Leitsatz
Im Rahmen der Beratungshilfe bemisst sich die Postentgeltpauschale nach den Beratungshilfegebühren und nicht etwa nach den fiktiven gesetzlichen Wahlanwaltsgebühren.
OLG Hamm, Beschl. v. 11.9.2008 – 23 W 72/08
I. Der Fall
Der Anwalt war für den bedürftigen Auftraggeber im Rahmen der Beratungshilfe tätig und hatte ihn außergerichtlich vertreten. Hiernach hatte er die Festsetzung einer Geschäftsgebühr (Nr. 2503 VV) in Höhe von 70,00 EUR beantragt sowie eine Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV in Höhe von 20,00 EUR. Er war der Auffassung, dass sich die Postentgeltpauschale nicht nach der Höhe der Beratungshilfegebühr richte, sondern nach der Höhe der fiktiven gesetzlichen Wahlanwaltsgebühr. Der Urkundsbeamte setzte lediglich eine Postentgeltpauschale in Höhe von 14,00 EUR (20 % aus 70,00 EUR) fest. Die hiergegen erhobene Erinnerung und sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.
II. Die Entscheidung
Postentgeltpauschale bemisst sich nach den Beratungshilfegebühren
Die Postentgeltpauschale bemisst sich nach den gesetzlichen Gebühren (Nr. 7002 VV). Gesetzliche Gebühren sind aber die der Nrn. 2501 ff. VV, nicht die Wahlanwaltsgebühren. Diese stehen dem Anwalt gar nicht zu (Vorbem. 2.5 VV). Ein Rückgriff auf die Wahlanwaltsgebühren der Nrn. 2300 ff. VV ist daher auch für die Postentgeltpauschale nicht möglich.
III. Der Praxistipp
Rechtsprechung ist zwischenzeitlich einheitlich
Die Auffassung, dass sich die Postentgeltpauschale im Falle der Beratungshilfe nach den Beratungshilfegebühren richtet, dürfte in Anbetracht der einhelligen jüngeren obergerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr anzuzweifeln sein:
- KG RVGreport 2008, 433,
- OLG Dresden AGS 2008, 559 = OLGR 2009, 110 = MDR 2009, 414 = RVGreport 2008, 432,
- OLG Bamberg JurBüro 2007, 645 = OLGR 2008, 199,
- OLG Nürnberg Rpfleger 2008, 504 = OLGR 2008, 619 = MDR 2008, 1003 = NJW-RR 2008, 1671 = RVGreport 2008, 308,
- OLG Düsseldorf AGS 2007, 630 = RVGreport 2007, 467,
- LG Berlin Rpfleger 2008, 505,
- LG Detmold AGS 2008, 90.
Die Gerichte, die ursprünglich die Gegenauffassung vertreten haben, halten – soweit bekannt – an ihrer gegenteilige Auffassung nicht mehr fest:
- OLG Nürnberg (5. Senat) AGS 2007, 253 = OLGR 2007, 191 = JurBüro 2007, 209 = MDR 2007, 805 = RVGreport 2007, 150 (hat auf Anfrage des 13. Senats mitgeteilt, an seiner Auffassung nicht weiter festzuhalten),
- AG Siegburg AGS 2008, 298 (Rspr. aufgegeben),
- AG Köln AGS 2006, 25 = RVGreport 2006, 68,
- AG Oschatz AGS 2007, 631 = FamRZ 2007, 1671 = NJW-Spezial 2007, 525,
- AG Eutin AGS 2007, 631.
Anders verhält es sich für einen im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalt. Dieser erhält dieselben Gebühren wie ein Wahlanwalt (§ 45 Abs. 1 S. 1 RVG), allerdings bei Werten von über 3.000,00 EUR aus den Beträgen des § 49 RVG. Die Postentgeltpauschale berechnet sich dagegen für ihn nach den Gebühren aus den Wahlanwaltsbeträgen (BGH MDR 1971, 832 = Rpfleger 1971, 351 = AnwBl 1971, 315 = NJW 1971, 1845; OLG Düsseldorf JurBüro 1987, 703; KG JurBüro 1980, 1198; AnwK-RVG/N. Schneider, 4. Aufl. 2008, Nrn. 7001-7002 Rn 47 ff.).
Da die Gebührenbeträge bis 3.000,00 EUR identisch sind und die Gebühren des bestellten oder beigeordneten Anwalts fast nie unter 100,00 EUR liegen, hat diese Streitfrage nach dem RVG allerdings kaum noch praktische Bedeutung. Möglich sind solche Fälle z.B. in der Zwangsvollstreckung.
Der Anwalt vertritt seinen Mandanten in einem Zwangsvollstreckungsverfahren (Wert 6.000,00 EUR), in dem er dem Mandanten im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden ist.
Legt man die PKH-Gebühren zugrunde, ergäbe sich folgende Berechnung der Postentgeltpauschale:
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
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67,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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13,50 EUR |
Legt man die Wahlanwaltsgebühren zugrunde, ergibt sich dagegen folgende Berechnung:
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
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101,40 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
Abzurechnen ist daher wie folgt:
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
|
67,50 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV (20 % aus 101,40 EUR) |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
87,50 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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16,63 EUR |
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Gesamt |
|
104,13 EUR |