Normenkette

§ 23 WEG, § 24 WEG, § 25 WEG, § 133 BGB, § 157 BGB, § 242 BGB

 

Kommentar

Wird dem Verwalter von einem Eigentümer die Stimmrechtsvollmacht zur Eigentümerversammlung auf dem vom Verwalter vorbereiteten und mit der Einladung zur Versammlung verschickten Formular erteilt (also im Anschluss an die erste Ladung), so bezieht sich diese Vollmacht nicht auf weitere, in einer ergänzenden Einladung erstmals vorgeschlagene Tagesordnungspunkte (hier: u. a. seine Verwalterneubestellung).

Vor der Nachtragsladung abgegebene Stimmrechtsvollmachten beziehen sich nicht auf Beschlusspunkte in einer Ergänzungs- oder Nachtragsladung, was sich aus einer Auslegung solcher Stimmrechtsvollmachten gemäß §§ 133, 157, 242 BGB ergibt (nach dem erkennbaren Willen eines Vertretenen, wie er sich bei verständiger Würdigung aus der Sicht des Erklärungsempfängers darstellt). Erteilte Vollmachten können sich nur auf die in der Erstladung angekündigten Themenkreise beziehen; bei Zweifeln über den Umfang einer Vollmacht ist lediglich der geringere Umfang anzunehmen; ein anderweitiger Sinn der rechtsgeschäftlichen Willenserklärung des Vollmachtgebers ist nicht ersichtlich.

Auch aus dem Schweigen auf geänderte Tagesordnung lässt sich keine konkludente Vollmachtserweiterung ableiten. Im vorliegenden Fall hätten die betroffenen Vollmachtgeber auch das vollmachtlose Handeln ihrer Vertreter nicht genehmigt. Weder das Schweigen auf die Zusendung eines Protokolls der Eigentümerversammlung, noch die fehlende aktive Beteiligung an diesem Verfahren rechtfertigten den Schluss auf konkludente Genehmigung.

 

Link zur Entscheidung

( AG Neuss, Beschluss vom 10.09.1993, 27 II 158/92 WEG= WM 9/94, 505)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Zu fragen ist natürlich, ob sich eine weisungsfreie Stimmrechtsvollmacht eines Eigentümers an einen Vertreter im Rahmen erbetener Gefälligkeit oder kraft Auftrags in sinngemäßer Auslegung einer solchen Absprache nur auf einzelne Beschlusspunkte bezieht oder - wie ich meine - grds. auf jegliche Abstimmungen, d.h. die generelle Vertretung in einer Eigentümerversammlung, also den Versammlungstermin als solchen und alle dort zu treffenden Eigentümerentscheidungen. Sicher kann ein vollmachtgebender Eigentümer in rechtzeitiger Kenntnis weiterer, über Nachtragsladung bekannt gemachter Entscheidungsthemen auch noch rechtzeitig eine Vollmacht widerrufen; andernfalls ist es m.E. allerdings zu unterstellender Wille eines vollmachtgebenden Eigentümers, dass sein Vertreter zu allen angekündigten Entscheidungspunkten - ggf. ohne jegliche Weisungen - für den Vertretenen abstimmungsbefugt ist und bleibt. Der Umfang einer Vollmacht kann hier m.E. nicht infrage gestellt bzw. eingeschränkt werden, sodass mich insoweit das Auslegungsergebnis nicht überzeugt, hier von "geringerem Umfang" einer erteilten Vollmacht ausgehen zu müssen. Anders wäre die Rechtslage, wenn einem terminlich verhinderten und zur Vollmachtserteilung bereiten Eigentümer eine Nachtragsladung mit neuen Beschlusspunkten gar nicht rechtzeitig zugegangen sein sollte.

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