden werden. Das neue Recht sei wesentlich veränderungsfreundlicher geworden.

Vorliegend hätten die Eigentümer lediglich über das „Ob” der baulichen Maßnahme entschieden, nicht über das „Wie”.

Es liege weder eine grundlegende Umgestaltung noch eine unbillige Benachteiligung einzelner Eigentümer vor.

Soweit die Verwaltung ermächtigt wurde, Aufträge zu erteilen, liege keine unzulässige Delegation vor.

Ergänzend wird für das Vorbringen der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Ungültigerklärung der angegriffenen Beschlüsse gemäß §§ 19 Abs. 1, 23 Abs. 4 Satz 2, 44 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. WEG zu, weil diese nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.

Die Beschlussfassung durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer findet ihre Grenzen in § 19 Abs. 1 WEG. Danach beschließen die Wohnungseigentümer eine ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung. Zu dieser gehört insbesondere die ordnungsgemäße Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG). Durch die Beschlüsse, die zur Stilllegung von Schwimmbad und Sauna mit Duschanlage führen sollen, wird diese Grenze überschritten.

Die beiden genannten Einrichtungen gehören zum Gemeinschaftseigentum und in der Teilungserklärung unter § 5 Nr. 6 ausdrücklich als solches aufgeführt. In Verbindung mit § 7 Nr.1 der Teilungserklärung obliegt es daher der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sie instandzuhal- ten. Dieser aus der Teilungserklärung hervorgehenden Verpflic...

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