Zusammenfassung
Räumungsrechtsstreite in Mietsachen enden häufig durch Vergleich. Oftmals lässt sich dabei der Mieter seinen Auszug durch eine sog. „Umzugsbeihilfe“ versüßen. Hierbei entsteht regelmäßig Streit darüber, ob die Vereinbarung einer solchen Umzugsbeihilfe zu einem Mehrwert des Vergleichs führt oder nicht.
Wie so häufig kann diese Frage nicht pauschal beantwortet werden: Es kommt auf den Einzelfall an. Dabei ist zu beachten, dass es für den Wert eines Vergleichs nicht darauf ankommt, worauf man sich vergleicht, sondern worüber man sich vergleicht.
I. Umzugsbeihilfe ist Ausgleich für die Räumung
Als „Abfindung“ wirkt Umzugsbeihilfe nicht werterhöhend
Hat die „Umzugsbeihilfe“ lediglich den Charakter einer „Abfindung“, wird sie also nur als Ausgleich dafür gewährt, dass der Mieter sich verpflichtet, die Wohnung zu räumen und herauszugeben, bleibt der Wert der Umzugsbeihilfe außer Ansatz. In diesem Fall schließen die Parteien den Vergleich nur über die Räumungs- und Herausgabeverpflichtung. Weitergehende Ansprüche oder Gegenstände werden nicht mitgeregelt. Die Umzugskostenbeihilfe wird auch nicht durch die Vereinbarung im Vergleich zum Streitgegenstand. Die Umzugskostenbeihilfe ist vielmehr eine vertragliche Regelung, ein freiwilliges Entgegenkommen des Vermieters, das allein dazu dient, den Räumungsrechtsstreit aus der Welt zu schaffen, so dass es bei dem Wert des Räumungs- und Herausgabeanspruchs nach § 42 Abs. 1, 2 GKG bleibt.
- OLG Köln MDR 1971, 854,
- OLG Düsseldorf AGS 2009, 496 = WuM 2009, 543 = GE 2009, 1188 = OLGR 2009, 645 = MietRB 2009, 292,
- OLG Karlsruhe AGS 2008, 569 = WuM 2008, 617 = OLGR 2008, 856 = JurBüro 2008, 651 = NJW-RR 2009, 444 = NZM 2009, 296 = MietRB 2009, 11.
II. Umzugsbeihilfe ist Ausgleich für weitergehende Ansprüche
Abgeltung weitergehender Ansprüche durch die Umzugsbeihilfe wirkt werterhöhend
Werden durch die „Umzugsbeihilfe“ dagegen weitergehende Ansprüche mit abgegolten, dann erhöht sich dadurch der Wert des Vergleichs.
So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass durch Vereinbarung einer Umzugsbeihilfe dann ein Mehrwert anzusetzen ist, wenn
- hierdurch Schadensersatzansprüche des Mieters wegen einer möglicherweise unberechtigten Eigenbedarfskündigung des Vermieters abgegolten werden sollen (LG Köln in Lützenkirchen, KM 20 Nr. 63 = BRAGOreport 2001, 108 m. Anm. N. Schneider);
- damit ein teilweiser Verzicht auf die dem Mieter eingeräumte Räumungsfrist abgegolten werden soll (AG Köln AGS 2003, 35 = NZM 2003, 106 = NJW-RR 2003, 233; LG Köln AGS 2003, 35);
- damit ein Streit über Schadenersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs beseitigt werden soll (LG Freiburg ZMR 2008, 208 = NJW-RR 2008, 416 = NZM 2008, 784).
Wert richtet sich nicht nach der Höhe der Umzugsbeihilfe, sondern nach dem Wert der abgegoltenen Ansprüche
Auch hier ist aber nicht als Mehrwert pauschal der Betrag der Umzugsbeihilfe anzusetzen. Es kommt vielmehr darauf an, welche Ansprüche durch die "Umzugsbeihilfe" abgegolten sein sollen. Fehlen jegliche Anhaltspunkte, dann kann davon ausgegangen werden, dass die abgegoltenen Ansprüche dem Wert der Umzugsbeihilfe entsprechen.