Entscheidungsstichwort (Thema)
Höchstgrenze des Gegenstandswerts i.R.e. Kostenrechnung in einem Insolvenzverfahren
Normenkette
GKG § 39 Abs. 2, § 58
Verfahrensgang
BVerfG (Entscheidung vom 06.02.1979; Aktenzeichen 2 BvL 5/76) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters vom 14. 08. 2013 wird der Beschluss vom 20. 07. 2013 aufgehoben und der Gegenstandswert auf 30.000.000,00 EUR festgesetzt.
Der Kostenbeamte wird ersucht, eine diesem Gegenstandswert entsprechende neue Kostenrechnung zu erstellen.
Gründe
Das Insolvenzgericht hat seiner Kostenrechnung vom 02. 07. 2013 einen Gegenstandswert von 274.374.000,00 EUR zugrunde gelegt, was dem Wert der Insolvenzmasse entspricht. Die Erinnerung des Insolvenzverwalters gegen die Kostenrechnung, insbesondere gegen den der Rechnung zugrunde gelegten Gegenstandswert hat das Gericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde.
Diese ist zulässig und begründet.
Nach § 58 GKG richten sich die Gebühren in Insolvenzverfahren grundsätzlich nach dem Wert der Insolvenzmasse im Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens.
§ 58 GKG ist jedoch im Zusammenhang mit § 39 Abs. 2 GKG zu sehen. Nach § 39 Abs. 2 GKG gilt für den Gegenstandswert eines gerichtlichen Verfahrens eine Höchstgrenze von 30 Mio. EUR, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist. Diese Formulierung macht deutlich, dass vom Gesetz grundsätzlich kein höherer Gegenstandswert als 30 Mio. EUR gewollt ist.
Dahinter steht die verfassungsrechtliche Überlegung, dass Gebühren für staatliche Leistungen nicht völlig unabhängig von den tatsächlichen Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung festgesetzt werden dürfen. Die festgesetzten Gebühren müssen so gestaltet sein, dass noch eine sachgerechte Verknüpfung zwischen den tatsächlichen Kosten einer Staatsleistung und den dafür zu zahlenden Gebühren gegeben ist. Die Gebühren dürfen deshalb nicht so gestaltet sein, dass sie unter dem Gesichtspunkt der Kostendeckung als unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt sachgemäß erscheinen (BVerfGE 50, 217 [BVerfG 06.02.1979 – 2 BvL 5/76]).
Auch die durch ein Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Großbetriebs verursachten staatlichen Kosten dürften durch die nach einem Gegenstandswert von 30 Mio. anfallenden Gebühren gedeckt sein. Dies spricht dafür, dass auch die Festsetzung des Gegenstandswerts in Insolvenzverfahren gem. § 58 GKG unter der grundsätzlichen Deckelung durch § 39 Abs. 2 GKG steht. Wollte man § 58 GKG demgegenüber als Ausnahmenorm zur Bestimmung des § 39 II GKG verstehen, liefen die oben dargestellten verfassungsrechtlichen Überlegungen zur grundsätzlichen Bedeutung von Gebühren ins Leere.
Die grundsätzlich gem. § 58 GKG vorzunehmende Berechnung der Gerichtsgebühren nach der Insolvenzmasse wird somit durch die gesetzliche Obergrenze des § 39 II GKG begrenzt, so dass der Gegenstandswert auch in Insolvenzverfahren höchstens 30 Mio. EUR beträgt. Dementsprechend war der Gegenstandswert auf diese Summe festzusetzen.
Richter am Amtsgericht
Ausgehend von diesem Gegenstandswert sind die zu zahlenden Gerichtskosten neu festzusetzen.
Anmerkung zur Entscheidung des AG Osnabrück vom 3.9.13 – 62 IN 20/09 –:
Erläuterungen zum Sachverhalt:
Der Kostenbeamte hatte die Gebühren KVGKG Nr. 2310 und 2320 nach einem Gegenstandswert von 223.601.863,– Euro berechnet. Gegen die Kostenrechnung war Erinnerung eingelegt worden, mit dem Ziel, die Höchstwertgrenze gem. § 39 Abs.2 GKG zu beachten und die entstandenen Gebühren lediglich nach dem Höchstwert von 30 Millionen Euro zu berechnen.
Das Amtsgericht hatte zunächst im Beschluss vom 20.07.2013 die gegen die Kostenrechnung eingelegte Erinnerung als unbegründet angesehen, wobei jedoch diese Entscheidung als Nichtabhilfeentscheidung bezeichnet und die Erinnerung dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde. Diese Nichtabhilfeentscheidung wurde wie folgt begründet:
„Die Kappungsgrenze des § 39 Abs. 2 GKG, mit der der Streitwert auf höchstens 30 Mio. Euro begrenzt wird, gilt nicht für die Gerichtsgebühren in Insolvenzverfahren nach § 58 GKG.
Der Grundgedanke des § 39 Abs. 2 GKG, die Verfahrenskosten aus sozialen Erwägungen zu begrenzen, passt nicht für das Insolvenzverfahren. Dieses kennt auch – anders als § 39 Abs. 2 GKG voraussetzt – gar keinen Streitwert. Nach § 58 InsO bestimmen sich die Gerichtsgebühren vielmehr nach der Insolvenzmasse. Diese bemisst sich nach völlig anderen Kriterien als der Streitwert.
Schließlich ist unstreitig, dass die Vergütung des Insolvenzverwalters – anders als die des Rechtsanwalts in streitigen Verfahren – nicht durch die Kappungsgrenze des § 39 Abs. 2 GKG gedeckelt ist. Es ist aber nicht einzusehen, dass die Gebühren der Gerichte sich in Großverfahren nach einem bedeutend niedriger anzusetzenden Wert bemessen sollen als die des Insolvenzverwalters.
Der Erinnerung wird deshalb nicht abgeholfen, sondern sie wird dem Landgericht Osnabrück zur Entscheidung vorgelegt.”
Aufgrund der Vorlage hatte sodann das Landgericht Osna...