Verfahrensgang
AG Hamburg (Entscheidung vom 03.05.2010; Aktenzeichen 46 C 28/10) |
Tenor
1.
Der Antrag der Schuldnerin vom 02.07.2010, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 03.05.2010 - Geschäftszeichen: 46 C 28 / 10 - bis zum 01.10.2010 einstweilen einzustellen, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 837,24 EURO.
3.
Der Antrag der Schuldnerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Schuldnerin begehrt die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem oben genannten Urteil bis zum 01.10.2010. Auf den Antrag vom 02.07.2010 wird Bezug genommen.
Aufgrund eines heute nicht besetzten Büros der Gläubiger-Vertreter konnte dort eine telefonische Anhörung nicht durchgeführt werden und auch die Telefonnummer der Gläubigerin nicht in Erfahrung gebracht werden, um eine telefonische Anhörung direkt bei der Gläubigerin vorzunehmen. Da in vorliegendem Falle die Interessen der Gläubigerin jedoch nicht beeinträchtigt werden, konnte auf eine telefonische Anhörung der Gläubigerin verzichtet werden.
Der Antrag der Schuldnerin ist unzulässig, weil die Schuldnerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass sie ohne eigenes Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war. Die Schuldnerin trägt zwar vor, dass sie depressiv erkrankt sei, diese Erkrankung der Schuldnerin wurde jedoch nicht durch ein aktuelles fachärztliches Attest nachgewiesen. Die Rechtsprechung geht zwar davon aus, dass eine depressive Erkrankung - eine solche einmal unterstellt - in jedem Moment und damit auch nach Ablauf der Frist des § 765a III ZPO neu entsteht und damit einen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründet, jedoch muss das Vorhandensein einer solchen Erkrankung eben durch ein aktuelles fachärztliches Attest nachgewiesen werden, und an einem solchen Attest mangelt es hier. Die Schuldnerin kann nicht damit gehört werden, dass sie allein aufgrund der fehlenden Krankenversicherung nicht zum Arzt gegangen sei. Diesen Umstand kann die Schuldnerin nicht zu Lasten der Gläubigerin geltend machen. Die Vollstreckungsgerichte sind aufgrund nicht vorhandener eigener Ausbildung und Kenntnisse auf dem medizinischen Gebiet nicht dazu in der Lage, sich einen eigenen Eindruck vom Gesundheitszustand des Schuldners zu machen. Insofern müssen die Vollstreckungsgerichte auf die Sachkenntnis von medizinisch geschulten Menschen - und für die Ausstellung von Attesten sind die entsprechenden Fachärzte zuständig - zurückgreifen. Der Antrag der Schuldnerin ist somit verspätet gestellt und daher bereits aus diesem Grund zu verwerfen.
Der Antrag der Schuldnerin ist im Übrigen unbegründet.
Die Gewährung von Vollstreckungsschutz gemäß § 765a ZPO ist nur in Ausnahmefällen möglich und zwar dann, wenn die Zwangsvollstreckung unter voller Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Gläubigerin eine sittenwidrige Härte für die Schuldnerin darstellt. Eine solche ist hier nicht gegeben. Der Antrag der Schuldnerin enthält keinerlei Gründe, aus denen heraus die bevorstehende Zwangsräumung für sie eine solche sittenwidrige Härte darstellt. Auch lassen sich dem Antrag der Schuldnerin keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass eine solche sittenwidrige Härte der bevorstehenden Zwangsräumung vorliegen könnte.
Der von der Schuldnerin geschilderte Gesundheitszustand der depressiven Erkrankung ist zum einen nicht durch ein fachärztliches Attest belegt und zum anderen aber auch nicht ausreichend, um einen Härtefall zu begründen, da es sich nicht um eine akute - selbständige Lebensführung weitgehende ausschließende - Krankheit handelt, die eine Zwangsräumung zum jetzigen Zeitpunkt als sittenwidrig erscheinen ließe. Die Schuldnerin hat - wie bereits oben ausgeführt - kein fachärztliches Attest vorgelegt, das ihre angebliche Erkrankung feststellt. Die Vollstreckungsgerichte können den Gesundheitszustand eines Schuldners nicht aus eigener Kenntnis beurteilen und müssen sich dazu des Fachwissens der Ärzte bedienen. Die Schuldnerin kann daher nicht damit gehört werden, dass sie alleine wegen des Nichtvorhandenseins einer Krankenversicherung nicht zum Arzt gegangen sei. Dies ist ein Umstand, den alleine die Schuldnerin zu vertreten hat und der nicht zu Lasten der Gläubigerin geltend gemacht werden kann. Zudem hat die Schuldnerin mit ihrem persönlichen Erscheinen bei Gericht - wenn auch in Begleitung einer Mitarbeiterin der Fachsteile für Wohnungssicherung - deutlich gemacht, dass sie sehr wohl zu einer selbständigen Lebensführung in der Lage ist.
Vollstreckungsschutz kann nur gewährt werden, wenn die Zahlung der laufenden Nutzungsentschädigung sichergestellt ist. Das ist hier nicht der Fall. Zwar hat die Schuldnerin in ihrem Antrag selbst ausgesägt, dass sich die Sachbearbeiterin der Fachstelle zur Wohnungssicherung bereit erklärt hat, für die künftigen Nutzungsentschädigungen beginnend mit dem Monat Juli 2010 aufzukommen, jedoch liegt hierzu keine entsprechende schriftliche Ver...