Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweilige Verfügung. Liefersperre. Zählerherausgabe. Vorwegnahme der Hauptsache

 

Leitsatz (amtlich)

Die Herausgabe von Messeinrichtungen zur Durchsetzung einer Liefersperre kann nicht durch einstweilige Verfügung durchgesetzt werden,weil damit die Hauptsache vorweggenommen würde.

 

Normenkette

AVB EltV § 33 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Verfügungsklägerin auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: bis 300,00 EUR

 

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin ist ein Versorgungsunternehmen, welches die Verfügungsbeklagte mit Strom, Erdgas und Wasser versorgt. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen hat die Verfügungsbeklagte monatliche Vorauszahlungen von 29,00 EUR und zweimonatlich von weiteren 26,00 EUR zu erbringen. Die Verfügungsklägerin hat bereits am 17.03.04 die Gaszufuhr gesperrt, die Wasserzufuhr jedenfalls provisorisch. Seit März 2004 hat die Verfügungsbeklagte keine Zahlungen mehr erbracht. Mit Schreiben vom 25.05.04 hat die Verfügungsklägerin zum 09.06.04 zur Ermöglichung des Zugangs zu den Meßeinrichtungen zum Zwecke des Sperrens der Strom-, Gas- und Wasserversorgung aufgefordert. Mit Schreiben vom 29.12.03 hat die Verfügungsbeklagte die Einstellung der Energie- und Wasserversorgung angedroht.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verurteilen, 1. das Betreten des Hauses X-Straße, I., in dem sich a. die Stromzähler mit der Nummer 405278, 403049, 440760, 441117, 441116,

b. der Erdgaszähler mit der Nummer 69093 und c. der Wasserzähler mit der Nummer 19639 befinden,

zu ermöglichen, 2. und die Sperrung der Strom-, Erdgas und Wasserzufuhr durch den Ausbau der unter Ziffer 1 genannten dort befindlichen Zähler der Verfügungsklägerin einschließlich der damit verbundenen Arbeiten an den der Verfügungsklägerin gehörenden Einrichtungen durch ausgewiesene Mitarbeiter der Verfügungsklägerin und dessen Herausgabe zu dulden.

Die Verfügungsbeklagte ist zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet.

Zwar steht der Verfügungsklägerin gemäß § 33 Abs. 2 AVB EltV, AVB GasV, AVB WasserV ein Anspruch zu, die Versorgung einzustellen und ihre Meßeinrichtungen herausgegeben zu erhalten. Einen solchen Anspruch hat die Verfügungsklägerin in der Vergangenheit auch in zahlreichen Verfahren im Klagewege geltend gemacht. Einer entsprechenden Klage ist in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle bereits im schriftlichen Vorverfahren durch Versäumnisurteil stattgegeben worden, so dass die Verfügungsklägerin binnen kurzer Zeit einen Titel erwirkt hatte.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung setzt neben einem Anspruch auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes voraus. Grundsätzlich dient eine einstweilige Verfügung nur der Sicherung eines Anspruchs oder der einstweiligen Regelung eines Rechtsverhältnisses. Ausnahmsweise kann mit einer einstweiligen Verfügung bei besonderem Verfügungsgrund auch die Hauptsache vorweggenommen werden, wenn ein Anspruchsteller auf die sofortige Erfüllung seines Anspruchs so dringend angewiesen ist, dass er ein ordentliches Verfahren nicht abwarten kann, ohne unverhältnismäßig großen, gar irreparablen Schaden zu erleiden (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 25. A., § 940, Rdn. 6). Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung würde der Anspruch auf Zutritt und Herausgabe der Meßeinrichtungen erfüllt. Die Hauptsache würde vorweggenommen, wie sich daraus ergibt, dass die Verfügungsklägerin ihren Anspruch nicht mehr wie bisher im ordentlichen Verfahren geltend machen müßte. Als Hauptsache ist nicht etwa nur der Anspruch auf Zahlung der Energieversorgungskosten anzusehen, der hinter den in vorliegenden Verfahren geltend gemachten Ansprüchen steht (AG Ravensburg, Urt. vom 05.04.02, 12 C 459/02; AG Hamm, Beschluss vom 04.12.02, 24 C 447/02; AG Hamm, Urt. vom 19.02.04, 28 C 69/04; a.A. LG Heilbronn, Beschluss vom 20.03.91, 2 T 57/91).

Der Verfügungsklägerin entsteht auch kein erheblicher Schaden im Vergleich zur Geltendmachung der Ansprüche im ordentlichen Verfahren. Hätte die Verfügungsklägerin eine Klage erhoben – was jedenfalls zugleich mit dem Zahlungsanspruch – wie bisher – auch ohne ein vorheriges Schlichtungsverfahren möglich gewesen wäre, so erhielte sie einen Vollstreckungstitel als Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren binnen Monatsfrist. Selbst wenn das Erstreiten eines Vollstreckungstitels drei Monate dauern würde, würde entsprechend den monatlichen Abschlagszahlungen ein Schaden von ca. 142,00 EUR entstehen.

Im übrigen trifft viele Kläger ein Schaden, der während der zeitlichen Verzögerung bis zum Abschluss eines rechtsstaatlichen ordentlichen Verfahrens eintritt. Dies gilt insbesondere für den Vermieter, der seinem Mieter bis zur Erwirkung eines Vollstreckungstitels den Wohnraum weiter zur Verfügung stellen muß....

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