Entscheidungsstichwort (Thema)
Wert der Insolvenzmasse i. S. d. § 58 I 1 GKG im Falle der Nachtragsverteilung
Leitsatz (amtlich)
Wird bei der Aufhebung des Insolvenzverfahrens bereits ausdrücklich die Nachtragsverteilung wegen einer mit Sicherheit zu erwartenden Masseforderung (hier Steuerrückerstattung) angeordnet, ist der Wert der Forderung bei der Bemessung des Wertes der Insolvenzmasse i. R. v. § 58 I 1 GKG zu berücksichtigen. Ein etwaig bereits ergangener Kostenansatz ohne Berücksichtigung dieser Forderung kann nach § 20 I GKG korrigiert werden.
Normenkette
KV GKG Nrn. 2310, 2320
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 05 T 467/20) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 66 VIII GKG).
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Erhöhung der Gerichtskosten für ein Insolvenzverfahren nach erfolgter Nachtragsverteilung.
Mit Beschluss vom 30.06.2016 eröffnete das Amtsgericht Münster auf Antrag der Schuldnerin wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren über deren Vermögen und ernannte Rechtsanwalt T zum Insolvenzverwalter. Nachdem dieser insgesamt 1.208,52 EUR als Einnahmen aus Steuerrückerstattungen hatte realisieren können, stellte das Amtsgericht ihm - ausgehend von diesem Betrag - am 09.10.2019 Gerichtskosten nach Nr. 2310, 2320 KV GKG in Höhe von insgesamt 213,00 EUR in Rechnung, und zwar unter ausdrücklichem Vorbehalt einer Kostennachforderung. Mit Beschluss vom 03.12.2019 hob das Amtsgericht das Insolvenzverfahren mangels zu verteilender Masse ohne Schlussverteilung auf und ordnete hinsichtlich der Einkommensteuererstattungsansprüche, bei denen der die Erstattungsforderung begründete Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden sei, die Nachtragsverteilung an.
Nach Abschluss des Verfahrens sind weitere 541,22 EUR aus einer Steuererstattung der Schuldnerin für das Steuerjahr 2019 zur Insolvenzmasse gelangt, hinsichtlich derer der Insolvenzverwalter die angeordnete Nachtragsverteilung durchgeführt hat. Infolgedessen hat das Amtsgericht dem Insolvenzverwalter am 10.06.2020 eine zweite Gerichtskostenrechnung gestellt, in welcher es nunmehr ausgehend von einem Wert von 1.749,74 EUR (1.208,52 EUR + 541,22 EUR) Gerichtskosten nach Nr. 2310, 2320 KV GKG in Höhe von insgesamt 267,00 EUR berücksichtigt hat.
Gegen diese Entscheidung hat der Insolvenzverwalter am 17.06.2020 Erinnerung eingelegt unter Hinweis auf eine Entscheidung des LG Magdeburg (11 T 78/13), nach welcher die Hinzurechnung eines nach Abschluss des Verfahrens zugeflossenen Betrages zur Nachtragsverteilung im Rahmen von § 58 I GKG nicht zu erfolgen habe. Der für die Gebührenbemessung maßgebliche Wert sei der Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens. Werterhöhend könnten nur solche Massezuflüsse berücksichtigt werden, deren Eingang bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens sicher feststünden. Das sei vorliegend in Bezug auf den Steuererstattungsanspruch der Schuldnerin für 2019 nicht der Fall gewesen, weil der Besteuerungszeitraum zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung am 03.12.2019 noch nicht einmal abgelaufen gewesen sei. Die Nachtragsverteilung sei im Übrigen mit der allgemeinen Verfahrensgebühr abgegolten.
Der Kostenbeamte hat demgegenüber gemeint, mit der neuerlichen Kostenrechnung sei der ursprüngliche - falsche - Kostenansatz zu Recht und rechtzeitig gem. § 20 I GKG berichtigt worden. Dem hat sich die Bezirksrevisorin angeschlossen und ergänzend die Auffassung vertreten, eine Nachtragsverteilung erhöhe die Insolvenzmasse und damit den i.R.v. § 58 I GKG zu berücksichtigenden Wert, wenn die Nachtragsverteilung - wie vorliegend - bereits mit der Aufhebung des Verfahrens angeordnet oder aber in zeitlicher Nähe erfolge und die Ansprüche, über welche die Nachtragsverteilung angeordnet werde, bereits zur Zeit der Verfahrensbeendigung dem Grunde nach feststünden. Bei der Wertbemessung nach § 58 I GKG solle - wie auch i.R.v. § 6 InsVV und § 63 InsO - das wirtschaftliche Interesse berücksichtigt werden.
Nachdem der Kostenbeamte der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, hat der Rechtspfleger dieser mit Beschluss vom 19.08.2020 stattgegeben und angeordnet, dass die Gebühren Nr. 2310, 2320 KV GKG nach einem Wert von 1.208,52 EUR zu erheben seien. § 20 GKG sei nicht einschlägig, weil der ursprüngliche Kostenansatz vom 09.10.2019 nicht unrichtig gewesen sei. Bei der Wertbestimmung nach § 58 I GKG seien allein die Einnahmen zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt der Verfahrensbeendigung realisiert, also tatsächlich getätigt worden seien. Ein nach Aufhebung des Verfahrens verwerteter Massegegenstand könne daher niemals den Gegenstandswert nach § 58 GKG erhöhen. Darüber hinaus gebe es für die gerichtliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Nachtragsverteilung auch keinen Gebührentatbestand, sodass solche nicht zu erheben seien.
Gegen diese Entscheidung hat die Bezirksrevisorin die - vom Rechtspfleger wegen g...