Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Nachgehend
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte Z. gemäß Rechnung vom 03.11.2004 in Höhe von 23,17 EUR freizustellen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen,
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Am 07.10.2004 ereignete sich im Kreisverkehr bei der Firma Mc Donald's in Singen ein Verkehrsunfall. Hierbei wurde das Fahrzeug der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen KN – DX 285 beschädigt. Die alleinige Haftung trifft den Unfallgegner mit seinem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen KN – EU 697. Dieses Fahrzeug ist bei der Beklagten haftpflichtversichert. Zur Abwicklung dieses „üblichen” Verkehrsunfalls mandatierte die Klägerin eine Rechtsanwaltskanzlei. Die Kanzlei ließ mit Anwaltsschreiben vom 13.10.2004 zum Grunde und mit weiterem Anschreiben vom 22.10.2004 zur Höhe des Schadens vortragen. Der Beklagten wurde eine Gebührenrechnung der von der Klägerin mandatierten Rechtsanwaltskanzlei vom 03.11.2004 zugesandt. Dort wird von einem – unbestrittenen – Gegenstandswert von 1.682,22 EUR ausgegangen. Es wird u.a. eine Geschäftsgebühr von 1,3 gemäß 2400 VV-RVG in Höhe von 172,90 EUR zzgl. Mehrwertsteuer erhoben. Die Beklagte akzeptierte die vollumfängliche Haftung und regulierte den gesamten Schaden mit Ausnahme der Rechtsanwaltsrechnung, die nur anteilig reguliert wurde. Auf den Gesamtbetrag der Rechnung in Höhe von 223,76 EUR wurden 177,42 EUR bezahlt. Der Restbetrag (Differenz der Faktoren 1,0 und 1,3 der Geschäftsgebühr) ist Streitgegenstand.
Da die Klägerin selbst den Restbetrag nicht bezahlt hat, begehrt sie mit dieser Klage Freistellung. Sie ist der Auffassung, dass eine Geschäftsgebühr von 1,3 gemäß Nr. 2400 VV-RVG zu regulieren sei. Dies entspräche dem Gesetzeswortlaut der Bestimmung. Es sei außerdem herrschende Meinung, dass die Mittelgebühr nach dem neuen Gebührenrecht 1,5 betrage. Aufgrund der Gesetzesformulierung könne jedoch eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig sei. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass dann, wenn die Rechnung diese zusätzlichen Merkmale nicht enthalte, jedenfalls die Gebühr mit 1,3 anzusetzen sei.
Die Klägerin beantragt,
- • Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Gebührenansprüchen der Rechtsgemäß Rechnung vom 03.11.2004 in Höhe von 46,34 EUR freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
- • die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass aus den Gesetzesmotiven sich ergebe, dass der Gesetzgeber keinesfalls eindeutig erkannt habe, dass die Schwellengebühr von 1,3 zur Regelgebühr werden solle. Eine generelle Gebührenerhöhung sei nicht Wille des Gesetzgebers gewesen. Deshalb sei nur eine Gebühr in Höhe von 1,0 bezahlt worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf hälftige Freistellung von den streitgegenständlichen Gebührenansprüchen in Höhe von 23,17 EUR aus §§ 823, 249 BGB, 7 Abs. 1 StVG, 1, 3 PflVersG.
1. Seit langem anerkannt ist, dass dem Geschädigten grundsätzlich auch die bei der Verfolgung seines Schadensersatzanspruches entstandenen Rechtsanwaltskosten als adäquater dem Schädiger zurechenbarer Folgeschaden zu ersetzen sind (s. Palandt, Komm, zum BGB 64. Auflage § 249, 39). Richtigerweise begehrt die Klägerin, die selbst die Gebührennote nicht bezahlt hat, mangels Vermögensschaden auch nicht Zahlung an sich, sondern Freistellung (s. hierzu z.B. OLG Hamm VersR 2001, 249; LG Berlin DAR 2000, 361).
2. Die Beklagte ist grundsätzlich verpflichtet, die Klägerin von der gesamten Geschäfts gebühr von 1,3 gemäß der Gebührennote der klägerischen Anwälte vom 03.11.2004 freizustellen.
Hierzu ist die Beklagte verpflichtet, selbst wenn die Gebührennote leicht überhöht wäre. Gemäß §§ 249 ff BGB sind die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten vom Schädiger, bzw. hier von seiner Versicherung zu begleichen, bzw. ist hiervon freizustellen. Das Kriterium der Erforderlichkeit bedeutet jedoch nicht, dass dann, wenn eine leicht überhöhte Geschäftsgebühr in Rechnung gestellt wird und der Geschädigte keine Anhaltspunkte dafür hat, die Überhöhung zu erkennen, der Schaden nicht auch insoweit vollumfänglich zu begleichen ist (so auch AG Wiesbaden, NZV 2004, 417, beim dortigen Fall war eine 8/10 Geschäftsgebühr statt einer 7,5/10 Geschäftsgebühr in Ansatz gebracht worden). Der gegenteiligen Auffassung (AG Düsseldorf RuS 1977, 1) wird nicht gefolgt, weil anderenfalls vom Geschädigten abverlangt würde, dass er sich mit seinem eigenen Anwalt zivilrechtlich bis hin zum Prozess über die Gebührenhöhe auseinander...