Leitsatz (amtlich)

Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren sind grundsätzlich als zumindest als durchschnittliche Bußgeldverfahren anzusehen, was erst recht gilt, wenn ein Eintrag von mehr als 2 Punkten im Verkehrszentralregister in Betracht kommt.

 

Tenor

  • 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 157,68 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.10.2008 zu zahlen.

  • 2.

    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen,.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

(ein Tatbestand war gemäß §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 511 Abs. 2 ZPO entbehrlich)

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

Das Amtsgericht Rudolstadt ist insbesondere auch für die Versicherungsstreitigkeit örtlich zuständig, wobei hier dahinstehen kann, ob diese Zuständigkeit aus § 46 a.F. VVG folgt, weil der Kläger den streitgegenständlichen Rechtsschutzversicherungsvertrag (unstreitig) in einer ortsansässigen Agentur der Beklagten abgeschlossen hat oder sich aus § 215 n.F. VVG ergibt, weil der klagende Versicherungsnehmer (unstreitig) seinen Wohnsitz und allgemeinen Gerichtsstand in Rudolstadt hat.

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der restlichen, von seinem Verfahrensbevollmächtigten als Gegenleistung für die durchgeführte Vertretung in einer Bußgeldsache. angefallenen Anwaltsgebühren in Höhe von 157,68 Euro gemäß §§ 1 Satz 1, 125 VVG in Verbindung mit dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag.

Die Einstandspflicht der Beklagten als Rechtsschutzversicherer des Klägers für die Kosten einer anwaltlichen Vertretung in einem Bußgeldverfahren, für die sie vorgerichtlich auch eine schriftliche Deckungszusage erteilt hat, steht dem Grunde nach außer Streit.

Streitig ist hier lediglich die Frage, ob der anwaltliche Vertreter des Klägers in einem vor Gericht geführten Bußgeldverfahren wegen einer Straßenverkehrsordnungswidrigkeit, in dem dem Kläger zwar kein Fahrverbot, aber ein Bußgeld in Höhe von 75,- EUR und gleichzeitiger Eintragung von 3 Punkten im Verkehrszentralregister bei einer bestehenden, dort bereits eingetragenen Vorahndung .bei Bestimmung der Grund-, und Verfahrensgebühren berechtigt war, eine sog. Mittelgebühr anzusetzen oder, wie die Beklagte meint, in Verkehrsordnungswidrigkeiten aufgrund ihres "Massencharakters" von vorneherein nur die Festsetzung einer Gebühr deutlich unter der Mittelgebühr einem billigen Ermessen im Sinne des § 14 RVG entsprach.

Nach Anhörung der Parteien und Bewertung eines auf übereinstimmenden Wunsches der Beteiligten analog § 14 Abs. 2 RVG eingeholten Gebührengutachtens der Rechtsanwaltskammer Thüringen steht zur Überzeugung des Gerichts fegt, dass der Ansatz einer Mittelgebühr durch den klägerischen Verfahrensbevollmächtigten bei Abrechnung der Vertretung in der Verkehrsordnungswidrigkeitenangelegenheit nicht zu beanstanden ist. Seine Gebührennote war daher - mit Ausnahme der doppelt abgerechneten Auslagenpauschale, auf die der Klägervertreter aber nach entsprechendem Hinweis der Beklagten vorgerichtlich bereits verzichtet hat und die daher nicht streitgegenständlich ist - vollständig auszugleichen und die hierfür notwendigen Kosten dem Kläger auf erfolgten Nachweis zu erstatten.

Nach §§ 42, 43 RVG i.V.m. Nrn. 5100 bis 5200 VV RVG beträgt die Mittelgebühr bei der hier im Raum stehenden Geldbuße von 75,- EUR gemäß Nr. 5109 VV RVG 135,- EUR netto. Diese Mittelgebühr ist grundsätzlich zu erstatten, wenn es sich um eine durchschnittliche Angelegenheit im Sinne des § 14 Abs. 1 RVG handelt. Nach der Rechtsprechung des hiesigen Landgerichts Gera (vgl. LG Gera, JurBüro 2000, 581) sind Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren grundsätzlich als zumindest als durchschnittliche Bußgeldverfahren anzusehen, was erst recht gilt, wenn ein Eintrag von mehr als 2 Punkten im Verkehrszentralregister in Betracht kommt (LG Gera, aaO,). Eine "automatische" Gebührenreduzierung, nur weil es sich vorliegend um eine "Verkehrsordnungswidrigkeit" handelt, ist weder durch das Gesetz noch durch die amtliche Gesetzesbegründung gedeckt.

Der Umfang und die Schwierigkeit der Angelegenheit, die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse lassen die Angelegenheit insgesamt als zumindest durchschnittlich erscheinen.

Umfang und Schwierigkeit waren angesichts der unbestrittenen Besprechungen: der vorgerichtlichen Einholung eines "Gegengutachtens", der gestellten Beweisanträge und der letztlich erfolgreichen Verhandlung mit und bei dem Gericht zumindest durchschnittlich, wie auch die insoweit sachverständige Rechtsanwaltskammer Thüringen in ihrem Gutachten plausibel dargelegt hat. Die Bedeutung war vor allem wegen der drohenden Eintragung von 3 Punkten im Verkehrszentralregister für den vorbelastetem Kläger, der zumindest im Mandantengespräch angab, als Vielfahrer beruflich auf seinen Pkw anwiesen zu sein, jedenfalls nicht von untergeordneter Bedeutung, Da die Höhe ...

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