Tenor
1. Die Beschlüsse zu TOP 3 und TOP 4 der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.04.2020 werden für ungültig erklärt.
2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist in Ziff. 2. vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 86.900,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Gegenstand der Klage ist die Anfechtung der zu TOP 3 und 4 der Eigentümerversammlung vom 27.04.2020 gefassten Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft …
Mit Schreiben vom 08.04.2020 lud die Beigeladene für den 27.04.2020 zu einer außerordentlichen Eigentümerversammlung als sog. „Ein-Mann-Versammlung” ein. Das Einladungsschreiben enthielt den Hinweis, im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie sei die Abhaltung einer Eigentümerversammlung bis Ende April 2020 und gegebenenfalls auch eine Ungewisse Zeit danach nicht durchführbar. Man habe deshalb lediglich die Möglichkeit, „auf die vom Gesetzgeber in dieser besonderen Situation geschaffene Lösung zurückzugreifen und eine sog. Ein-Mann-Versammlung durchzuführen”. Hierzu werde der Versammlungsort in die Geschäftsräume der Verwaltung verlegt und die Beschlussfassung mittels Auszählung der detaillierten Vollmachten vollzogen. Die Eigentümer wurden gebeten, von ihrer Vollmacht Gebrauch zu machen und entsprechende Weisung zu dem jeweiligen Tagesordnungspunkt zu erteilen, um trotz der bestehenden Versammlungsbeschränkungen einen Beschluss fassen zu können. Abschließend enthielt die Einladung erneut den Hinweis, dass der Gesetzgeber in dieser besonderen Situation die Durchführung einer Ein-Mann-Versammlung erlaube.
Die Versammlung wurde in den Geschäftsräumen der Beigeladenen dergestalt durchgeführt, dass allein der Geschäftsführer der Verwalterin anwesend war, zugleich als Versammlungsleiter und als Vertreter der Wohnungseigentümer.
In der Eigentümerversammlung vom 27.04.2020 wurden unter TOP3 und 4 mehrheitlich die angegriffenen Beschlüsse gefasst.
Im Nachgang zur Eigentümerversammlung vom 27.04.2020 wurden die Vergleichsgespräche mit der … intensiviert und ein konkreter Vergleichstext ausgearbeitet. Auf der Eigentümerversammlung vom 26.06.2020 genehmigten die Eigentümer mehrheitlich den so verhandelten Vergleich. Diese Beschlussfassung ist Gegenstand des vom Kläger vor dem Amtsgericht München unter dem Aktenzeichen 1293 C 12793/20 WEG geführten Beschlussanfechtungsverfahrens.
Der Kläger ist u.a. der Ansicht, die gefassten Beschlüsse seien nichtig, da es für die Durchführung der Eigentümerversammlung als Vertreterversammlung keine Rechtsgrundlage gäbe. Eine Vereinbarung über die Abhaltung einer Einmannversammlung existiere nicht. Selbst wenn man in der Abgabe der Vertretungsvollmacht die Zustimmungserklärung einzelner Wohnungseigentümer zur Durchführung einer Einmannversammlung sehen wolle, fehle es an der erforderlichen Einstimmigkeit, da diejenigen Wohnungseigentümer, welche in der Einmannversammlung nicht vertreten waren, eine derartige Vertretungsvollmacht nicht abgegeben hätten. Die persönliche Teilnahme an einer Wohnungseigentümerversammlung am 27.04.2020 hätte aufgrund des Gesetzes gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Die von der Beigeladenen eigenmächtig und unberechtigt durchgeführte Einmannversammlung habe dazu geführt, dass das Teilnahme- und Stimmrecht der einzelnen in der Versammlung nicht vertretenen Wohnungseigentümer in rechtswidriger Weise ausgeschlossen worden sei. Dies stelle einen derart schweren Eingriff in den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte dar, dass auf die hypothetische Kausalität, ob und inwieweit die nicht vertretenen Eigentümer persönlich an der Versammlung hätten teilnehmen und ihr Stimmrecht ausüben können, nicht abzustellen sei. Da das Anfechtungsrecht im Interesse der Gesamtheit der Mitglieder an einer ordnungsgemäßen Verwaltung liege, schließe die Tatsache, dass der Kläger selbst eine Vertretungsvollmacht abgegeben habe, die Anfechtung der Beschlüsse nicht aus.
Der Kläger beantragt:
Die Beschlüsse zu TOP 3 und TOP 4 der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.04.2020 werden für ungültig erklärt.
Die Beklagten beantragen:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagten sind der Ansicht, im Hinblick auf die Beschlussfassungen vom 26.06.2020 bestehe für die vorliegende Klage kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. I. ü. entsprächen die gefassten Beschlüsse ordnungsgemäßer Verwaltung.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 29.10.2020. Beweis wurde nicht erhoben.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
1. Das Amtsgericht München ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, §§ 43 Nr. 4 WEG, 23 Nr. 2 c GVG.
2. Die Beschlussfassun...