Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung
Verfahrensgang
AG Tübingen (Urteil vom 17.04.1991; Aktenzeichen 10 C 187/91) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tübingen vom 17. April 1991 – 10 C 187/91 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Verfahrenskosten beider Rechtszüge.
– Streitwert der Berufung: 5.640,– DM –
Tatbestand
(Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen)
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Streitentscheidende Frage ist, ob die Klägerin für die am 20.7.1990 zum 31.1.1991 ausgesprochene Kündigung (Bl. 18) einen rechtlich anzuerkennenden Kündigungsgrund hat, was das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis beendet und die Beklagte zur Herausgabe der Wohnung an die Klägerin gem. § 556 Abs. 1 BGB verpflichtet hätte. Das Amtsgericht hat einen solchen Kündigungsgrund darin gesehen, daß das (gewerbliche) Hauptmietverhältnis zwischen den Wohnungseigentümern und der Klägerin zum 31.7.1990 durch rechtswirksame Kündigung geendet hat, was für die Klägerin ein berechtigtes Interesse i.S. des § 564 b BGB begründe, sich nun ihrerseits von dem (Wohnraum-) Mietverhältnis mit der Beklagten zu lösen.
Die Kammer teilt die Rechtsauffassung des Amtsgerichts nicht.
1. Zwischen den Parteien besteht ein Untermietverhältnis über
Wohnraum, das zwischen ihnen denselben Bindungen des sozialen Mietrechtes unterliegt wie andere Wohnraummietverhältnisse auch. Dieser rechtliche Ausgangspunkt wird wohl auch von der Klägerin geteilt, die ihre Kündigung auf die Schutzvorschrift des § 564 b Abs. 1 BGB stützt. Allerdings begründet die Beendigung des Hauptmietverhältnisses nicht allein schon ein berechtigtes Interesse i.S. dieser Vorschrift. Andernfalls würden die Schutzrechte des Wohnungsmietrechts unterlaufen, da dann der zwischen (jederzeit kündbaren) gewerblichen Mietverhältnissen und (nur unter eingeschränkten Voraussetzungen kündbaren) Wohnraummietverhältnissen bestehende Unterschied eingeebnet würde und im Falle gewerblicher Zwischenvermietung die Kündigung des Untermietverhältnisses dann faktisch – wenn auch im rechtlichen Gewand des § 564 b BGB – den gleichen Bedingungen wie das gewerbliche Hauptmietverhältnis unterläge.
2. Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, daß mit der Beendigung des Hauptmietverhältnisses der Eigentümer (= Hauptvermieter) die Mietsache gem. § 556 Abs. 1 BGB von der Klägerin und nach § 556 Abs. 3 BGB auch von der Beklagten grundsätzlich herausverlangen kann (vgl. etwa BGHZ 79, 232, 235). Dies bedeutet aber nicht schon, daß die je verschiedenen Vertragsbeziehungen im Hauptmietverhältnis und im Untermietverhältnis bei Doppelkündigung das gleiche rechtliche Schicksal teilen müßten. Vielmehr bleibt es dabei, daß das Untermietverhältnis ein solches über Wohnraum ist und deshalb weitergehenden Bindungen unterliegt, als das gewerbliche Hauptmietverhältnis. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof (etwa im Rechtsentscheid BGHZ 84, 91/94 zu III 1 b u. 96 zu 2 c, aa) ausgesprochen, daß sich der Untermieter gegenüber der Kündigung des Untervermieters auf die Kündigungsschutzbestimmungen berufen kann. Dem würde es aus den oben zu 1 dargelegten Gründen widersprechen, wollte man stets und allein schon die Beendigung des gewerblichen Hauptmietverhältnisses als berechtigtes Interesse i.S. des § 564 b BGB ansehen, da dann der jedenfalls im Verhältnis zum Zwischenvermieter bestehende Kündigungsschutz faktisch entfiele.
Das Landgericht Kiel (WuM 1982, 194) hat zwar angenommen, daß der Hauptmieter bei gekündigtem Hauptmietverhältnis den Herausgabeanspruch und eventuellen Schadensersatzansprüchen des Hauptvermieters (= Eigentümers) ausgesetzt sei, weshalb er seinerseits ein berechtigtes Interesse an der Kündigung des Untermietverhältnisses habe. Diese Überlegung trifft vorliegend jedoch nicht zu: Die Klägerin hat die Eigentumswohnung als gewerbliche Hauptmieterin mit Wissen und Wollen der Eigentümer zu Wohnzwecken weitervermietet, so daß die Eigentümer die daraus im Verhältnis Zwischenvermieter – Untermieter sich ergebende zwingende Rechtsfolge (Wohnraumkündigungsschutz) der Klägerin nicht zum Vorwurf machen können. Eine Zwangslage der vom Landgericht Kiel angenommenen Art ist für die Klägerin daher nicht gegeben. Im übrigen kann sich der Eigentümer grundsätzlich mit dem Räumungsanspruch aus § 556 Abs. 3 BGB selbst behelfen.
3. In der Berufungserwiderung ist zu Recht darauf hingewiesen, daß der Rechtsentscheid des Bundesgerichtshofs vom 20.3.1991 für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits an sich ohne Bedeutung ist, da er zur Frage des direkten Herausgabeanspruchs des Eigentümers gegen den Untermieter gem. § 556 Abs. 3 BGB ergangen ist. Gleichwohl ist dieser Rechtsentscheid hier insoweit von Interesse, als er im Anschluß an BGHZ 84, 90 ff. erneut deutlich macht, daß dem Untermieter von Wohnraum gegenüber dem gewerblichen Zwischenvermieter auch nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses voller Kündigungsschut...