Orientierungssatz

Ob eine Terminsgebühr bei einer vorgerichtlichen Einigung mit dem Gegner entsteht, hängt maßgeblich davon ab, ob dem Rechtsanwalt vom Mandanten bereits ein (unbedingter) Klag-/Verfahrensauftrag erteilt wurde. Dies ist im Einzelfall durch Auslegung der Umstände der Mandatserteilung zu ermitteln. Erfolgt die Mandatserteilung mit der Maßgabe, dass "wenn nötig" auch geklagt werden soll, handelt es sich regelmäßig zunächst um eine außergerichtliche Beauftragung. Der Klag-/Verfahrensauftrag ist dann lediglich unter der aufschiebenden Bedingung der erfolglosen außergerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs erteilt.

 

Tenor

  • 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  • 2.

    Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Prozessbevollmächtigten der Klägerin für die Vertretung der Erbengemeinschaft nach dem Ableben des K. gegenüber der Beklagten zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und einer vergleichsweisen Einigung eine Terminsgebühr verdient haben.

Wegen eines sich am 04.07.2005 geeigneten Verkehrsunfalls, bei dem K. ums Leben kam, beauftragte die Erbengemeinschaft die Prozessbevollmächtigten der Klägerin u.a. mit der Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer der Unfallverursacherin. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 20.07.2006 wurde die Beklagte zur Zahlung eines weiteren Vorschusses unter Fristsetzung zum 07.08.2006 aufgefordert, wobei bei Nichtzahlung angedroht wurde, den Schaden rechtshängig zu machen. Daraufhin traten die Parteien, die Klägerin vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, in Vergleichsverhandlungen, die mit der Vergleichs- und Abfindungserklärung vom 22.07.2008 endeten. Neben einer restlichen Zahlung an die Erbengemeinschaft verpflichtete sich die Beklagte, auch die Rechtsanwaltsgebühren zu übernehmen. Daraufhin rechnete der Prozessbevollmächtigte sein Honorar unter Ansatz einer Geschäftsgebühr, einer Terminsgebühr sowie einer Einigungsgebühr ab. Die Beklagte strich die Terminsgebühr und bezahlte die Rechnung im Übrigen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte auch die Terminsgebühr schulde. Sie habe nämlich ihren Prozessbevollmächtigten einen unbedingten Klageauftrag erteilt. Dies ergebe sich bereits daraus, dass ein Klageentwurf gefertigt werden sollte. Nur durch die außergerichtliche Einigung sei die Erhebung der Klage abgewendet worden.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach Ableben des K., bestehend aus

  • a)

    E.K.

  • b)

    N.K.,

  • c)

    T.K.,

1288,06 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 15.09.2008 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, da sie die Terminsgebühr nicht schulde. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin seien nicht mit der Erhebung einer Klage beauftragt gewesen. Im Übrigen könnten die Geschäftsgebühr und die Terminsgebühr nicht gleichzeitig entstehen.

Für die Ergänzung des Tatbestandes wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien sowie auf das Ergebnis der persönlichen Anhörung der Klägerin im Termin vom 17.08.2011 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1.

a.

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht die Einrede der anderweitigen Rechtshängigkeit entgegen. Soweit die Beklagte meint, durch die klageweise Geltendmachung im Verfahren vor dem Landgericht O., Az. xxx, von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin sei der hier verfolgte Klageanspruch von ihr bereits rechtshängig gemacht worden, begründet dies nicht die Einrede der anderweitigen Rechtshängigkeit. Denn im Verfahren vor dem Landgericht O. wird ausweislich der dortigen Klagebegründung eine Geschäftsgebühr geltend gemacht. Im hiesigen Verfahren wird jedoch auf Zahlung einer Terminsgebühr geklagt. Damit handelt es sich nicht um denselben Streitgegenstand.

b.

Die Klägerin ist gemäß § 2039 BGB als Miterbin befugt, Ansprüche der Erbengemeinschaft klagweise geltend zu machen.

2.

Die Beklagte schuldet der Erbengemeinschaft keine weitere Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren im Zusammenhang mit dem Abschluss der Vergleichs- und Abfindungserklärung vom 22.07.2008, weil eine Terminsgebühr nicht entstanden ist. Dafür fehlte es nämlich an einem (unbedingten) Klageauftrag.

a.

Eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG entsteht (unter anderem ) für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des ...

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