Leitsatz (amtlich)
1.) Aus § 4 Abs. 4 Satz 2 RDGEG lässt sich nicht herleiten, dass Inkassokosten des Mahnverfahrens bis zu einem Betrag in Höhe von 25,00 Euro generell erstattungsfähig sind.
2.) Bestreitet der Beklagte bereits vorgerichtlich die Forderung, so sind die Mehrkosten durch die Beauftragung eines Inkassobüros gegenüber der Beauftragung des später auch im streitigen Verfahren tätigen Rechtsanwalts im Mahnverfahren nicht notwendig im Sinne von § 91 ZPO.
Normenkette
RDGEG § 4 Abs. 4 S. 2; ZPO § 91; RVG § 15 a
Gründe
Die in Flensburg ansässige Klägerin, die vorgerichtlich bereits von dem Mainzer Rechtsanwalt Sxxx vertreten wurde und diesbezüglich im Urteil vom 15.09.2011 eine volle 1,3 Geschäftsgebühr tituliert erhalten hat begehrt mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 30.09.2011 insbesondere die Festsetzung einer Gebühr für die Beauftragung eines - ebenfalls in Mainz belegenen - Inkassobüros im Mahnverfahren in Höhe von 25,00 Euro sowie die Festsetzung einer vollen 1,3 Verfahrensgebühr für die Tätigkeit von der aus Wiesbaden stammenden Rechtsanwältin Dr. vxxx Sxxx im streitigen Verfahren.
Die Verfahrensgebühr des streitigen Verfahrens war ohne Anrechnung der vorgerichtlich angefallenen Geschäftsgebühr festzusetzen. Die Anrechnungsvorschrift der Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG i.V.m. § 15a RVG findet hier keine Anwendung, da die Geschäftsgebühr und die Verfahrensgebühr von verschiedenen Rechtsanwälten verdient worden sind (BGH JurBüro 2010, 190; OLG Koblenz MDR 2009, 533; OLG München NJW 2009, 1220; a.A. AG Nürtingen AGS 2010, 306). Auch lässt sich eine Reduzierung nicht aus § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO herleiten. Denn diese Vorschrift betrifft lediglich die "Kosten des Rechtsstreits" und nicht etwa auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren, die grundsätzlich nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens sein können (BGH NJW 2008, 1323 ) und deshalb auch nicht in Form einer Anrechnung indirekt zu berücksichtigen sind (vgl. OLG München, a.a.O.).
Dagegen waren die Inkassogebühren des Mahnverfahrens lediglich fiktiv in Höhe der Kosten festzusetzen, die einem auch im streitigen Verfahrenen tätig werdenden Rechtsanwalt in Form der Auslagenpauschale VV 7002 RVG angefallen wären.
Im Gegensatz zu den vorgerichtlichen Gebühren gehören die Mahnverfahrenskosten nach ganz herrschender Meinung zu den Kosten des Rechtsstreits und unterliegen deshalb auch der Notwendigkeitsprüfung des § 91 ZPO. Nach dieser Vorschrift sind die Kosten des Rechtsstreits insoweit zu erstatten, als sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren.
Die Frage, ob die Kosten für die Beauftragung eines Inkassobüros im Mahnverfahren als erforderlich anzusehen sind, wenn gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt wird und die Sache ins streitige Verfahren übergeht, in dem sich der Kläger anwaltlich vertreten lässt, wurde bislang nicht obergerichtlich entschieden.
Zwar sind durchaus Parallelen zu der Fallkonstellation erkennbar, in denen der klagenden Partei dadurch Mehrkosten entstanden sind, dass sie sich im Mahnverfahren durch einen Rechtsbeistand vertreten ließ, obwohl im sich anschließenden Anwaltsprozess die Vertretung durch einen Rechtsanwalt geboten war. Für diese Fälle ist bereits vom Bundesgerichtshof entschieden worden, dass die Mehrkosten durch die Beauftragung eines Rechtsbeistandes nicht als notwendig im Sinne von § 91 ZPO anzusehen sind, unabhängig davon, ob mit der Erhebung eines Widerspruchs gegen den Mahnbescheid zu rechnen war oder nicht (BGH NJW 2006, 446; so auch OLG Karlsruhe JurBüro 2006, 35).
Mit dem hier zu entscheidenden Fall bestehen insoweit Ähnlichkeiten, als auch registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG nicht zur Vertretung in dem auf das Mahnverfahren folgende Streitverfahren berechtigt sind, § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO. Ein wesentlicher Unterschied besteht aber darin, dass die Klägerin im hierzu entscheidenden Fall im streitigen Verfahren berechtigt wäre, wenigstens selbst vor Gericht aufzutreten, während dies in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall aufgrund von § 78 Abs. 1 ZPO nicht möglich gewesen wäre.
Letztgenannter Punkt gibt den Ausschlag dafür, dass diese Entscheidung nicht eins zu eins auf den vorliegenden Fall übertragen werden kann sondern vielmehr im Wege einer Einzelfallprüfung festzustellen ist, ob die Klägerin mit einem Widerspruch gegen den Mahnbescheid rechnen musste oder nicht.
Dabei können Kriterien zu Rate gezogen werden, wie sie im Rahmen der Rechtsprechung vor Aufgabe des Lokalitätsprinzips durch Änderung des § 78 ZPO zu der Frage nach der Notwendigkeit von Mahnanwaltskosten entwickelt worden sind (zur Übersicht vgl. Herget in Zöller ZPO, 28. Auflage, Rn. 13 zu § 91, Stichwort "Mahnverfahren").
Damals entsprach es der herrschenden Meinung, dass der Kläger mit der Erhebung eines Widerspruchs rechnen musste, wenn bereits vorgerichtlich von der Gegenseite Einwendungen gegen die Forderung erhoben wurden (OLG München JurBüro 1993, 285; LG Würzburg JurBüro 1993, 153).
So liegt die ...