Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Beschlußanfechtung
Tenor
1) Die in der Eigentümerversammlung vom 07.03.1988 zu den Tagesordnungspunkten 11.1 und 11.2 gefaßten Beschlüsse über den Anschluß an das Breitbandkabelnetz der Deutschen Bundespost werden für ungültig erklärt.
2) Die Antragsgegner tragen samtverbindlich die Gerichtskosten. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
3) Der Geschäftswert wird auf 60.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin einer mit der Nummer 24 bezeichneten Wohnung in den eingangs genannten Anwesen in München und gehört als solche der sich im übrigen aus den Antragsgegnern zusammensetzenden Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in diesen Anwesen an, die von der Neuen Heimat verwaltet werden. § 18 Abs. 3 der für diese Wohnanlage maßgebenden Teilungserklärung wiederholt zur Ersatzversammlung nur den Gesetzestext, und der nachfolgende Absatz 5 geht nach Anlage III zu dieser Teilungserklärung von einem modifizierten Wertprinzip aus. Die §§ 3 und 4 der Gemeinschaftsordnung sagen ferner nichts über die Antennenanlage als Gemeinschaftseigentum.
Nachdem verschiedentlich der Wunsch geäußert worden war, sich ans Kabelfernsehen anzuschließen, lud die Verwalterin unter dem 22.02.1988 zu einer Eigentümer Versammlung, die am 07.03.1988 stattfinden und in der unter anderem
als Punkt 11.1
eine Beschlußfassung über Kabel fernsehen
und als Punkt 11.2
die Ermächtigung der Verwaltung, die Zustimmung als Hauseigentümer in bezug auf Kabelfernsehen erteilen zu dürfen
auf der Tagesordnung stehen sollten. Diese Versammlung war zunächst nicht beschlußfähig und wurde „vertagt”. Eine halbe Stunde später wurde die Ersatzversammlung eröffnet, die nach dem vorgelegten Protokoll mit 687,39/1000 anwesenden oder vertretenen Stimmen letztlich doch beschlußfähig war und die zunächst über folgenden Antrag zu entscheiden hatte:
Die Eigentümer werden an das Kabelfernsehen angeschlossen. Die alte Antennenanlage wird stillgelegt. Die Finanzierung dieser Maßnahme erfolgt aus dem laufenden Wirtschaftsplan.
Dieser Antrag wurde „bei 13 Gegenstimmen mit großer Mehrheit” angenommen.
Sodann hatte die Versammlung noch über folgenden ergänzenden Antrag zu entscheiden:
Der Verwalter wird ermächtigt, die Zustimmung für den Hauseigentümer in bezug auf Kabel fernsehen zu erteilen.
Auch dieser Antrag wurde „bei acht Gegenstimmen mit großer Mehrheit” angenommen.
Mit bei Gericht am 07.04.1988 eingegangenem Schriftsatz vom 06.04.1988 ficht nun die Antragstellerin diese beiden Beschlüsse in der Meinung an, das bei der Abstimmung angewandte Kopfprinzip sei mit der Teilungserklärung nicht vereinbar, ebenso nicht die gleichzeitig einberufene Eventualversammlung. Außerdem seien nur die Nein-Stimmen ausgezählt worden, so daß zwischen Ja-Stimmen und Enthaltungen kein Unterschied gemacht worden sei. Im übrigen bedürfe der Kabelanschluß der Einstimmigkeit, so daß die Antragstellerin letztlichbeantragt,
diese Beschlüsse für ungültig zu erklären,
während die Antragsgegnerbeantragen,
diesen Antrag zurückzuweisen,
weil die aus dem Jahre 1966 stammende Antennenanlage seit langem nicht mehr den Bestimmungen der Bundespost entspreche. Im übrigen sei die Erneuerung der bisherigen Antennenanlage um etwa 4.000,– DM teurer als die Anschlußgebühr fürs Kabel.
Auf die für diese Wohnanlage maßgebende Teilungserklärung, auf die eingereichten Beschlußgrundlagen sowie auf die gewechselten Schriftsätze darf ergänzend Bezug genommen werden.
II.
Der Antrag ist zutreffenderweise im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend gemacht worden, § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG. Als Eigentümer ihrer Wohnung ist die Antragstellerin auch befugt, eine solche Überprüfung zu veranlassen. Ihr Antrag ist ferner rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist bei Gericht eingegangen. Darüber hinaus sind Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags weder vorgebracht noch sonst ersichtlich.
Sachlich war den Anträgen stattzugeben.
Allerdings ist der Beschluß zunächst ordnungsgemäß zustande gekommen. Die Tatsache, daß er in einer an sich unzulässigen Ersatzversammlung gefaßt wurde, ist dann nicht mehr relevant, wenn diese Ersatzversammlung die Beschlußfähigkeit einer Erstversammlung erreicht hat. Sinn der gesetzlichen Bestimmung ist nur, Überraschungsentscheidungen einer Minderheit zu verhindern, und dieses Ziel bleibt gewahrt, wenn letztlich die Mehrheit da ist. So gibt das Verfahren keinen Anlaß, von der bisherigen ständigen Praxis aller Instanzen abzugehen. Dieser ständigen Praxis entspricht es auch, einen Beschluß, der nach Köpfen und so nach einem unzulässigen Abstimmungsmodus gefaßt wurde, dann aufrechtzuerhalten, wenn nach dem Ergebnis eindeutig feststeht, daß er auch nach Tausendsteln eine klare Mehrheit gefunden hätte. Diesbezüglich ist in der Verhandlung vom 29.07.1988 zwischen den Beteiligten auch Einigkeit erzielt worden. Es ist schließlich zulässig, bei der Abstimmung von hinten anzufangen, nämlich bei den Nein-Stimmen, dann zu den Enthaltungen zu ...