Entscheidungsstichwort (Thema)
Kauf. eBay. Angebotsrücknahme
Leitsatz (amtlich)
Der Verkäufer bei eBay ist nicht berechtigt, sein Verkaufsangebot zurückzunehmen, weil er zwischenzeitlich den Kaufgegenstand anderweitig gewinnbringender verkauft hat.
Normenkette
BGB §§ 280-281, 433
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 294,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.09.2010 zu zahlen und den Kläger von 46,41 EUR vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 88 % und der Beklagte 12 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Gegenseite Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Beklagte hatte seinen Pkw P. D., Erstzulassung Dezember 1993, Laufleistung: 260.000 km, am 22.06.2010 für einen Tag mit einem Mindestgebot von 1 EUR zur Auktion bei eBay eingestellt. Daneben hatte er das Fahrzeug zeitgleich aber auch zum Verkauf auf der Internetplattform "mobile.de" eingestellt.
Bis 10 Minuten vor Auktionsende lag der Kläger mit einem Gebot von 605,99 EUR als Meistbietender vorn. Der Beklagte hat dann jedoch die Auktion bei eBay abgebrochen bzw. hat anfragen lassen, ob der Kläger mit einem Abbruch einverstanden sei, was dieser verneint hat. Mit Abbruch der Auktion um 13:51 Uhr blieb der Kläger mit 605,99 EUR Meistbietender.
Der Beklagte hat die Auktion bei eBay kurz vor deren Ende abgebrochen, weil er nach seinem Vortrag ein höheres Gebot über 750 EUR auf der Internetplattform "mobile.de" hatte erzielen können.
Aufforderungen des Klägers, ihm als Meistbietenden das streitgegenständliche Fahrzeug gegen Zahlung von 605,99 EUR zu übereignen, kam der Beklagte nicht nach.
Nunmehr verlangt der Kläger von dem Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung und behauptet hierzu, der Verkehrswert des Fahrzeuges habe zum damaligen Zeitpunkt 3000 EUR betragen, sodass sich abzüglich seines Gebotes von 605,99 EUR sein Nichterfüllungsschaden auf 2394,01 EUR berechne.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von 2394,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.09.2010 zu zahlen und ihn von den außergerichtlichen Kosten der anwaltlichen Inanspruchnahme in Höhe von 446,13 EUR freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet, er habe das Fahrzeug anderweitig verkauft und übereignet. Er ist der Ansicht, nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay sei er aufgrund des anderweitigen Verkaufs zum Widerruf wie auch zur Anfechtung seines Verkaufsangebotes berechtigt gewesen. Im Übrigen seien die AGB unwirksam.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Das Gericht hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 09.03.2011 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen C. vom 15.06.2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur in der zuerkannten Höhe begründet und war im Übrigen als unbegründet abzuweisen.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages gemäß §§ 281, 280 Abs. 1 BGB in Höhe von 294,01 EUR.
Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Kaufvertrag im Sinne des § 433 BGB über den streitgegenständlichen Pkw P. D. am 22.06.2010 zustande gekommen, weil der Beklagte mit der Einstellung des Artikels zur Verkaufsauktion ein verbindliches Angebot an den Meistbietenden abgegeben und der Kläger dieses Angebot als Meistbietender angenommen hat, sodass gemäß §§ 145 ff. BGB der Vertrag wirksam geschlossen wurde.
Unstreitig ist nach den AGB von eBay die Widerrufsmöglichkeit gemäß § 130 Abs. 1 BGB bis zum Auktionsende ausgeschlossen. Hiergegen bestehen keine rechtlichen Bedenken, sodass auch nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Vertragsschluss mit dem Meistbietenden erfolgt ist (vergleiche: BGH, NJW 2005, 53; BGH, NJW 2002, 363; BGH, Urteil vom 08.06.2011, Aktenzeichen: VIII ZR 305/10; OLG Oldenburg, NJW 2005, 2556; Kammergericht, NJW 2005, 1053; LG Berlin, NJW-RR 2009, 132; LG Koblenz, MMR 2009, 419; AG Menden, NJW 2004, 1329).
Der Beklagte war nach den AGB von eBay auch nicht berechtigt, die Auktion vorzeitig zu beenden und seine auf den Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung zu widerrufen bzw. anzufechten, weil er das Fahrzeug nach eigener Behauptung anderweitig gewinnbringender verkauft hat.
Der BGH hat in seinem neuesten Urteil zur Problematik vom 08.06.2011 (s.o.) ausgeführt, dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay keinen Bedenken begegnen, die Auslegung der beiderseitigen Willenserklärungen anhand dieser AGB vorzunehmen is...