Leitsatz (amtlich)
Ein Inkassounternehmen ist nicht befugt, für einen Gläubiger einen Erbschein zu beantragen oder sonst als Bevollmächtigter eines Verfahrensbeteiligten vor dem Nachlassgericht aufzutreten.
Normenkette
ZPO § 792; FamFG §§ 10-11; ZPO § 79 Abs. 2 S. 1 Nr. 4
Tenor
1.
Die Firma E. als wird Vertreterin der Antragstellerin zurückgewiesen.
2.
Der Antragstellerin wird aufgegeben, binnen zwei Wochen eine Vollmacht oder Vollmachten schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen, aus welchen sich ergibt, dass Frau [...] und Frau [...] sowie Herr [...] wirksam ermächtigt worden seien, die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren zu vertreten.
3.
Der Antragstellerin wird aufgegeben, binnen zwei Wochen an Eides statt zu versichern, ob und welche sonstigen Verfügungen des Erblassers von Todes wegen vorhanden sind und ob die Erbin die Erbschaft angenommen hat. Falls die Nachweise nach Ziff. 2 nicht vollständig beigebracht werden, hat die Antragstellerin zudem die eidesstattlichen Versicherungen des Herrn [...] erneut abzugeben, und zwar ebenfalls binnen zwei Wochen.
Gründe
I.
Frau [...] und Frau [...], handelnd für das Inkassounternehmen E., beantragen die Erteilung eines Erbscheins, welcher die Ehefrau des Erblassers als dessen Erbin ausweist. Mithilfe des Erbscheins soll ein Vollstreckungsbescheid, welcher die Antragstellerin als Gläubigerin und den Erblasser als Schuldner ausweist, auf die Ehefrau des Erblassers umgeschrieben werden. Herr [...], wiederum handelnd für die Firma E., hat eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Akte Bezug genommen.
II.
1.
Der Erbscheinsantrag vom 02.09.2010 ist dahin auszulegen, dass die Firma E. in Vertretung der Antragstellerin handelt, denn ein Antragsrecht aus § 792 ZPO steht nur der Antragstellerin als Titelgläubigerin zu.
Nach § 10 FamFG war die Firma E. als Bevollmächtigte der Antragstellerin zurückzuweisen. Die Vertreterin der Antragstellerin ist weder Rechtsanwalt noch Rechtsanwaltsgesellschaft. Sie ist auch nicht Beschäftigte der Antragstellerin oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes). Als Inkassounternehmen ist sie zur Vertretung ihrer Kunden vor dem Nachlassgericht nicht befugt (Umkehrschluss zu § 79 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO; vgl. auch BVerfG, 1 BvR 1632/10 vom 23.08.2010).
Insoweit ist der Beschluss unanfechtbar (§ 10 FamFG).
2.
Die Fristsetzung beruht auf § 11 FamFG. Nach § 10 FamFG bleiben Verfahrenshandlungen, die ein nicht vertretungsbefugter Bevollmächtigter bis zu seiner Zurückweisung vorgenommen hat, und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten wirksam. Voraussetzung ist aber, dass dem Vertreter überhaupt eine Vollmacht erteilt war, welche zur Vertretung vor dem Nachlassgericht ermächtigte, was bislang nicht nachgewiesen ist. Wird der Nachweis nicht erbracht, wird der Erbscheinsantrag als unzulässig zurückzuweisen sein.
3.
Die weiteren Auflagen dienen dazu, die Voraussetzungen für die Erteilung des begehrten Erbscheins nach den §§ 2355, 2356 BGB zu schaffen.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Fundstellen
Haufe-Index 4712398 |
ErbR 2011, 31 |
NJW-Spezial 2010, 744 |