Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache
Tenor
Der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 11.09.1982 zu TOP 38 (Wahl von Ehegatten eines Eigentümers zu Verwaltungsbeiräten) ist nichtig.
Der Antrag wird im übrigen zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerin und die Antragsgegner jeweils ½ zu tragen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert wird auf 10.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer der Liegenschaft A. in K..
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat in ihrer Versammlung vom 11.09.1982 unter anderem folgende Beschlüsse gefasst:
TOP 38. Nichteigentümer im Beirat:
Die Wahl von Nichteigentümern zu Beiräten ist dann zulässig, wenn es sich um Ehegatten eines Eigentümers handelt.
TOP 44. Vermietung der Tiefgaragenplätze:
Künftig dürfen die Tiefgaragenplätze nur noch an Bewohner der Anlage vermietet werden. Entgegenstehende, derzeit abgeschlossene Verträge sind zum nächstmöglichen Termin zu kündigen.
Die Antragstellerin macht geltend, dass beide Beschlüsse als normale Mehrheitsbeschlüsse gefasst worden seien, obwohl sie in rechtlicher Hinsicht schwerwiegender Natur seien.
Sie beantragt,
die Nichtigkeit der oben genannten Beschlüsse festzustellen.
Die Antragsgegner beantragen,
die Anträge zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG zulässigen Anträge sind nur teilweise begründet.
Der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft zu TOP 38 aus der Versammlung vom 11.09.1982 war für nichtig zu erklären.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat mit einem einfachen Mehrheitsbeschluss vom 11.09.1982 beschlossen, dass auch Nichtwohnungseigentümer, nämlich Ehegatten von Wohnungseigentümern Mitglieder des Verwaltungsbeirats sein können.
§ 29 WEG knüpft aber hinsichtlich der Wahl eines Verwaltungsbeirates an dessen Wohnungseigentümereigenschaft an. Die Wahl eines Nichteigentümers zum Verwaltungsbeirat auf Grund eines hierzu ermächtigenden Mehrheitsbeschlusses erscheint danach unzulässig (vgl. BayObLG, NJW-RR 1992, 219; KG, NJW-RR 1989, 460; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1991, 594 Bärmann/Pick/Merle, § 29 Rdnr. 14; Niedenführ/Schulze, § 29 Rdnr. 4;).
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts führt die Abrechnung des Beschlusses im vorliegenden Falle auch nicht nur zur Anfechtbarkeit, sondern auch zu einer Nichtigkeit des angegriffenen Beschlusses.
Eine Nichtigkeit eines Wohnungseigentümerbeschlusses kann sich dann ergeben, wenn der Beschluss sittenwidrig ist (§ 138 BGB), wenn er gegen zwingende Normen des Wohnungseigentumsgesetzes verstößt oder wenn er in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingreift.
Letzteres erscheint dem Gericht im vorliegenden Fall gegeben. Denn zum Kernbereich des Wohnungseigentums gehört nicht nur der sachenrechtlich und dinglich geschützter Bereich, sondern auch die unmittelbar aus dem Eigentum fließenden zentralen Verwaltungs- und Mitbestimmungsrechte.
Anerkannt ist dies in der Rechtssprechung für die Ausübung von Stimmrechten (vgl. Bärmann/Pick/Merle, § 23 Rdnr. 113 m.w.N.).
Gemäss § 29 Abs. 2 WEG hat der Verwaltungsbeirat den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen. Er hat weiter die Aufgabe gemäß § 29 Abs. 3 WEG, die Jahresabrechnung, Wirtschaftsplan, Rechnungslegung und Kostenvoranschläge zu prüfen. Neben den Befugnissen gemäss § 24 Abs. 3 und 24 Abs. 6 Satz 2 WEG können den Verwaltungsbeirat weitere Befugnisse übertragen werden. Insgesamt handelt es sich daher bei den Aufgaben des Verwaltungsbeirats um die Ausübung und Kontrolle zentraler Rechte der Wohnungseigentümer, um die Begleitung und Kontrolle der Wohnungseigentumsverwaltung.
Die Übertragung dieser Befugnisse auf Nichtwohnungseigentümer stellt daher nach Auffassung des erkennenden Gerichts einen Eingriff in den Kernbereich des Wohnungseigentums dar und führt zur Nichtigkeit des entsprechenden Beschlusses.
Der Antrag war im übrigen zurückzuweisen.
Soweit sich die Antragstellerin gegen einen Beschluss der Gemeinschaft vom 11.09.1982 mit dem Inhalt einer Beschränkung der Vermietbarkeit von Tiefgaragenplätzen wendet, sind Nichtigkeitsgründe nicht ersichtlich.
Einen Anhaltspunkt für die Sittenwidrigkeit des Beschlusses gemäss § 138 BGB ist nicht gegeben. Ferner ist nicht ersichtlich, dass der Beschluss gegen zwingende Normen des Wohnungseigentumsrechtes verstoßen hätte, er stellt sich vielmehr als Gebrauchsregelung gemäss § 15 Abs. 2 WEG dar. Eine Überprüfung auf die Wahrung der Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung hatte im Hinblick auf die eingetretene Bestandskraft des Beschlusses nicht mehr zu erfolgen.
Ferner ist nicht ersichtlich, dass dieser Beschluss in den Kernbereich des Wohnungseigentums eingegriffen hätte. Ein solcher könnte sich allenfalls daraus ergeben, als sich aus der eingeschränkten Nutzung eine Nutzungsbeschränkung im Sinne des § 15 Abs. 1 WEG herleiten ließe. Eine solche könnte allenfalls durch eine ...