Anwalt kann weitere Tätigkeit einstellen und kündigen
Zahlt der Mandant trotz Mahnung den angeforderten Vorschuss nicht, kann der Anwalt seine weitere Tätigkeit einstellen und auch das Mandat niederlegen.
Die Einstellung weiterer Tätigkeiten und die Kündigung des Mandats dürfen jedoch nicht zur Unzeit erfolgen.
1. Macht der Rechtsanwalt weitere Tätigkeiten von einer Vorschusszahlung nach § 17 BRAGO [jetzt: § 9 RVG] abhängig, so macht er ein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB geltend.
2. Die Ausübung dieses Zurückbehaltungsrechts ist nach Treu und Glauben begrenzt. Der Rechtsanwalt darf seine Leistung nicht zur Unzeit zurückhalten. Dies liegt vor, wenn für den Auftraggeber dadurch die Gefahr besteht, Fristen zu versäumen, weil keine angemessene Zeit zur Leistung des Vorschusses mehr bestand. Dem Auftraggeber muss jeweils eine ausreichende Gelegenheit verbleiben, seine Rechte noch selber wahrzunehmen oder einen anderen Anwalt zu beauftragen.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.1987 – 4 U 178/86, BRAK-Mitt 1989, 115
Der Anwalt ist, soweit der Auftraggeber einen ordnungsgemäß angeforderten Vorschuss (§ 9 RVG) nicht pünktlich und vollständig zahlt, berechtigt, weitere Tätigkeiten abzulehnen, bis der Vorschuss eingegangen ist. Die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts ist jedoch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) begrenzt. Unter anderem muss der Anwalt dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens Rechnung tragen.
OLG Hamm, Urt. v. 10.2.2011 – 28 U 90/10 = RVGreport 2011, 238
Zweckmäßig ist es daher, rechtzeitig den Vorschuss anzumahnen und auf die Konsequenzen der Nichtzahlung hinzuweisen.
Grds. könnte ein Vorschuss auch gegenüber dem Mandanten eingeklagt werden. Dies wurde früher jedoch allerdings als berufswidrig angesehen. In der Praxis spielt diese Frage keine große Rolle, da ein Anwalt in aller Regel, wenn der Vorschuss nicht gezahlt wird, das Mandat niederlegen wird. Er kann dann Schlussrechnung erteilen und diese einklagen.
Keine Klage aus Vorschussnote
Erforderlich ist allerdings in diesem Fall, dass der Anwalt dann auch eine Schlussrechnung nach Beendigung des Mandats erteilt. Aus einer Vorschussnote kann nach Beendigung des Mandats nicht geklagt werden. Dies gilt auch dann, wenn der Anwalt im laufenden Rechtsstreit die Vorschussnote zur Schlussrechnung erklärt.
1. Mit Fälligkeit der Vergütung des Rechtsanwalts gem. § 8 Abs. 1 RVG kann ein Vorschuss nach § 9 RVG nicht mehr verlangt werden, vielmehr muss der Rechtsanwalt nach § 10 RVG abrechnen.
2. Wenn nach Abschluss eines Mandats nur eine Vorschussrechnung vorliegt, genügt es für die Begründetheit einer Vergütungsklage des Rechtsanwalts nicht, diese im Prozess zur Berechnung nach § 10 RVG zu erklären.
AG Lichtenberg, Urt. v. 1.3.2013 – 114 C 138/11, AGS 2013, 274 = RVGprof. 2013, 77 = NJW-Spezial 2013, 379 = RVGprof. 2013, 117 = RVGreport 2013, 306