Damit die Gerichte nicht ohne jeden Anhaltspunkt bei der Ausübung ihres Ermessens sind, hat der Gesetzgeber die wesentlichen Gesichtspunkte der ZPO-Kostenvorschriften (§§ 91 ff. ZPO) in die Regelung übernommen:
1. Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen
Verhältnis von Obsiegen, Unterliegen und die Dauer der Unterhaltsverpflichtung sind zu berücksichtigen
Nach § 243 S. 2 Nr. 1 FamFG ist ausdrücklich das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen und die Dauer der Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen (§ 92 ZPO, § 1578b BGB).
Die unterhaltsberechtigte 45-jährige Ehefrau beansprucht außerhalb des Scheidungsverbundes unbefristeten nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 350,00 EUR. Das FamG verpflichtet den Ehemann zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von 350,00 EUR für die Dauer von fünf Jahren. Der Verfahrenswert wird nach § 51 FamGKG auf 4.200,00 EUR festgesetzt.
§ 243 FamFG Nr. 1 FamFG fordert in diesem Fall, in seine Billigkeitserwägungen bei der Kostenverteilung die befristete Dauer der Unterhaltsverpflichtung einzubeziehen und die Kosten anteilig auch auf die insoweit unterlegene Ehefrau zu verteilen. Nach altem Recht hätte zwar ebenfalls eine solche Entscheidung nach § 92 Abs. 1 ZPO ergehen können und müssen. Die Gerichte haben das aber häufig nicht erkannt oder § 92 Abs. 2 ZPO angewandt und dem Ehemann als unterliegendem Beteiligten die Kosten des Verfahrens insgesamt auferlegt.
Der Anwalt dürfte deshalb zukünftig vor Einleitung eines Unterhaltsverfahrens zu überprüfen, darauf hinzuweisen und zu entscheiden haben, ob nachehelicher Unterhalt zur Vermeidung einer nachteiligen Kostenfolge von vornherein begrenzt geltend gemacht wird.
Unter § 243 Nr. 1 FamFG fällt auch der Fall, dass ein Beteiligter im Rahmen der Stufenklage mit dem Auskunftsverlangen durchdringt; mit dem Leistungsantrag jedoch unterliegt.
Die unterhaltsberechtigte 45-jährige Ehefrau geht gegen den Ehemann im Wege der Stufenklage vor. Der Ehemann wird in erster Stufe zur Auskunft verurteilt. Der nach Auskunftserteilung bezifferte Leistungsantrag wird dagegen abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens sind nach § 243 FamFG Nr. 1 FamFG zu quoteln, da die Ehefrau teilweise, nämlich mit ihrem Auskunftsantrag, gewonnen hat. Dass dieser wegen § 38 FamGKG den Verfahrenswert nicht erhöht, spielt für das Obsiegen und Unterliegen keine Rolle.
2. Vorprozessuales Verhalten der Beteiligten
Vorprozessuales Verhalten eines Beteiligten kann sanktioniert werden
Nach § 243 S. 2 Nr. 2 FamFG kann auch das vorprozessuale Verhalten eines Beteiligten bei der Auskunftserteilung durch eine entsprechende Kostenverteilung sanktioniert werden (§ 93d ZPO a.F.).
Der Kindesvater wird von seiner volljährigen bedürftigen Tochter außergerichtlich auf Auskunftserteilung zu seinem Einkommen in Anspruch genommen. Seiner sich aus § 1605 BGB ergebenden Auskunftsverpflichtung kommt er nicht nach. Im gerichtlichen Verfahren (Stufenantrag) erweist sich der Kindesvater als leistungsunfähig, so dass nach Erledigung der Auskunftsstufe der noch unbezifferte Leistungsantrag zurückgenommen wird.
Nach § 243 S. 2 Nr. 2 FamFG wird die unterlassene Auskunftserteilung kostenrechtlich sanktioniert, so dass trotz Antragsrücknahme dem Kindesvater die gesamten Kosten des Verfahrens auferlegt werden können.
3. Nichtbefolgen gerichtlicher Anordnungen
Nichtbefolgen gerichtlicher Verfügungen kann sanktioniert werden
§ 243 S. 2 Nr. 3 FamFG ermöglicht eine Sanktion bei Nichtbefolgung gerichtlicher Anordnungen nach § 235 FamFG. Darunter fällt z.B. die Verspätung oder Unterlassung der Vorlage von Unterlagen.
4. Sofortiges Anerkenntnis
Sofortiges Anerkenntnis ist zu berücksichtigen
Nach § 243 S. 2 Nr. 4 FamFG hat das Gericht bei der Kostenverteilung auch ein sofortiges Anerkenntnis zu berücksichtigen (§ 93 ZPO). Voraussetzung dafür ist, dass der anerkennende Antragsgegner zur Einleitung eines Verfahrens keine Veranlassung gegeben hatte.
Unterhaltsschuldner kann auch ohne Aufforderung zur Titulierung Veranlassung zur Klage geben
Bisher war überwiegend angenommen worden, dass der Unterhaltsverpflichtete zumindest dann keine Veranlassung zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens gegeben hat, wenn er den Unterhalt freiwillig und regelmäßig gezahlt hat und eine Aufforderung zur Titulierung nicht erfolgt ist. Nach dem Inhalt der Entscheidung des BGH (NJW 2010, 238 = FamRZ 2010, 195) wird zukünftig aber fraglich sein, wann ein sofortiges Anerkenntnis in Unterhaltssachen überhaupt noch in Betracht kommt. Denn nach der Auffassung des BGH gibt auch ein Unterhaltsschuldner, der regelmäßig nur Teilleistungen auf den geschuldeten Unterhalt erbringt, auch dann Veranlassung zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf den vollen Unterhalt, wenn er zuvor nicht zur Titulierung des freiwillig gezahlten Betrages aufgefordert worden ist.
Der Anwalt sollte seinen unterhaltspflichtigen Mandanten über dieses Kostenrisiko regelmäßig aufklären und ggf. außergerichtlich immer die freiwillige Titulierung des gezahlten Betrages anbieten, um eine „billige...