Leitsatz (amtlich)
Geschwindigkeitsmessungen mit dem Messgerät der Firma ESO, ES 3.0 (Software 1.002) erfüllen, soweit sie nach den Vorgaben des Herstellers und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) auf der Grundlage der betreffenden Zulassung erfolgen, die Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens, auch wenn der Hersteller nicht sämtliche technische Daten zur Messwertbildung zur Verfügung stellt und der gerichtlich beauftragte Sachverständige sich daher zu einer vollumfänglichen Bewertung der Messung außer Stande sieht.
Normenkette
StVO § 41 Abs. 2 Nr. 7, § 49 Abs. 3 Nr. 4; StVG §§ 24, 25 Abs. 2 a
Tenor
Gegen den Betroffenen wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 77 km/h eine Geldbuße in Höhe von 1.000 EUR festgesetzt.
Es wird ein Fahrverbot von 1 Monat angeordnet.
Das Fahrverbot wird wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
Er trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
In der Hauptverhandlung wurde auf Grund Einlassung seitens des Betroffenen, soweit ihr gefolgt werden konnte, der Aussage der Zeugen H. und P., der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder [Bl. 5-7, 46 d.A.] sowie der Verlesung und Erörterung des Messprotokolls [Bl. 2 d.A.], des Eichscheins [Bl. 3 f. d.A.], der Auskunft der Verwaltungsbehörde betreffend Voreintragungen [Bl. 36 ff. d.A.], der vom Verteidiger in der Hauptverhandlung übergebenen Arbeitgeberbescheinigung [Bl. 91 d.A.] und des schriftlichen Sachverständigengutachtens des Ingenieurbüros Dr. P. vom 28.06. 2011 [Bl. 64-81 d.A.] sowie der Anhörung des Sachverständigen in der Hauptverhandlung folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:
Gegen den Betroffenen liegen keine Voreintragungen im Verkehrszentralregister vor (die noch registrierten Voreintragungen sind tilgungsreif).
Der Betroffene befuhr - nach insofern geständiger Einlassung - am Abend des 29.07. 2010 mit dem PKW [amtliches Kennzeichen: D ...] die BAB 8 Richtung Neunkirchen. In Höhe Altenwald fand vor der Sulzbachtalbrücke eine Geschwindigkeitskontrolle statt durch den Zeugen H. mittels gültig geeichter Geschwindigkeitsmessanlage der Firma ESO ES 3.0. Bei dem Zeugen H. handelt es sich um einen an dem Messgerät geschulten Beamten. Das Messgerät, welches seit November 2009 mit der Software 1.002 ausgerüstet ist, verfügt über PTB-Zulassung. Vor Einrichtung der Messstelle war die Örtlichkeit bis zur Messstelle zuvor von dem Zeugen und dem weiteren Messbeamten abgefahren worden zur Überprüfung ordnungsgemäßer Beschilderung. Die Beschilderung war ordnungsgemäß: Ca. 150 Meter nach dem deutlich aufgestellten Verkehrszeichen, welches als zulässige Höchstgeschwindigkeit 100 km/h anordnete, war die Messstelle eingerichtet worden. Einige 100 Meter vor dem Verkehrszeichen war die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch ebenfalls deutlich aufgestelltes Verkehrszeichen auf 120 km/h beschränkt. Das Messgerät wurde ordnungsgemäß nach Bedienungsanleitung und PTB-Zulassung aufgebaut und verwendet.
Insbesondere wurde die Fahrbahnneigung mittels Neigungswasserwaage auf den Sensor übertragen; der Neigungswinkel wurde auch nach Ende der gesamten Messung überprüft, wobei keine Veränderung festzustellen war.
Mess- und Fotolinie wurden mittels Markierungskegeln eingerichtet, welches den Kalibrierungsfotos [Bl. 7 d.A.], auf die gem. § 267 Abs. 1 StPO Bezug genommen wird, zu entnehmen ist. Sodann wurden die Kameras positioniert, die Grenzwerte eingestellt und Testfotos gefertigt; es gab keinerlei Beanstandungen.
Die unter diesen Gegebenheiten erfolgte Messung im standardisierten Messverfahren ergab, dass der Betroffene um 19:33 h mit einer Geschwindigkeit von 183 km/h, bzw. nach vorgesehenem Toleranzabzug mit einer Geschwindigkeit von 177 km/h fuhr. Den Lichtbildern (Bl 46 d.A.), die nach § 267 Abs. 1 StPO Gegenstand der Urteilsfindung waren, ist zu entnehmen, dass sich das gemessene Fahrzeug sowohl in plausibler Fotoposition als auch plausibler Abstandsposition zum Sensor befindet.
Dieses Ergebnis läßt sich aus folgender Funktionsweise des Messgeräts ableiten:
Den Kern der Messanlage bildet der Sensorkopf mit 5 optischen Helligkeitssensoren. Drei der 5 Sensoren überbrücken die Straße rechtswinklig zum Fahrbahnrichtungsverlauf, der 4. und 5. dagegen schräg versetzt. Die Sensorebene mit allen 5 Sensoren ist in der Regel parallel zur Fahrbahn ausgerichtet, wobei die Blickrichtung des Sensors über die Straße je nach Einsatzbedingungen auch abweichen kann. Das Messprinzip beruht bei dem ES 3.0 auf einer Weg-Zeitmessung. Die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs ergibt sich dabei aus der Messbasis und der Zeit, in der das zu messende Fahrzeug die Messbasis durchfährt. Bei der Durchfahrt wird in jedem der 5 Sensoren ein Helligkeitsprofil des gemessenen Fahrzeugs erfasst, digitalisiert und gespeichert.
Aus den abgetasteten Helligkeitsprofilen der drei parallelen Sensoren wir...