Leitsatz
1. Wird der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls zurückgenommen und das Verfahren eingestellt, erhält der Verteidiger eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV.
2. Die Teilnahme an einem Sachverständigentermin löst keine Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV aus.
LG Düsseldorf, Beschl. v. 2.11.2009 – 10 Qs 69/09
1 I. Der Fall
Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den Angeklagten einen Strafbefehl wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort beantragt, der vom AG antragsgemäß erlassen worden ist. Hiergegen hatte der Angeklagte durch seinen Verteidiger Einspruch eingelegt und die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Der Sachverständige begutachtete daraufhin die beteiligten Fahrzeuge. An diesem Termin nahm der Verteidiger teil. Nach Eingang des Gutachtens nahm die Staatsanwaltschaft den Strafbefehlsantrag zurück. Das AG erlegte daraufhin durch Beschluss die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auf.
Im Folgenden beantragte der Angeklagte die Festsetzung der ihm entstandenen Anwaltskosten, darunter auch einer zusätzlichen Gebühr nach Nr. 4141 VV, sowie einer Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV für die Teilnahme am Sachverständigentermin. Beide Gebühren wurden zunächst abgesetzt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte teilweise Erfolg.
2 II. Die Entscheidung
Teilnahme an Besichtigungstermin löst keine Terminsgebühr aus
Eine Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV ist nicht angefallen. Diese Terminsgebühr entsteht nur unter den Voraussetzungen der Nr. 4102 Nrn. 1 bis 5 VV. Hierzu gehört insbesondere die Teilnahme an Haftprüfungsterminen oder richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Vernehmungsterminen. Die bloße Teilnahme an einem Besichtigungstermin durch einen Sachverständigen löst keine Terminsgebühr aus.
Eine analoge Anwendung der Nr. 4102 VV kommt nicht in Betracht.
Zusätzliche Gebühr entsteht bei Rücknahme des Strafbefehlantrags
Dagegen ist eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV entstanden. Infolge der Rücknahme des Strafbefehlsantrags ist die Hauptverhandlung entbehrlich geworden. Hierzu hatte der Verteidiger beigetragen, da er die Einholung des Sachverständigengutachtens beantragt hatte, aufgrund dessen Ergebnisses der Antrag auf Erlass des Strafbefehls zurückgenommen worden ist.
3 III. Der Praxistipp
Rücknahme des Strafbefehlantrags alleine reicht nicht
Zu beachten ist, dass die Rücknahme des Antrags auf Erlass des Strafbefehls noch nicht die zusätzliche Gebühr auslöst, da jederzeit erneut der Erlass eines Strafbefehls beantragt oder Anklage erhoben werden kann (AnwK-RVG/N. Schneider, 5. Aufl. 2010, Nr. 4141 Rn 84 f.; Burhoff, RVG, 2. Aufl. 2007, Nr. 4141 Rn 19).
Zusätzliche Gebühr entsteht erst mit Einstellung
Erst die nachfolgende Einstellung des Verfahrens führt zur Erledigung i.S.d. Nr. 4141 VV und dem entsprechenden Gebührenanfall:
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LG Osnabrück AGS 1999, 136; |
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AG Bad Urach AGS 2007, 307 = JurBüro 2007, 361 = RVGreport 2007, 272; |
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AnwK-RVG/N. Schneider, Nr. 4141 Rn 84 f. |