Leitsatz (amtlich)
Rechtsanwaltsgebühr: Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bei Vorliegen der finanziellen Voraussetzungen einer Beratungshilfe
Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bei Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung
Tenor
1.
Die Erinnerung der Rechtsanwälte ... gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lahr vom 29.07.2008 wird, soweit ihr nicht abgeholfen wurde, zurückgewiesen.
2.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Dem Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Kenzingen vom 18.07.2007 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt ... beigeordnet.
Mit Schriftsatz vom 20.05.2008 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung der aus der Staatskasse festzusetzenden Vergütung in Höhe von insgesamt 654,50 Euro. Dabei wurde eine Verfahrensgebühr in Höhe von 275,60 Euro nach Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses -VV- (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) auf Basis eines 1,3-fachen Gebührensatzes nach der Tabelle in § 49 RVG in Ansatz gebracht. Am 29.07.2008 setzte die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Lahr als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf insgesamt 443,34 Euro fest.
Dabei wurde die Hälfte einer Geschäftsgebühr auf der Basis eines 1,3-fachen Gebührensatzes nach der Tabelle in § 13 Abs. 1 RVG (354,90 Euro) in Abzug gebracht; diese Anrechnung führte zu einer festgesetzten Verfahrensgebühr in Höhe von 98,15 Euro.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der gemäß § 56 RVG als Erinnerung auszulegenden Beschwerdeschrift vom 04.08.2008 geltend gemacht, dass bei der Festsetzung der PKH-Vergütung keine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr erfolge, da der beigeordnete Anwalt im Umfang und für die Dauer der Bewilligung der PKH Vergütungsansprüche gegen seinen Mandanten nicht geltend machen kann.
Auf die Stellungnahme des Herrn Bezirksrevisors hat die Rechtspflegerin dieser Erinnerung dahingehend abgeholfen, dass noch weitere 47,18 Euro (39,65 Euro nebst Umsatzsteuer) festgesetzt wurden. Dies resultiert daraus, dass nunmehr die Verfahrensgebühr um den hälftigen Satz der unter Anwendung der Tabelle nach § 49 RVG berechneten Gebühr vermindert wurde.
II.
Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet.
Der Erinnerungsführer stützt seine Auffassung, dass eine Anrechnung nicht zu erfolgen habe, im Wesentlichen auf die Entscheidung des OLG Stuttgarts vom 15.01.2008 -8 WF 5/08-. Insoweit ist festzustellen, dass der 8. Senat des OLG Stuttgarts im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 22.01.2008 - VIII ZB 57/07-, in der der Bundesgerichtshof seine Auffassungen zu Anrechnung einer vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bekräftigt hat, seine ursprünglichen Ansichten modifiziert hat (OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.01.2009 -8 WF 211/08-).
1.
Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr scheidet nicht aus dem Grunde aus, dass die Geschäftsgebühr wegen der Möglichkeit der Beantragung von Beratungshilfe nicht angefallen ist.
Der Anfall einer Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2300 ist ausgeschlossen, wenn der Partei für die vorgerichtliche Vertretung Beratungshilfe bewilligt wurde. Eine Anrechnung nach RVG VV Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 setzt den Anfall einer Geschäftsgebühr voraus, so dass nur eine Geschäftsgebühr nach RVG VV-Nr. 2503 zur Anrechnung kommt (vgl. dazu Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 27.11.2008 -13 OA 190/08, entgegen OLG Schleswig, Beschluss vom 11.03.2008 -15 WF 356/07-).
Im vorliegenden Fall ist es nicht ersichtlich, dass die vorgerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Rahmen von Beratungshilfe erfolgte. Allerdings legen die im Rahmen des Beratungshilfeverfahrens vorgelegten Unterlagen den Schluss nahe, dass die Voraussetzungen einer Beratungshilfebewilligung bei dem Kläger bereits bei der vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit vorlagen.
Das Gericht folgt nicht der von dem OLG Stuttgart (Beschluss vom 13.01.2009 -8 WF 5/08-) vertretenen Ansicht, dass bereits bei Vorliegen von Anhaltspunkten, dass der Rechtssuchende zu den zur Gewährung von Beratungshilfe Berechtigten gehören könnte, allenfalls eine hälftige Gebühr nach RVG VV-Nr. 2503 abzuziehen ist.
Es trifft zwar zu, dass ein Anwalt gehalten ist, sofern er Anhaltspunkte dafür hat, dass der Rechtssuchende zum Kreis der nach BerHG berechtigten gehört, den Rechtssuchenden auf die Möglichkeit von Beratungshilfe hinzuweisen. Ebenso ist es zutreffend, dass nach § 4 Abs. 2 Satz 4 BerHG ein Antrag auf Gewährung von Beratungshilfe auch nachträglich gestellt werden kann, wenn sich der Rechtssuchende wegen Beratungshilfe unmittelbar an einen Rechtsanwalt gewendet hatte. Nach der Rechtsprechung dieses Gerichtes im Bereich der Beratungshilfe setzt allerdings ein solcher nachträglicher Antrag voraus, dass sich der Rechtssuchende wegen Beratungshilfe an den Rechtsanwalt gewandt hatte. Ist der vorprozessuale Auft...