Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Durchführung des Versorgungsausgleichs bei extrem hoher Beitragsverpflichtung und baldigem Erreichen der Altersgrenze
Leitsatz (redaktionell)
Ist eine betriebliche Altersversorgung auszugleichen und würde sich eine Verpflichtung zur Begründung einer Rentenanwartschaft durch Entrichtung von Beiträgen nicht zugunsten des Berechtigten auswirken, weil dieser bereits kurz vor Erreichen der Altersgrenze steht und der Verpflichtete zur Entrichtung der Beiträge bis zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage ist, so hat der schuldrechtliche Versorgungsausgleich stattzufinden.
Stattdessen kann zugunsten des Berechtigten gemäß BGB § 1587b Abs 4 auch ein Ausgleich durch Übertragung von Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung nach BGB § 1587b Abs 1 erfolgen.
Normenkette
BGB § 1587b Abs. 3 Fassung 1976-06-14, Abs. 1 Fassung 1976-06-14, Abs. 4 Fassung 1976-06-14, § 1587o Abs. 1 S. 2 Fassung 1976, § 1587f Nr. 1 Fassung 1976-06-14
Tatbestand
Die Parteien haben am 28.5.1938 vor dem Standesamt H. die Ehe geschlossen.
Beide Parteien sind deutsche Staatsangehörige. Aus der Ehe sind zwei inzwischen volljährige Kinder hervorgegangen. Die Parteien leben seit dem 1.4.1971 voneinander getrennt.
Sie haben durch notariellen Vertrag vom 14.6.1971 Gütertrennung vereinbart. Über Hausrat und Ehewohnung haben sie sich nach der Trennung im Jahre 1971 endgültig auseinandergesetzt. Für den Fall der Scheidung der Ehe haben sie einen gerichtlich protokollierten Vergleich über die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen geschlossen.
Der Kläger bezieht eine Rente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sowie ein Ruhegeld von der Freien- und Hansestadt Hamburg. Die Antragsgegnerin hat während der Ehezeit keine Rentenanwartschaften erworben. Das Senatsamt für den Verwaltungsdienst hat am 3.11.1977 Auskunft über die vom Antragsteller erworbenen Anwartschaften erteilt und diese, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.6.1977 mit 1.575,78 DM angegeben. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat mit Schreiben vom 6.12.1977 die auf die Ehezeit entfallende Rentenanwartschaft des Antragstellers mit monatlich 1.371,64 DM angegeben sowie mit monatlich DM 8,16 aus einer Höherversicherung.
Beide Parteien beantragen,
den Versorgungsausgleich in anderer Weise zu regeln.
Der Antragsteller beantragt,
die am 28.5.1938 vor dem Standesamt in H. geschlossene Ehe der Parteien zu
scheiden.
Die Antragsgegnerin stellt keinen Abweisungsantrag.
Die Parteien sind gemäß § 613 ZPO persönlich angehört worden.
Entscheidungsgründe
I.
Die Ehe der Parteien war antragsgemäß zu scheiden, da sie gescheitert ist. Die Parteien leben seit 1971 voneinander getrennt, so daß gemäß § 1566 Abs 2 BGB das Scheitern der Ehe unwiderlegbar vermutet wird.
II.
Zwischen den geschiedenen Ehegatten war ein Versorgungsausgleich vorzunehmen, da für den Antragsteller in der Ehezeit Anwartschaften auf eine Versorgung wegen Alters begründet worden sind.
1. Die Ruhegeldversorgung der Freien- und Hansestadt Hamburg begründet keine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie fällt somit nicht unter § 1587a Abs 2 Nr 1 BGB, sondern als betriebliche Altersversorgung unter § 1587a Abs 2 Nr 3 Buchstabe b BGB. Die Versorgung fällt ganz in die Ehezeit und ist deshalb voll anzurechnen. Gemäß § 4 der Barwert-Verordnung wird der Barwert einer bereits laufenden lebenslangen Versorgungsleistung dadurch ermittelt, daß der Jahresbetrag der auszugleichenden Leistung mit dem Kapitalisierungsfaktor vervielfacht wird, der sich aus der Tabelle 4 / Anlage zur Barwert-Verordnung) ergibt. Der Jahresbetrag lautet auf DM 18.909,36. Das Lebensalter des Antragstellers im Zeitpunkt des Endes der Ehezeit betrug 64, der Faktor somit 9,2, so daß sich ein Barwert von 173.966,11 DM ergab, der nach Nr 5 der Bekanntmachung von Rechengrößen zur Durchführung des Versorgungsausgleiches in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 1.12.1976 in 4.431,77 Werteinheiten umzurechnen war, die wiederum gemäß Nr 2 der Verordnung eine gesetzliche Rentenanwartschaft von 1.116,86 DM ergaben.
2. Die Leistung aus der Höherversicherung, § 1587a Abs 2 Nr 4 BGB, betrug monatlich 8,16 DM für die Ehezeit. Der Jahresbetrag in Höhe von 97,92 DM ergab einen Barwert von 900,86 DM, der Werteinheiten von 22,95 entsprach, die eine gesetzliche Rentenanwartschaft von 5,78 DM darstellen.
3. Die Rentenanwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 1587a Abs 2 Nr 2 BGB betrug für die Ehezeit monatlich 1.371,64 DM.
4. Der Wertausgleich wäre nach der gesetzlichen Regel des § 1587b Abs 1 und Abs 3 BGB in der Weise vorzunehmen gewesen, daß hinsichtlich des gesetzlichen Rentenanspruches die Hälfte der monatlichen Rentenanwartschaft, dh 685,82 DM, vom Versicherungskonto des Antragstellers auf ein zu errichtendes Versicherungskonto der Antragsgegnerin übertragen worden wäre und hinsichtlich der Höherversicherung und des Ruhegeldes jeweils die Hälfte der Monatsbeträge, dh 2,89 DM und 558,43 DM, vom Antrags...