Leitsatz (amtlich)
Das Akteneinsichtsrecht eines Verteidigers umfasst auch den Messfilm bzw. die Messdatei, das sich Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit einer Messung ergeben könne; die Einsicht in die gesamte Datei ist daher zur Beurteilung der Erfolgsaussichten des Einspruchs notwendig.
Tenor
Die vollständigen Daten der Messserie der Geschwindigkeitsmessung vom 20.03.2012, Messbeginn 13:26 Uhr, bis zum 26.03.2012, Messende 13:27 Uhr, sind an den Verteidiger des Betroffenen, Herrn Rechtsanwalt Tobias Rößler, zu übersenden.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.
Gründe
Der Betroffene steht in Verdacht am ...in .....auf der .... in Fahrtrichtung....als Führer eines Pkw Audi, mit dem amtlichen Kennzeichen....die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h überschritten zu haben.
Der Verteidiger hat mit Schreiben vom 15.06.2012 gegen die Versagung der Übersendung des gesamten Messprotokolls der Messung vom 25.03.2012 durch die Verwaltungsbehörde Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
Der Antrag ist zulässig und in der Sache auch begründet.
Das Akteneinsichtsrecht eines Verteidigers umfasst gemäß § 46 Abs. 1 OWG in Verbindung mit § 147 StPO, alle Schriftstücke sowie Bild-, Video- und Tonaufnahmen, die für den Betroffenen als belastend oder entlastend von Bedeutung sein könnten. Aus dem gesamten Messfilm bzw. der gesamten Messdatei können sich Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit der Messung ergeben; eine Einsicht in die gesamte Datei ist daher zur Beurteilung der Erfolgsaussichten des Einspruchs notwendig. Zudem erstreckt sich das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers regelmäßig auf alle Unterlagen, die einem Sachverständigen zur Beurteilung des Messvorgangs vorgelegt werden. Der Sachverständige erhält von dem Gericht, soweit benötigt, den gesamten Messfilm.
Wird dem Verteidiger das Recht verwehrt, die gesamte Messdatei in Augenschein zu nehmen, so ist das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt. Das rechtliche Gehört des Betroffenen bezieht sich nicht nur auf Teile der Gerichtsakte, sondern auch auf Gegenstände, die bei der Verwaltungsbehörde vorhanden sind.
Einsicht ist dem Verteidiger daher durch die Übersendung einer Kopie des Messfilms auf einem durch den Verteidiger zur Verfügung gestellten Datenträger zu gewähren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 62 Abs. 2 S. 1 OWiG in Verbindung mit § 467 Abs. 1 StPO.
Fundstellen
Haufe-Index 3956437 |
VRA 2012, 180 |