Leitsatz (amtlich)
Im Falle einer Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter sind auch in Altfällen bei der Bestimmung des für die Höhe der Gerichtskosten maßgeblichen Wertes der Insolvenzmasse die geschäftlich veranlassten Ausgaben der Betriebsfortführung abzuziehen. An dem Senatsbeschluss vom 08.08.2012 - 11 W 832/12 wird nicht mehr festgehalten.
Normenkette
GKG a.F. § 58 Abs. 1; InsO § 63 Abs. 1 S. 2; KV-GKG Nrn. 2310, 2320
Verfahrensgang
LG Memmingen (Aktenzeichen 44 T 785/21) |
AG Memmingen (Aktenzeichen 1 IN 30/12) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Insolvenzverwalters werden die Beschlüsse des Landgerichts Memmingen vom 01.07.2021 und des Amtsgerichts Memmingen vom 20.04.2021 abgeändert:
Der Kostenansatz des Amtsgerichts Memmingen, Az. 1 IN 30/12, vom 10.03.2021 (Blatt IV des Kostenheftes) wird dahingehend abgeändert, dass die 0,5 Gebühr nach Nr. 2310 KV GKG mit 953,00 EUR und die 2,5 Gebühr nach Nr. 2320 KV GKG mit 4.765,00 EUR anzusetzen sind.
Gründe
I. Im Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen des ... wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 10.02.2012 der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner zugelassen, die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 02.05.2012 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der bisherige vorläufige Insolvenzverwalter wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schriftsatz vom 19.11.2020 legte der Insolvenzverwalter den Schlussbericht vor.
Im Rahmen des Kostenansatzes vom 10.03.2021 (Blatt IV des Kostenheftes) setzte das Amtsgericht Memmingen neben weiteren (nicht streitigen) Kostenpositionen eine 0,5 Gebühr nach Nr. 2310 KV GKG in Höhe von 5.003,00 EUR und eine 2,5 Gebühr nach Nr. 2320 KV GKG in Höhe von 25.015,00 EUR an. Die jeweils zugrunde gelegte Berechnungsmasse von 2.807.418,00 EUR wurde hierbei unter Verweis auf den Beschluss des OLG München vom 08.08.2012 - 11 W 832/12 - ohne Abzug der Kosten der Betriebsfortführung gebildet.
Mit Schriftsatz vom 13.04.2021 legte der Insolvenzverwalter gegen diesen Kostenansatz Erinnerung ein. Er wandte sich hierbei gegen die Bildung der Berechnungsmasse für die Gerichtskosten ohne Abzug der Kosten der Betriebsfortführung. Zwar sei die Neufassung des § 58 GKG aufgrund der Übergangsvorschrift des § 71 Abs. 3 GKG für das vorliegende Verfahren nicht anwendbar. Die Änderung des § 58 GKG zeige jedoch, dass der Gesetzgeber nicht zur Auffassung des OLG München neige. Bei der Ergänzung des § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG handle es sich ausweislich der Begründung des Referentenentwurfs vom 31.07.2020 um eine Klarstellung des Gesetzes, die die bisherige unterschiedliche Handhabung durch die Oberlandesgerichte habe beenden sollen. Es sei daher für alle Insolvenzverfahren unabhängig von der Fälligkeit der Gebühren auf den Nettoerlös abzustellen. Dies fördere die Sanierungsfähigkeit von Unternehmen erheblich und reduziere die Insolvenzquote nicht unverhältnismäßig.
Durch Beschluss des Kostenbeamten des Amtsgerichts Memmingen vom 15.04.2021 wurde der Erinnerung des Insolvenzverwalters nicht abgeholfen und die Erinnerung wurde dem Insolvenzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das Amtsgericht Memmingen - Insolvenzgericht - half der Erinnerung durch Beschluss vom 20.04.2021 nicht ab. Die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München bleibe für Verfahren, bei denen die Gebühren vor dem 01.01.2021 fällig geworden seien, weiter beachtlich. Die Ausführungen der Bundesregierung im Rahmen der Neuregelung vermöchten daran nichts zu ändern.
Der Insolvenzverwalter legte gegen die Entscheidung vom 20.04.2021 mit Schriftsatz vom 12.05.2021 unter Wiederholung der Argumentation in der Erinnerung Beschwerde ein.
Nach Einholung einer Stellungnahme der Bezirksrevisorin, welche für die Staatskasse die Zurückweisung der Beschwerde beantragte, half das Amtsgericht Memmingen - Insolvenzgericht - durch Beschluss vom 25.05.2021 der Beschwerde aus den im angefochtenen Beschluss genannten Gründen nicht ab. Ergänzend führte es aus, der Tenor des angefochtenen Beschlusses sei so zu verstehen, dass es sich richtig um eine Zurückweisung der Erinnerung gegen den Kostenansatz handle.
Nach Vorlage an das Landgericht Memmingen wurde das Verfahren durch Beschluss vom 30.06.2021 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Kammer zur Entscheidung übertragen.
Durch Beschluss des Landgerichts Memmingen vom 01.07.2021 wurde die Beschwerde des Insolvenzverwalters vom 12.05.2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 20.04.2021 unter Zulassung der weiteren Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Die Kammer schloss sich aus den dortigen Gründen der Rechtsprechung des OLG München an. Die Gesetzesänderung zum 01.01.2021 stehe dem nicht entgegen, da die in Rede stehenden Verfahrensgebühren bereits lange vor Inkrafttreten der Änderung fällig gewesen seien. Die Begründung zu der Gesetzesänderung könne aus den vom Amtsgericht zutreffend herausgearbeiteten Gründen...