Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Stimmrechtsvollmacht und neue Tagesordnungspunkte einer nachfolgenden "Ergänzungseinladung"
Tenor
Der Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 02.12.1992 zu TOP 1 b (Neuwahl des Verwalters) wird für unwirksam erklärt.
Die Gerichtskosten tragen die Antragsgegner.
Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
Gründe
Die Beteiligten zu 1. – 88. bilden die im Rubrum genannte Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligte zu 89. ist die Verwalterin des Objekts. Mit Schreiben vom 03.11.1992, auf das im einzelnen verwiesen wird (Bl. 30 d. A.), lud die Verwalterin die Wohnungseigentümer zur Eigentümerversammlung auf den 02.12.1992 ein. Dem Einladungsschreiben war ein Vordruck, zur Abgabe einer Vertretungsvollmacht beigefügt. Mit Schreiben vom 11.11.1992 forderte der Antragsteller zu 1. die Beteiligte zu 89. auf, die Tagesordnung um die Punkte „Vorstellung von Bewerbern für die Verwaltertätigkeit” und „Neuwahl des Verwalters” zu ergänzen. Die Beteiligte zu 89. kam dieser Aufforderung mit Schreiben vom 23.11.1992, auf das verwiesen wird (Bl. 32 d. A.), nach. Ihr wurden u. a. von den Miteigentümern (Vollmacht vom 11.11.1992), (Vollmacht vom 23.11.1992), (Vollmacht vom 18.11.1992), (Vollmacht vom 24.11.1992) und Schwentker (Vollmacht vom 17.11.1992) auf ihren Namen lautende Stimmrechtsvollmachten erteilt. Auf der Eigentümerversammlung vom 02.12.1992 wurde die Beteiligte zu 89. mit Stimmenmehrheit für die Zeit vom 01.05.1993 bis 30.04.1997 zur neuen Verwalterin bestellt (TOP 1 b). Nach dem Inhalt des Versammlungsprotokolls ergab sich folgendes Abstimmungsergebnis:
- „278,818 MEA für die
- 149,072 MEA für die
- 109,257 MEA für die”
Die Mehrheit für die Beteiligte zu 89. beruhte auf den auf ihren Namen abgegebenen Stimmrechtsvollmachten.
Mit dem vorliegenden Antrag begehren die Antragsteller die Neuwahl der Beteiligten zu 89. für unwirksam zu erklären. Sie tragen vor, die von der Verwalterin zu ihren Gunsten eingesetzten Stimmrechtsvollmachten seien zu einem Zeitpunkt erteilt worden, als den Eigentümern die Ergänzung der Tagesordnung noch nicht bekannt gewesen sei, so daß sich diese Stimmrechtsvollmachten nur auf die in der Einladung vom 03.11.1992 genannten Tagesordnungspunkte bezogen hätten. Ohne diese Vollmachten sei ein Mehrheitsbeschluß zugunsten der Beteiligten zu 89. nicht zustandegekommen.
Die Antragsteller beantragen,
den Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 02.12.1992 zu TOP 1 b (Neuwahl des Verwalters) für unwirksam zu erklären und aufzuheben.
Die Beteiligte zu 89. beantragt,
den Antrag zurückzuweisen
Die Beteiligte zu 89. vertritt die Auffassung, daß sich die ihr erteilten Stimmrechtsvollmachten auch auf den TOP „Neuwahl des Verwalters” bezogen hätten. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 11.05.1993 (BL. 145 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Beteiligte zu 10. bezweifelt die Rechtswirksamkeit der Stimmrechtsvollmachten, da diese im großen Umfang erteilt worden seien, bevor die Eigentümer von dem Tagesordnungspunkt „Neuwahl des Verwalters” Kenntnis erlangt hätten.
Der Antrag vom 22.12.1992 ist gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG zulässig, denn er betrifft die Gültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. Die Beteiligten zu 6. – 89. sind gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG von Amts wegen zu beteiligen.
Der Antrag ist auch begründet.
Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 89. ist diese auf der Eigentümerversammlung vom 02.12.1992 nicht ab 01.05.1993 zur neuen Verwalterin bestellt worden, denn ein Mehrheitsbeschluß ist zu ihren Gunsten nicht zustandegekommen. Gemäß § 26 Abs. 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer über die Bestellung des Verwalters mit Stimmenmehrheit. Ausreichend ist gemäß § 13 Nr. 1 Satz 5 der Teilungserklärung die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei sich gemäß § 13 Nr. 1 Satz 3 der Teilungserklärung das Stimmrecht der Wohnungseigentümer nach Miteigentumsanteilen bestimmt. Auf der Grundlage dieser Stimmrechtsregelung hätten auf die Beteiligte zu 89. von den aufgeführten anwesenden bzw. vertretenen 537.147 Miteigentums an teilen (soweit das Protokoll vom 02.12.1992 538.147 MEA ausweist, handelt es sich ersichtlich um einen Additionsfehler), mindestens 269.573 Miteigentumsanteile entfallen müssen, um zu ihren Gunsten einen Mehrheitsbeschluß feststellen zu können.
Zwar weist das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 02.12.1992 ein Abstimmungsergebnis von 278.818 MEA für die Beteiligte zu 89. aus, bei der Stimmrechtsauszählung sind jedoch mindestens die von den Miteigentümern … innegehaltenen 52.821 Miteigentumsanteile (vgl. Bl. 28 d. a.), nicht zu berücksichtigen, weil die von diesen Miteigentümern abgegebenen Stimmrechtsvollmachten sich nicht auf den TOP „Neuwahl des Verwalters” bezogen. Dies ergibt die Auslegung der von den bezeichneten Miteigentümern erteilten Stimmrechtsvollmachten gemäß §§ 133, 157, 242 BGB. Maßgebend für den Umfang der Vollmacht ist danach grundsätzlich der erkennbare Wille des Ve...