Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung der Vergütung des isolierten Insolvenzsachverständigen durch Angemessenheitsprüfung. Orientierung der Stundensatzhöhe des isolierten Insolvenzsachverständigen an Honorargruppe 7 gem. § 9 Abs. 1 S. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bemessung der Vergütung des „isolierten” Insolvenzsachverständigen ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG durch eine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen.

2. Im Regelfall wird sich das Gericht dabei an der Stundensatzhöhe der Honorargruppe 7 gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG orientieren.

 

Normenkette

JVEG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 2; InsO § 5 Abs. 1 S. 2, § 22 Abs. 1 Ziff. 2; JVEG § 4 Abs. 1 S. 1 Alt. 2

 

Verfahrensgang

AG Kleve (Entscheidung vom 25.11.2004; Aktenzeichen 33 IN 83/04)

 

Tatbestand

I.

Der Sachverständige beantragt gem. Kostenrechnung v. 4.11.2009 eine Entschädigung für einen Stundenaufwand von 5 Std. a 80 EUR. I.Ü. macht er Schreibgebühren und Kopieaufwendungen geltend. Unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer beläuft sich sein Kostenantrag auf insgesamt 592,32 EUR.

Der Sachverständige wurde durch Beschl. v. 28.9.2009 auf den hiesigen Eigenantrag des Schuldners mit der Prüfung folgender Fragen beauftragt:

Ob und ggf. welche Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind;

ob und in welchem Zeitraum der Schuld. in der Vergangenheit eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat und ob seine/ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind, insbesondere wie viele Gläubiger er/sie hat und ob gegen ihn/sie Forderungen aus Arbeitsverhältnissen einschließlich solcher von Steuergläubigern oder Sozialversicherungsträgern bestehen;

ob ein nach der Rechtsform d. Schuld. maßgeblicher Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten ggf. für eine Fortführung des schuldnerischen Unternehmens bestehen; und,

ob eine kostendeckende Masse vorhanden ist.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der zulässige Antrag ist begründet. Das Gericht hält in Anbetracht der nach wie vor bestehenden Meinungsverschiedenheiten in Literatur und Rechtsprechung über die angemessene Stundensatzhöhe des „isoliert beauftragten” Insolvenzsachverständigen eine Entscheidung gem. § 4 Abs. 1 Satz 1, letzte Alt. JVEG für angemessen. Zu entscheiden ist im Wesentlichen nur über die Höhe des Stundensatzes.

Die Regelung des § 9 Abs. 2 JVEG erfasst ihrem Wortlaut nach mit ihrer Festschreibung des Stundensatzes auf 65 EUR/Std. nur den Fall des „starken” vorläufigen Insolvenzverwalters. Über die angemessene, nicht direkt gesetzlich geregelte, Vergütung des „isolierten” Insolvenzsachverständigen, der gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 InsO eingesetzt wird, besteht weiterhin ein Meinungsstreit.

Die Honorierung ist danach vom Ansatz her entweder den Honorargruppen gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG mit Anl. 1 zu entnehmen oder gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Zu Recht geht das HansOLG in seiner jüngsten Entscheidung v. 11.2.2010 – 4 W 138/09, derzeit n.v., davon aus, dass Ansatzpunkt für die Bestimmung der angemessenen Vergütung dogmatisch § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG, also die Angemessenheitsfestlegung, sein muss, da die in Anl. 1 zum JVEG genannten Honorargruppen nicht direkt einschlägig sind, da sie die Tätigkeiten des Insolvenzsachverständigen nicht ausdrücklich erfassen.

Das LG Hamburg hat in seiner diesbezüglichen aktuellen Entscheidung (LG Hamburg v. 28.7.2009 – 326 T 34/08, ZInsO 2009, 1608) zu Recht die Vergütung des Insolvenzsachverständigen auf 80 EUR/Std. festgesetzt. Dies entspricht der überwiegenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung (Schmerbach, InsbürO 2004, 82; Ley, ZIP 2004, 1391; AG Göttingen, ZInsO 2004,1024; AG Aschaffenburg, ZVI 2004, 760 f. den „isolierten SV” und LG Aschaffenburg, ZVI 2004, 762 f. = LNR 2004, 33629 den „schwachen Verwalter” (vergleichbar mit Honorargruppe 7 =80 EUR/Std.; AG Hamburg v. 1.7.2005, ZInsO 2005, 704; OLG Koblenz, ZInsO 2006, 31 = NZI 2006, 180 (80 EUR/Std. = Honorargruppe 7, AG Wolfsburg für den isolierten Sachverständigen 80 EUR/Std., ZInsO 2006, 764; LG Mönchengladbach (80 EUR/Std.), ZInsO 2007, 1044 unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung). Zwei Entscheidungen von OLG halten sogar die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. der Anl. 1, dort Honorargruppe 7, für einschlägig, kommen im Ergebnis aber zum gleichen Stundensatzbetrag: Das OLG München (ZIP 2005, 1329) hält § 9 Abs. 2 JVEG nur für den vorläufigen Verwalter für anwendbar, nicht für den isolierten Sachverständigen. Dieser habe Anspruch auf Vergütung nach Honorargruppe 7 (80 EUR/Std.). So auch OLG Frankfurt v. 3.3.2006 (ZInsO 2006, 540): Der isolierte Sachverständige habe Anspruch auf einen Stundensatz von 80 EUR entsprechend Honorargruppe 7 des § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG.

Die im Ergebnis anderslautende Entscheidung des HansOLG (a.a.O.) kann demgegenüber nicht überzeugen: Das HansOLG setzt sich mit der inzwischen veröffentlichten Literatur und den v.g. Entscheidungen nicht ausreichend auseinander, – erwähnt werden als andere Ansicht nur das OLG München und das OLG Koble...

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