Leitsatz (amtlich)
Verpflichtet sich der Kläger in einem Räumungsrechtsstreit vergleichsweise zur Zahlung einer Umzugskostenbeihilfe, so entsteht dadurch kein den Wert der Räumungsklage erhöhender Vergleichsmehrwert.
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 5 O 91/07) |
Tenor
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird 15.670,68 EUR festgesetzt. Es ist ein Vergleichsmehrwert i.H.v. 1.567,04 EUR entstanden, so dass der Wert des Vergleichs insgesamt 17.237,72 EUR beträgt.
Gründe
I. Die Klägerin hat im Verfahren vor dem LG von dem Beklagten die Räumung einer bestimmten Wohnung verlangt. Die Klägerin hatte diese Wohnung an die A. vermietet. Der Beklagte war Untermieter.
Zwischen den Parteien war streitig, ob der Klägerin ein Räumungsanspruch zustand. Das LG hat mit Urteil vom 9.8.2007 die Klage gegen den Beklagten abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Das Berufungsverfahren ist im Termin vom 26.11.2007 durch einen Vergleich beendet worden. Der Beklagte hat sich verpflichtet, die Wohnung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu räumen. Im Gegenzug hat sich die Klägerin verpflichtet, dem Beklagten eine Umzugsbeihilfe i.H.v. 20.000 EUR zu zahlen. Außerdem haben die Parteien verschiedene andere Fragen im Zusammenhang mit der Räumung geregelt, beispielsweise die Frage der Abrechnung von Nebenkosten und die Durchführung von Schönheitsreparaturen im Zusammenhang mit der Räumung.
Die Prozessbevollmächtigten der Parteien haben zur Streitwertfestsetzung Stellung genommen. Beide Prozessbevollmächtigte sind der Auffassung, es sei ein erheblicher Vergleichsmehrwert entstanden. Insbesondere wirke sich die von der Klägerin zugesagte Umzugskostenbeihilfe i.H.v. 20.000 EUR in entsprechender Höhe auf den Wert des Vergleichs aus.
II. Der Streitwert beträgt 15.670,68 EUR. Es ist ein Vergleichsmehrwert entstanden, der jedoch lediglich 1.567,04 EUR beträgt.
1. Der Streitwert für das Berufungsverfahren ergibt sich aus § 41 Abs. 2 GKG. Bei einer Monatsmiete von 1.305,89 EUR ist für den Wert der Räumungsklage der Jahresbetrag der Miete maßgeblich, also ein Betrag von 15.670,68 EUR.
2. Es ist ein Vergleichsmehrwert entstanden, da die Parteien im Vergleich nicht nur den Räumungsrechtsstreit erledigt haben, sondern gleichzeitig unterschiedliche Auffassung über eine von dem Beklagten geltend gemachte Mietzinsminderung beigelegt haben. Der Beklagte hatte eine Minderung von 35 % im Monat geltend gemacht, wobei die Klägerin lediglich eine Minderung von 20 % akzeptiert hatte. Die Frage der Mietzinsminderung betraf sowohl das Verhältnis zwischen der Klägerin und der A. (Mieterin) als auch - korrelierend - das Verhältnis zwischen der Mieterin und dem Beklagten (Untermieter). Streitig war außergerichtlich die Differenz der Mietzinsminderung, also 15 % der monatlichen Miete. Bei einer Monatsmiete von 1.305,89 EUR waren 15 % aus diesem Betrag, das sind 195,88 EUR, streitig. Für die Zeit von August 2007 bis Ende März 2008 (Räumungszeitpunkt) war mithin zwischen den Parteien ein Minderungsbetrag von 1.567,04 EUR (8 × 195,88 EUR) streitig.
3. Darüber hinaus ist durch den Abschluss des Vergleichs jedoch kein weitergehender Mehrwert entstanden. Insbesondere rechtfertigt die von der Klägerin zugesagte Umzugskostenbeihilfe - entgegen der Auffassung der beiden Prozessbevollmächtigten - keinen höheren Mehrwert.
a) Die Zusage einer Umzugskostenbeihilfe i.H.v. 20.000 EUR führt nicht zu einer Streitwerterhöhung. Der Wert eines Vergleichs bestimmt sich nicht nach einem im Vergleich vereinbarten Kapitalbetrag, sondern allein nach dem Gegen- stand des Rechtsstreits, der durch den Vergleich erledigt wurde (vgl. OLG Schleswig, JurBüro 1991, 584; OLG Düsseldorf, JurBüro 1992, 51; Mümmler, JurBüro 1991, 585; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 3 ZPO Rz. 16 "Vergleich"). Von diesem Grundsatz ausgehend, kann sich die von der Klägerin zugesagte Umzugskostenbeihilfe nicht auf den Wert des Vergleichs auswirken.
Streitig war zwischen den Parteien im Rechtsstreit allein die Frage, ob die Klägerin einen Räumungsanspruch gegen den Beklagten hat. Die Frage einer Umzugskostenbeihilfe war nie Streitgegenstand, ist auch durch die Vereinbarung im Vergleich nicht zum Streitgegenstand geworden. Der Beklagte hatte zu keinem Zeitpunkt - vor Abschluss des Vergleichs - einen Anspruch auf eine Umzugskostenbeihilfe und hat einen solchen Anspruch auch nie geltend gemacht. Die Umzugskostenbeihilfe ist vielmehr eine vertragliche Regelung, ein freiwilliges Entgegenkommen der Klägerin, das allein dazu diente, den Räumungsrechtsstreit aus der Welt zu schaffen (ebenso OLG Köln, MDR 1971, 854; Scholz in Schmid, Miete und Mietprozess, 3. Aufl. 2002, S. 982, Rz. 249; anders LG Freiburg, Urt. v. 4.10.2007 - 3 S 74/07).
Für die vergleichsweise Zusage einer Umzugskostenbeihilfe im Räumungsrechtsstreit gilt insoweit nichts anderes als für andere Abfindungsvergleiche. Die Zusage einer Kapitalabfindung kann sich nur dann auf den Wert des Vergleichs auswirken, wenn ein Anspruch auf ...