Verfahrensgang

AG Meldorf (Entscheidung vom 24.03.2011; Aktenzeichen 81 C 1534/10)

 

Tenor

  • 1.

    Ziff. 1 des Beschlusses des Amtsgerichts Meldorf vom 24.03.2011 zum Az. 81 C 1534/10 wird dahin geändert, dass der Wert des Vergleichs den Wert des Verfahrensgegenstandes um 6.820 Euro (nicht: 2.200 Euro) übersteigt.

  • 2.

    Der Beschwerde der Beklagten gegen Ziff. 1 des Beschlusses des Amtsgerichts Meldorf vom 24.03.2011 wird nicht abgeholfen.

 

Gründe

I.

Die Kläger haben die Beklagten auf Räumung eines Wohnhauses (Klageantrag zu 1), auf Zahlung von in der Hauptsache 1.100 Euro rückständiger Mieten für die Monate August und September 2010 (Klageantrag zu 2) sowie auf Feststellung, dass die Beklagten eine monatliche Nutzungsentschädigung von 550 Euro bis zur vollständigen Räumung zu zahlen haben (Klageantrag zu 3), verklagt. Das Wohnhaus war den Beklagten gegen Zahlung einer Monatsmiete von 550 Euro, davon 100 Euro Nebenkostenvorauszahlung, überlassen worden.

Mit Beschluss vom 16.12.2010 ist der Streitwert für die Gerichtsgebühren vorläufig auf 24.980 Euro festgesetzt worden. Zur Begründung ist angegeben worden:

"Der Wert des Klageantrags zu 1 beträgt 5400 Euro (12 x 450 Euro).

Der Wert des Klageantrags zu 2 beträgt 1100 Euro.

Der Wert des Klageantrags zu 3 beträgt 18.480 Euro (42 x 550 Euro x 80%). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich der Wert einer Klage auf Zahlung künftigen Mietzinses nach § 9 ZPO (BGH, NZM 2004, 423). Dies gilt auch für Klagen auf Zahlung künftiger Nutzungsentschädigung (OLG Hamm, FamRZ 2008, 1208). Weil vorliegend nur Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung künftiger Nutzungsentschädigung begehrt wird, sind 80% des Werts nach § 9 ZPO in Ansatz zu bringen."

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.03.2011 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, mit dem sich die Beklagten zur Räumung, zur Zahlung von 3.300 Euro an Miete bzw. Nutzungsentschädigung für die Monate August 2010 sowie November 2010 bis März 2011 sowie für die Zukunft zur Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 550 Euro bis zur vollständigen Räumung verpflichtet haben.

Der Streitwert für die Gerichtsgebühren ist mit Ziff. 1 des Beschlusses vom 24.03.2011 auf 24.980 Euro festgesetzt worden, wobei der Wert des Vergleichs diesen Wert um 2.200 Euro übersteige. Zur Begründung ist auf den Beschluss vom 16.12.2010 Bezug genommen worden.

Mit Eingang am 11.04.2011 legen die Beklagten Beschwerde gegen Ziff. 1 des ihnen am 05.04.2011 zugestellten Beschlusses ein und beantragen, den Streitwert auf 13.100 Euro festzusetzen. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des OLG Stuttgart vom 17.01.2011 zum Az. 5 U 158/10 vertreten sie die Auffassung, der Wert des Feststellungsantrags (Klageantrag zu 3) beschränke sich auf eine Jahresbruttomiete von 6.600 Euro.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes ist zutreffend auf 24.980 Euro festgesetzt worden. Insoweit wird auf die Gründe des Beschlusses vom 16.12.2010 Bezug genommen.

Insbesondere beträgt der Wert des Antrags der Kläger, festzustellen, dass die Beklagten bis zur vollständigen Räumung eine monatliche Nutzungsentschädigung von 550 Euro zu zahlen haben, 18.480 Euro, nämlich 80% von 42 x 550 Euro (§§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 9 ZPO). § 9 ZPO ist auf diesen Feststellungsantrag anwendbar (OLG Stuttgart, 13 W 3/97 vom 07.02.1997; für Mietzahlungen auch BVerfG, NJW 1996, 1531; BGH, NJW-RR 2005, 938; BGH, NZM 2004, 824; a.A. noch BGH, NJW 1958, 1967 für Mietzinsen; OLG Stuttgart vom 17.01.2011 zum Az. 5 U 158/10; OLGR Nürnberg 2006, 318; KG, 12 W 46/05 vom 22.12.2005; KGR Berlin 2000, 234; OLGR Frankfurt 2004, 201; OLG Karlsruhe, MDR 1977, 407; LG Bonn, 6 S 36/09 vom 01.07.2009; LG Köln, 1 T 231/07 vom 10.09.2007; LG Potsdam, 11 T 68/06 vom 11.10.2007; LG Dessau, 2 O 620/05 vom 28.06.2006), weil § 546a BGB ein Recht auf wiederkehrende Geldleistungen begründet. § 41 Abs. 1 GKG ist auf die vorliegende Fallkonstellation dagegen nicht anwendbar (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 938).

Soweit der Anwendungsbereich des § 9 ZPO teilweise teleologisch auf Rechte reduziert wird, die typischerweise von Dauer sind (RGZ 81, 373; BGHZ 36, 144; OLG Stuttgart vom 17.01.2011 zum Az. 5 U 158/10; OLGR Nürnberg 2006, 318; KG, 12 W 46/05 vom 22.12.2005; a.A. OLG Stuttgart, 13 W 3/97 vom 07.02.1997), ist eine solche teleologische Reduktion nicht angezeigt. Eine teleologische Reduktion griffe in das Grundrecht der mit der Sache befassten Rechtsanwälte aus Art. 12 GG ein, weil eine Minderung des Streitwerts den Gebührenanspruch der Prozessbevollmächtigten minderte (vgl. BVerfGK 6, 130). Dieser Grundrechtseingriff ist aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Zweck des § 9 ZPO heraus nicht zu rechtfertigen.

§ 9 ZPO ist seinem Inhalt nach eindeutig und keiner abweichenden Auslegung zugänglich (BVerfG, NJW 1996, 1531). Im Wortlaut des § 9 ZPO findet sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass nur typischerweise dauerhafte Rechte erfasst sein sollten (ebenso RGZ 81, 373, 376).

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