Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgelehnt; die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 1.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Die Kläger und die Beklagten sind Rechtsanwälte und betreiben jeweils eine Rechtsanwaltspraxis in Schwerte. Die Beklagten veröffentlichten im Ruhr-Anzeiger, einem Anzeigenblatt, in der Ausgabe vom 16.05.2001 auf der Titelseite eine Annonce folgenden Inhalts:
"BERUFSUNFÄHIGKEITSRENTE
ABGELEHNT?
Verhalten im Streitfall. Taktisches Vorgehen
Rechtsanwalt Kai-Jochen Neuhaus
Tätigkeitsschwerpunkt: Berufs- und Erwerbsunfähigkeit
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Schwerte (24.35 00)
Neuhaus und Garus
Rechtsanwälte"
Die Kläger sehen in der Veröffentlichung dieser Anzeige eine wettbewerbswidrige Werbung. Sie sei zum einen reißerisch, zum anderen zur Täuschung des rechtssuchenden Publikums geeignet. Durch die beanstandete Werbung werde der Eindruck vermittelt, dass die Gewährung bzw. Ablehnung einer Berufsunfähigkeitsrente nicht vom Gesetz, sondern vorn taktischen Verhalten abhänge.
Die Kläger begehren im Wege der einstweiligen Verfügung
die Unterlassung der genannte Werbung und für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Zwangsgeldes.
Die Beklagten beantragen
Zurückweisung der einstweiligen Verfügung.
Sie halten die Werbung für rechtlich Der Inhalt der Anzeige ziele auf den Tätigkeitsschwerpunkt des Rechtsanwalts ... in Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrecht hin. Es Läge auch keine irreführenden oder unwahren Angaben vor. Es liege auch kein Verstoß gegen das UWG vor. Es habe sich um eine sachlich gestaltete berufsbezogene Information gehandelt.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Es fehlt an einem Verfügungsanspruch hinsichtlich der begehrten einstweiligen Verfügung. Das Gericht verneint eine rechtswidrige Werbung. Ein Verstoß gegen §§ 1 UWG, 43 b BRAO liegt nicht vor.
Die Rechtsprechung des für diese Rechtsfragen zuständige 1. Senats des Bundesgerichtshofs hat sich in den letzten Jahren weitgehend liberalisiert. So stellt der Bundesgerichtshof in seiner jüngsten Entscheidung vom 01.03.2001 veröffentlicht in NJW 01, 2087 fest: "Rechtsanwälte ist die Werbung für ihre berufliche Tätigkeit im Grundsatz nicht verboten, sondern erlaubt. Die Werbefreiheit ist als Teil der Berufsausübungsfreiheit durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet. Zu der Freiheit der Berufsausbildung gehört nicht nur die berufliche Praxis selbst, sondern auch jede Tätigkeit, die mit der Berufsausübung zusammenhängt und dieser dient. Sie umfasst daher auch die Außendarstellung von selbständig Berufstätigen einschließlich der Werbung für die Inanspruchnahme ihrer Dienste. Die Bestimmung des § 43 b BRAO, die dem Rechtsanwalt Werbung erlaubt, so weit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist, eröffnet mithin nicht eine sonst nicht bestehende Werbemöglichkeit, sondern konkretisiert lediglich die verfassungsrechtlich garantierte Werbefreiheit. Dementsprechend bedarf nicht die Gestattung der Anwaltswerbung der Rechtfertigung, sondern deren Einschränkung.... Während früher das reklamehafte Anpreisen schlechthin als unzulässig angesehen wurde, setzt die nunmehr geltende Regelung (des § 43 b BRAO) voraus, dass die Werbung über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet. Wurde früher das unaufgeforderte direkte Herantreten an potentielle Mandanten als grundsätzlich verboten angesehen, so darf nunmehr die Werbung nicht nur auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet sein."
Bei Anlegung dieser Maßstäbe gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die von den Klägern beanstandete Werbung im Anzeigenblatt die Grenzen der Sachlichkeit nicht überschreitet. In der Tat wird auf einen Tätigkeitsschwerpunkt des Rechtsanwalts Neuhaus hingewiesen, wobei bei der Gestaltung der Anzeige das Wort "Berufsunfähigkeitsrente" in den Vordergrund gestellt wird. Die weiteren Formulierungen "Verhalten im Streitfall" und "taktisches Vorgehen" stellen keine reißerische Darstellung dar. Das Gericht schließt sich nicht der Meinung der Kläger an, dass dadurch der Eindruck erweckt wird, die rechtliche Durchsetzung von Berufsunfähigkeitsrenten hänge nicht vom Gesetz, sondern vom taktischen Verhalten und Vorgehen ab. Es ist unbestreitbare Tatsache, dass der nicht rechtskundige Bürger auch in anderen Rechtsgebieten seine Rechte nur voll ausschöpfen kann, wenn er darüber informiert ist, auf welche Sachverhalte es ankommt und welche Umstände in welcher Form er vortragen muss. Es ist geradezu die Aufgabe des Rechtsanwalts als sogenanntes Organ der Rechtspflege, den Rechtsunkundigen insoweit beraten...