Leitsatz (amtlich)
Zur Anwendbarkeit deutschen Adoptionsrechts bei einer gleichgeschlechtlichen nach belgischem Recht geschlossenen Ehe zwischen dem US-amerikanischen Annehmenden und seinem italienischen Ehegatten bei russischer und italienischer Staatsangehörigkeit des anzunehmenden Kindes.
Tenor
Der Angenommene führt weiterhin den Geburtsnamen "B."; der Vatersname "G." entfällt.
Gründe
I. Der Annehmende ist US-amerikanischer Staatsangehöriger, geboren in .../Florida, derzeit wohnhaft in .../Deutschland. In den Vereinigten Staaten wohnte er zuletzt in .../Kalifornien. Seit mehr als 6 Monaten verfügt er über keinen Wohnsitz mehr in den Vereinigten Staaten.
Der Anzunehmende kam am 2004 in .../Russische Föderation zur Welt. Er besitzt die russische und italienische Staatsangehörigkeit.
Der leibliche Vater des Anzunehmenden, G., ist italienischer Staatsangehöriger. Er hat am _2003 mit notariellem Vertrag eine Lebenspartnerschaft ("contrat de vie commune") nach belgischem Recht mit dem Annehmenden begründet. Am ... 2004 gaben beide die Erklärung über das gesetzliche Zusammenwohnen vor dem Standesbeamten der Stadt .../Belgien ab, die noch am gleichen Tage in das Nationalregister eingetragen wurde. Am ... 2005 schlossen die beiden vor dem Standesbeamten in .../Belgien die Ehe. Die Lebenspartner und der Anzunehmende leben in häuslicher Gemeinschaft in .../Deutschland.
Leibliche Mutter des Kindes ist die russische Staatsangehörige T., wohnhaft in .../Russische Föderation. Sie gab am ... 2004 eine notariell beurkundete Einwilligungserklärung zur Ausreise des Kindes mit dem Ziel, einen ständigen Wohnsitz des Kindes beim Vater zu begründen, ab. Ferner gab sie diesem die Einwilligung, die Verantwortung für das Wohlergehen und die Gesundheit des Sohnes zu übernehmen und sämtliche den Sohn betreffenden Entscheidungen zu treffen.
Der Annehmende beantragt auszusprechen, dass der Anzunehmende von ihm als Kind angenommen wird, so dass er die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes von ihm und G. erlangt. Der Geburtsname des Kindes soll nach dem Willen beider Lebenspartner nach der Adoption auf "B." lauten.
Notariell beurkundete Einwilligungserklärungen zu der beantragten Adoption seitens der leiblichen Mutter und des leiblichen Vaters, gleichzeitig in seiner Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter des Kindes und eingetragener Lebenspartner des Annehmenden, liegen vor.
II. 1. Das Amtsgericht Nürnberg ist zum Ausspruch der Annahme als Kind sachlich und örtlich zuständig, da der Annehmende im Bezirk des Gerichts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.
2. Die Adoption unterliegt gemäß Art. 22 Satz 1 und 2 EGBGB deutschem Recht.
a) Art. 22 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, wonach die Annahme eines Kindes durch einen oder beide Ehegatten dem Recht unterliegt, das nach Artikel 14 Abs. 1 EGBGB für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist, kommt nicht zur Anwendung.
Die in Belgien geschlossene Ehe des Annehmenden mit B. kann in Deutschland nicht anerkannt werden. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist dem deutschen Recht unbekannt. Das Institut der Ehe setzt nach deutscher Auffassung als unantastbaren Ordnungskern voraus, dass die Partner verschiedenen Geschlechts sind (BVerfG, NJW 1993, 3058). Ihre Anerkennung würde deshalb zu einem Ergebnis führen, das mit wesentlichen Grundsätzen deutschen Rechts offensichtlich nicht vereinbar wäre, Art. 6 EGBGB (vgl. Staudinger/Mankowski, Neubearb. 2004, Art 13 EGBGB Rdn. 176 ff. m.w.N.).
b) Auch eine analoge Anwendung des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 EGBGB auf die eingetragene Lebenspartnerschaft ist nicht möglich.
Eine analoge Anwendung setzt eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke voraus. Eine solche liegt jedoch nicht vor. Durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004 (BGBl I, 3396) wurden weitgehende Angleichungen zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft in verschiedenen Rechtsbereichen vorgenommen. Insbesondere wurden dabei in Art. 17b EGBGB weitestgehend kollisionsrechtliche Regelungen für die Lebenspartnerschaft getroffen. Regelungen für die Adoption sind jedoch nicht enthalten. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber für den Bereich der Adoptionen bewusst keine Verweisung auf Art. 22 Abs. 1 EGBGB vorgenommen hat (Staudinger/Mankowski, Neubearb. 2004, Art. 17b Rdn. 94 EGBGB; Heiderhoff, Beckscher Online-Kommentar, Art. 17b Rdn. 44 EGBGB; a.A. Coester, MünchKomm, Art. 17b Rdn. 81 EGBGB).
c) Es verbleibt deshalb bei der Grundregel des Art. 22 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, dass die Annahme eines Kindes dem Recht des Staates unterliegt, dem der Annehmende zum Zeitpunkt der Annahme angehört. Aufgrund der amerikanischen Staatsangehörigkeit des Annehmenden verweist das deutsche internationale Privatrecht somit auf das amerikanische Recht einschließlich dessen internationalem Privatrecht, Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB.
Die Vereinigten Staaten sind ein sogenannter Mehrrechtsstaat. Das Adoptionsrecht ist Recht der einzelnen Bundesstaaten. Im vorliegenden Fall kommt das Recht ...