(1) In einer Kindschaftssache, die
1. die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge,
2. das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft,
3. das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes oder
4. die Kindesherausgabe
betrifft, beträgt der Verfahrenswert 3.000 Euro.
(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.
(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.
a) Überblick
Regelwert 3.000 EUR
Kindschaftssachen, die den Umgang der Eltern mit dem Kind betreffen, die elterliche Sorge, das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes oder die Kindesherausgabe (§ 151 Nr. 1 bis 4 FamFG), werden als isolierte Familiensachen nach § 45 FamGKG bewertet. Es gilt ein Regelwert von 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 1 FamGKG), der bei Unbilligkeit herauf- oder herabgesetzt werden kann (§ 45 Abs. 3 FamGKG).
b) Bewertungszeitpunkt
Bewertung nach Abschluss des Verfahrens
Kindschaftssachen werden zwar i.d.R. auf Antrag eingereicht. Es handelt sich dennoch um Verfahren nach § 34 S. 2 FamGKG, so dass nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist, sondern auf den Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens. Man kann den Antrag auch als Anregung verstehen, ein Verfahren von Amts wegen einzuleiten. Ein anderer Bewertungszeitpunkt wäre auch nicht möglich, da hier insbesondere Umfang und Schwierigkeit der Sache zu berücksichtigen sind, was aber logischerweise erst im Nachhinein möglich ist.
Bewertungszeitpunkt in Umgangssachen
1. In Amtsverfahren wird der Wert, anders als in Antragsverfahren, anhand einer vollständigen Sicht auf das abgeschlossene Verfahren bemessen. Ob der Wert zu Verfahrensbeginn bei einer Aussicht auf den zu erwartenden Verfahrensverlauf höher oder niedriger hätte angesetzt werden müssen, bleibt unbeachtet.
2. Der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für die Wertbemessung einer Umgangssache ist die Beendigung des Verfahrens, weil es auch dann von Amts wegen eingeleitet wird, wenn ein bestimmter Antrag dazu anregt. Die Umstände, die für die Bewertung von Bedeutung sind, sind so zu berücksichtigen, wie sie bei Verfahrensabschluss tatsächlich gegeben sind.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.6.2016 – 13 WF 126/16, AGS 2016, 526 = NZFam 2016, 1109 = FamRZ 2017, 56
Wert der Rechtsmittelinstanz kann höher sein
Daher ist es hier sogar möglich, dass der Verfahrenswert im Rechtsmittelverfahren höher anzusetzen ist als in der ersten Instanz. Die Vorschrift des § 40 Abs. 2 S. 1 FamGKG steht dem nicht entgegen.
Höherer Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens in Kindschaftssachen
Unter den Voraussetzungen des 45 Abs. 3 FamGKG kann der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren über dem Regelwert festgesetzt werden, auch wenn für den ersten Rechtszug nur ein Wert von 3.000,00 EUR bestimmt worden ist. § 40 Abs. 2 FamGKG steht dem nicht entgegen, selbst wenn der Verfahrensgegenstand (hier: elterliche Sorge) der gleiche geblieben ist, die für § 45 Abs. 3 FamGKG maßgebenden Bewertungsfaktoren aber nur im Beschwerdeverfahren erheblich geworden sind.
OLG Dresden, Beschl. v. 3.6.2016 – 20 UF 122/15, AGS 2016, 426 = MDR 2016, 915 = JurBüro 2016, 424 = FamRZ 2017, 55 = NZFam 2016, 665 = NJW-Spezial 2016, 507
b) Mehrere Kinder
Mehrere Kinder sind ein Gegenstand
Betrifft das Verfahren mehrere Kinder, liegt nur eine Kindschaftssache vor, da mehrere Kinder als ein Gegenstand gelten (§ 45 Abs. 2 FamGKG). Mehrere Kinder sind grundsätzlich auch kein Grund, den Verfahrenswert anzuheben.
In einer Kindschaftssache zur Regelung des Umgangs kommt eine Heraufsetzung des Verfahrenswertes über den Regelwert nur in Betracht, wenn ein Wert von 3.000,00 EUR aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles unbillig ist. Dies ist nicht schon deshalb der Fall, weil zwei Kinder vom Verfahren betroffen sind.
KG, Beschl. v. 25.9.2012 – 17 WF 268/12, FamRZ 2013, 723 = FamFR 2013, 141 = RVGreport 2013, 204 = RVGprof. 2013, 93 = FF 2013, 262
Anders verhält es sich, wenn für die einzelnen Kinder gesonderte Regelungen zu treffen sind (KG AGS 2014, 570 = JurBüro 2014, 479 = FamRZ 2015, 432). Lebt etwa ein Kind bei der Mutter und ein Kind beim Vater, so sind zwei verschiedene Umgangsregelungen zu treffen, was für einen erhöhten Aufwand spricht und zu einer Erhöhung des Regelwertes führen kann.
c) Wechselseitige Anträge
Auch wechselseitige Anträge der beteiligten Ehegatten wirken sich nicht auf den Wert aus, selbst dann nicht, wenn die wechselseitigen Anträge verschiedene Kinder betreffen. Es bleibt auch hier grundsätzlich beim einfachen Wert (§ 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG).
Verfahrenswert bei gegenläufigen Anträgen zum Umgangsrecht verschiedener Kinder
Auch bei gegenläufigen Kindschaftssachen (hier: Umgang mit jeweils beim anderen Elternteil lebenden Kindern) handelt es sich nur um einen Verfahrensgegenstand i.S.v. § 45 Abs. 2 FamGKG.
OLG Koblenz, Beschl. v. 12.8.2016 – 11 WF 778/16, AGS...