Leitsatz
1. Bei der zusätzlichen Gebühr nach Nr. 5115 VV handelt es sich um eine Festgebühr in Höhe der Mittelgebühr.
2. Bei der Aktenversendungspauschale handelt es sich um eine gesonderte Auslagenposition, die neben der Postentgeltpauschale der Nr. 7002 VV verlangt werden kann.
3. Auch auf die Aktenversendungspauschale ist Umsatzsteuer zu erheben.
LG Dresden, Beschl. v. 28.10.2010 – 5 Qs 164/10
1 I. Der Fall
Nach Einstellung des Verfahrens auf Kosten der Staatskasse beantragte der Betroffene die Festsetzung seiner Anwaltskosten, darunter eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 VV in Höhe der Mittelgebühr sowie eine Aktenversendungspauschale nebst Umsatzsteuer. Die Verwaltungsbehörde setzte sämtliche Gebühren – einschließlich der zusätzlichen Gebühr – unterdurchschnittlich fest. Die Aktenversendungspauschale wurde abgesetzt, weil sie bereits durch die Postentgeltpauschale abgegolten sei. Hiergegen stellte der Betroffene Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg.
2 II. Die Entscheidung
Zusätzliche Gebühr ist Festgebühr
Das Gericht bestätigt die Auffassung der Vorinstanz, dass die Gebühren hier unterdurchschnittlich festzulegen seien; allerdings war für die zusätzliche Gebühr der Nr. 5115 VV die Mittelgebühr anzusetzen. Insoweit handelt es sich nämlich um eine Festgebühr, wie sich aus Anm. Abs. 3 zu Nr. 5115 VV ergibt. Die Gebühr beläuft sich stets auf die Rahmenmitte.
Aktenversendungspauschale zählt nicht zu den Post- und Telekommunikationsentgelten
Darüber hinaus hat das Gericht der Beschwerde auch insoweit abgeholfen, als die Aktenversendungspauschale abgesetzt worden ist. Bei der Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG KostVerz in Höhe von 12,00 EUR handelt es sich nicht um Portokosten und auch nicht um ein sonstiges Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl. 2010, Nr. 7001 Rn 9 m. w. Nachw.).
Auf Aktenversendungspauschale ist Umsatzsteuer zu erheben
Auf die Aktenversendungspauschale ist auch Umsatzsteuer zu erheben. Die Weiterberechnung der Pauschale unterliegt der Umsatzsteuer. Es handelt sich nicht um einen durchlaufenden Posten, bei der der Verteidiger lediglich die Funktion einer Mittelsperson ausübt. Der Rechtsanwalt selbst ist vielmehr Schuldner gegenüber der Aktenversendungsbehörde.
3 III. Der Praxistipp
Die Entscheidung ist zutreffend und entspricht in allen Punkten der herrschenden Meinung.
Bei den zusätzlichen Gebühren nach Nrn. 5115 und 4141 VV handelt es sich um Festgebühren. Sie sind einer Bestimmung nach § 14 Abs. 1 RVG nicht zugänglich. Daher kann weder eine höhere noch eine niedrigere zusätzliche Gebühr als die jeweilige Mittelgebühr angesetzt werden (AG Karlsruhe AGS 2008, 492; AG Hamburg AGS 2006, 439 = RVGreport 2006, 351; AG Limburg SVR 2008, 268; AG Weilburg AGS 2007, 561; LG Düsseldorf AGS 2007, 36 = JurBüro 2007, 83 a.A: LG Leipzig AGS 2010, 19 = NJW-Spezial 2009, 781).
Bei der Aktenversendungspauschale handelt es sich nicht um Entgelt für die Übersendung, sondern für die Gesamtkosten, die bei Gericht für die Aktenversendung anfallen, insbesondere der Anlage eines Retents etc. Daher kann diese Auslage gesondert neben der Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV geltend gemacht werden.
Darüber hinaus ist zwischenzeitlich auch anerkannt, dass auf die Aktenversendungspauschale Umsatzsteuer zu erheben ist (zuletzt BVerwG AGS 2010, 383 = zfs 2010, 467 = JurBüro 2010, 476 = DAR 2010, 670).