Tenor
1.
Die Erinnerung der Staatskasse vom 18.05.2011 wird als unbegründet zurückgewiesen.
2.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, eine Kostenerstattung erfolgt nicht.
3.
Der Verfahrenswert wird auf 282,03 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Entscheidung ergeht gemäß § 56 RVG.
Mit Urteil des Jugendschöffengerichts Iserlohn vom 17.03.2011 ist der Angeklagte pp. freigesprochen worden. Unter dem 24.03.2011 hat die Staatsanwaltschaft Hagen form- und fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingelegt. Unter dem 25.03.2011 wurde durch den seinerzeitigen Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts die Zustellung des Urteils veranlasst, beim Verteidiger mit Zusatz, dass die Staatsanwaltschaft Hagen Berufung eingelegt hat. Unter dem 31.03.2011 beantragte der Verteidiger Akteneinsicht. Unter dem 23.04.2011 nahm die Staatsanwaltschaft Hagen die Berufung zurück. Mit Beschluss vom 10.05.2011 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle für die Pflichtverteidigung die Gebühren für das Berufungsverfahren mit 282,03 Euro fest (vgl. Bl. 218 d.A.). Dagegen wendet sich die Erinnerung der Staatskasse (vgl. Bl. 223 d.A.). Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat unter dem 19.09.2011 der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Gericht des 1. Rechtszuges vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der gewechselten Schriftsätze nebst Stellungnahmen wird auf den Akteninhalt vollinhaltlich verwiesen.
Der Beschluss des Urkundsbeamten des Geschäftsstelle vom 10.05.2011 ist formell- und materiellrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren nach Nr. 4124 VVRVG nebst Folgekosten ist entstanden und festzusetzen gewesen.
Anders als bei der Revision sind weder die Staatsanwaltschaft noch der Angeklagte nach der StPO verpflichtet, eine Begründung des Rechtsmittels der Berufung zu liefern.
Nachdem die Staatsanwaltschaft Hagen unbedingt und unbefristet das Rechtsmittel der Berufung eingelegt hat, ist dies dem Verteidiger seitens des Gerichts mitgeteilt worden, er hat dann pflichtgemäß dies dem Angeklagten mitgeteilt, worauf dieser bei ihm anrief und um Beratung bat. Er wurde dann laut unbestrittener Einlassung umfassend darüber beraten, was die Berufung bedeutet, welche prozessualen Möglichkeiten bestehen und welcher Verfahrensausgang gegebenenfalls durch das Rechtsmittel zu erwarten sei. Darüber hinaus wurde gemeinsam beraten, welche möglicherweise zusätzlichen Beweismittel noch beschafft werden können und zur Verfügung stehen.
Diese entfaltete Tätigkeit des Pflichtverteidigers ist notwendig und nicht nur rein hypothetischer Art und auf keinen Fall überflüssig noch bedeutungslos, da mit der Zäsurwirkung des Rechtsmittels der Berufung ein neues Verfahrensstadium beginnt, mithin der Freigesprochene wieder den Status des Angeklagten erhält und der Verteidiger im Rahmen rechtsstaatlich begründeter Verteidigung seine Tätigkeit so auszurichten hat, dass sie erfolgsversprechend und wirksam ist, vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 140, Randnummer 1 m.w.N.. Diesbezüglich hat der Verteidiger einen nicht überprüfbaren Ermessensspielraum, wann, wie schnell und wie er tätig wird.
Grundsätzlich gilt, dass die Gebühren VV 4124 RVG mit jeder Tätigkeit entstehen, die sich auf die Ausführung des Auftrags der Verteidigung in der Berufungsinstanz richtet. Soweit die Staatsanwaltschaft eine Berufung eingelegt hat, entsteht die Gebühr des Verteidigers stets mit der auftragsgemäßen Aufnahme des Geschäftes. Dies gilt auch dann, wenn die Staatsanwaltschaft die Berufung zurücknimmt oder bevor die Staatsanwaltschaft die Berufung begründet hat, vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage, VV 4124 Randnummer 7 m.w.N.. Soweit in Teilen der Judikatur andere Rechtsauffassungen vertreten werden, überzeugen diese nicht. Denn auch schon bevor die Staatsanwaltschaft die Berufung begründet hat, hat der Verteidiger evtl. schon im freien Ermessen ganz erhebliche Leistungen, wie hier tatsächlich geschehen, erbracht, die einer Vergütung zugänglich sind, vgl. Hartmann, s.o., Randnummer 7 am Ende.
Es war zu entscheiden, wie tenoriert.
Die Nebenentscheidungen ergehen gemäß § 56 Abs. 2 RVG, der Verfahrenswert bemisst sich dabei an den festgesetzten Gebühren.
Fundstellen