Tenor
1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Vollziehung des Beschlusses zu TOP 10 vom 21.06.2023 (Stilllegung der Müllabwurfanlagen) bezogen auf das ... zu unterlassen, bis rechtskräftig über die gegen diesen Beschluss erhobenen Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklagen entschieden wurde.
2. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das in Ziffer 1. ausgesprochene Verbot der Vollziehung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten angedroht.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Antragstellerin zu 75 % und die Antragsgegnerin zu 25 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Antragstellerin ist Teil der Wohnungseigentümergemeinschaft ... . Sie wendet sich mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Vollziehung des zu Tagesordnungspunkt (im Folgenden: TOP) 10 auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 21.06.2023 mehrheitlich angenommenen Beschluss „Beschluss über die Stilllegung der Müllabwurfanlagen”. Der Beschlusstext lautet:
„Die Eigentümergemeinschaft beschießt [sic] die Stilllegung / Schließung der Müllabwurfschächte in den jeweiligen Häusern zum 31.12.2023.”
Für den Beschlussantrag stimmten 20 Ja-Stimmen/ Eigentümer. Gegen diesen Antrag stimmten 17 Nein-Stimmen/Eigentümer. 4 Eigentümer enthielten sich.
Mit Klageschriftsatz vom 20.07.2023, bei Gericht eingegangen am 21.07.2023, erhob die Antragstellerin „Nichtigkeitsklage nach § 44 WEG” gegen den vorgenannten Beschluss. Das Verfahren wird unter Az. 21 C 513/23 (414) bei dem Amtsgericht Königstein geführt. Eine weitere Miteigentümerin hat Anfechtungsklage gegen den Beschluss erhoben. Dieses Verfahren wird unter Az. 21 C 510/23 (513) bei dem Amtsgericht Königstein geführt. Beide Verfahren sollen verbunden werden. Hierzu werden die Parteien derzeit angehört. In dem Verfahren 21 C 510/23 wurde Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 08.02.2024 bestimmt.
Die Antragstellerin wohnt in einer Wohnung in dem Haus .... Sie ist mit zwei Knietotalendoprothesen ausgestattet und nur eingeschränkt gehfähig. Daher verfügt die Antragstellerin über einen Grad der Behinderung von 70, sie ist mithin schwerbehindert.
Die Wohnanlage ... liegt an einem Hang. Das Haus, in dem die Antragstellerin lebt, ist etwa 100 Meter von der Müllsammelstelle der Liegenschaft entfernt. Die Strecke zu dem Müllsammelplatz ist von einer erheblichen Steigung geprägt. In der Liegenschaft bestehen seit deren Errichtung Müllschluck- und Komprimierungsanlagen, wobei jedes Haus über einen Müllschluckschacht verfügt. Gemäß der Teilungserklärung vom 06.03.1978 (Ziffer 3, Seite 13) ist die Müllschluck- und Komprimierungsanlage gemeinschaftliches Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Die Antragstellerin behauptet unter Versicherung an Eides statt, sie sei aufgrund ihrer körperlichen Einschränkungen nicht in der Lage, die Strecke von ihrem Haus bis zum Müllsammelplatz zur Verbringung des Restmülls zu bewältigen. Den Papiermüll nähmen Nachbarn für sie mit, den Plastikmüll stelle sie im Gelben Sack am Abfuhrtag nahe des Hauses an die Straße. Sie ist der Ansicht, der Beschluss zu TOP 10 der Eigentümerversammlung vom 21.06.2023 sei evident ungültig. Die Schließung der Abwurfanlage stelle für sie einen unverhältnismäßigen Nachteil dar. Zudem befürchte sie unwiederbringlichen Schaden an der Müllabwurfanlage durch die nicht genauer beschriebenen Maßnahmen der Verwaltung zur Stilllegung. Ferner würden der Gemeinschaft erheblich Kosten entstehen, die bei Zuwarten bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vermeidbar wären.
Die Antragstellerin beantragt den Erlass einer einstweiligen Verfügung folgenden Inhalts:
- Dem Antragsgegner wird aufgegeben, es zu unterlassen, die durch Beschluss vom 21.06.2023 beschlossene Schließung der Müllabwurfanlagen vor Rechtskraft des Verfahrens 21 C 513/23 durchzuführen.
- Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das in Ziffer 1 ausgesprochene Gebot / Verbot ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten angedroht.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, der Beschluss entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung. Da es sich um einen Beschluss über eine bauliche Veränderung im Sinne von § 20 WEG handele, sei ein Mehrheitsbeschluss zulässig. Ferner meint die Antragsgegnerin, es bestünde kein Verfügungsgrund, da keine wesentlichen Nachteile für die Antragstellerin erkennbar seien. Es würden keine irreversiblen Schäden durch die Stilllegung der Müllabwurfanlagen entstehen. ...