Tenor

1. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 02.12.2020 zu TOP 6 wird für ungültig erklärt.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 6.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerseite begehrt die Ungültigkeitserklärung eines Beschlusses, wonach ein bislang als Stellfläche genutzter Bereich des Gemeinschaftseigentums zukünftig nicht mehr als Parkplatz genutzt werden darf.

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Der etwas anders gepflasterte Bereich hinter dem auf dem Bild zu sehenden PKW (Bl. 77 d.A.) wurde in der Vergangenheit von der Kreissparkasse, ebenfalls einem Mitglied der Beklagten, als Parkplatz genutzt. Mit Schreiben vom 06.11.2020 wurden die Eigentümer zur Eigentümerversammlung vom 02.12.2020 eingeladen. Im Anhang findet sich die angekündigte Tagesordnung. Zur streitgegenständlichen Problematik findet sich folgender Tagesordnungspunkt (Bl. 22 d.A.):

„6.) Vermietung der Fläche hinter dem Parkplatz „A” an der Kreissparkasse Rückseite für 5 Jahre durch Losverfahren/den Meistbietenden.”

Im Rahmen der Eigentümerversammlung wird dann folgender Beschluss zur Entscheidung gestellt (Bl. 6 d.A.):

„Die Fläche wird nicht vermietet. Es wird ein Parkverbot Schild mit dem Hinweis auf Abschleppen angebracht. Die Verwaltung wird beauftragt, in entsprechenden Fällen den PKW abschleppen zu lassen.”

Dieser Beschluss wurde einstimmig angenommen.

Der Kläger ist der Ansicht, der Beschluss verstoße gegen § 23 Abs. 2 WEG. Zudem widerspreche der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung. Eine ausreichende Information und Vorbereitung dieses – im Vergleich zur Einladung – abweichenden Beschlussantrages sei nicht erfolgt.

Der Kläger beantragt daher

wie austenoriert,

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass dieser Beschluss einen Negativbeschluss darstelle und die Ablehnung der Vermietung daher nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche, wenn der Kläger einen Anspruch auf Ausweisung und Vermietung des Stellplatzes habe. Zudem behauptet die Beklagte der Beschluss wäre auch bei anderer Einladung so getroffen worden. Die Behauptung es stünden der Vermietung öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, wird nicht mehr aufrechterhalten.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Der Beschluss zu TOP 6 ist ungültig. Dieser widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.

1. Bei der Entscheidung über das „Ob” einer Vermietung einer Gemeinschaftsfläche müssen die wesentlichen Gesichtspunkte, die für und gegen eine Vermietung sprechen, ermittelt werden und vor der Beschlussfassung zur Verfügung stehen. Denn die Wohnungseigentümer halten sich nur dann im Rahmen des ihnen in Bezug auf Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zustehenden Beurteilungsspielraums, wenn sie ihre Entscheidung auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage treffen (BGH, Beschluss vom 14.3.2018 – V ZB 131/17, NJW 2018, 1749 Rn. 14).

Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite sind hier nicht die Grundsätze über die Anfechtung eines sog. Negativbeschlusses anzuwenden. Die Gemeinschaft hat hier keinen klassischen Negativbeschluss getroffen, also einen Beschlussantrag abgelehnt, sondern einen neuen anderen Beschluss gefasst. Dass hier inhaltlich eine negative Entscheidung über die Vermietung getroffen wurde, macht den Beschluss rechtlich nicht zu einem Negativbeschluss, also zur Ablehnung eines Beschlussantrages. Die in der Einladung angesprochene Entscheidung darüber, wer die Stellfläche anmieten kann, lässt eine negative Entscheidung nicht zu. Denn Ergebnis kann nur sein, wer der Eigentümer den Zuschlag bekommt.

2. Die erforderliche Tatsachengrundlage ist hier vor der Beschlussfassung für diesen anderen Antrag nicht geschaffen worden.

a) Erforderlich wäre hier nach den oben dargestellten Grundsätzen gewesen, die genauen Abstände und die Durchfahrtsbreite zu ermitteln, die Probleme, die abgestellte Fahrzeuge mit sich bringen in Häufigkeit und Intensität zu bestimmen, Alternativen zu ermitteln bzw. auszuschließen (Anbringen eines Pfostens, anderer Abstellplatz der Mülltonnen, farbliche Markierung der Stellfläche, etc.), den finanziellen Vorteil einer Vermietung zu bestimmen, die Situation in der Vergangenheit in den Blick zu nehmen, etc.

b) Eine entsprechende Vorbereitung der Entscheidung hat nicht stattgefunden und konnte – so die Verwaltung – auch nicht stattfinden.

Die Verwaltung ging – so ihre Aussage – bis zur Diskussion um TOP 6 davon aus, dass es ausschließlich – wie sich auch aus der Einladung zur Eigentümerversammlung ergibt – um die Frage gehen wird, wer die Stellfläche anmietet. Erst in der Versammlung soll sich dann herausgestellt h...

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